Ermittlung des Gewerbeertrag einzubeziehenden Veräußerungsgewinns ohne Berücksichtigung eines Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG

Der nach Umwandlung einer Kapital- in eine Personengesellschaft gemäß § 18 Abs. 4 Satz 2 UmwStG (jetzt § 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG n.F.) i.V.m. § 7 Satz 1 GewStG in den Gewerbeertrag einzubeziehende Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an der Personengesellschaft ist auch dann nicht um den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 Satz 1 EStG zu kürzen, wenn in der Person des veräußernden Mitunternehmers die persönlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 4 EStG vorliegen.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 26.3.2015, IV R 3/1

Begründung:

Das FG ist mit den Beteiligten zutreffend davon ausgegangen, dass der streitbefangene Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer unterliegt.

Gemäß § 7 Satz 1 GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die Hinzurechnungen und Kürzungen nach den §§ 8 und 9 GewStG. Dabei ist unter bestimmten Voraussetzungen auch der von einem Mitunternehmer erzielte Gewinn aus der Veräußerung seines Anteils an einer Personengesellschaft in den Gewerbeertrag einzubeziehen, ohne dass § 7 GewStG diesen Gewinn ausdrücklich dem Gewerbeertrag zuweist. Denn § 18 Abs. 4 UmwStG enthält insoweit einen gegenüber den §§ 2 und 7 GewStG subsidiären Ausnahmetatbestand.

Nach Satz 1 der Vorschrift unterliegen u.a. Gewinne der Gewerbesteuer, die im Fall der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Vermögensübergang aus der Veräußerung des Betriebs der übernehmenden Personengesellschaft erzielt werden. Entsprechendes gilt nach § 18 Abs. 4 Satz 2 UmwStG, wenn –wie im Streitfall– ein Anteil an der Personengesellschaft veräußert wird. Logische Voraussetzung für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 18 Abs. 4 UmwStG ist eine Zuordnung des entsprechenden Gewinns zum Gewerbeertrag des übernehmenden Rechtsträgers. Andernfalls bliebe die Vorschrift ohne Regelungsgehalt und die ausdrückliche und eindeutige gesetzliche Anordnung, dass ein bestimmter Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer unterliege, liefe ins Leere. Dies wäre mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar. Im Fall des § 18 Abs. 4 UmwStG ist deshalb § 7 Satz 1 GewStG dahin auszulegen, dass sich der Gewerbeertrag des übernehmenden Rechtsträgers (Personengesellschaft) auch auf Veräußerungsgewinne im Sinne der erstgenannten Vorschrift erstreckt.

Mit dem so verstandenen Gesetzeszweck des § 18 Abs. 4 (hier Satz 2) UmwStG ist die Anwendung des Freibetrags i.S. des § 16 Abs. 4 EStG auf einen in den Gewerbeertrag i.S. des § 7 GewStG einzubeziehenden Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils nicht vereinbar, auch wenn § 7 Satz 1 GewStG hinsichtlich der Ermittlung des Gewerbeertrags (auch) auf die Vorschriften des EStG verweist

Abfindung bei Streit über Erbschaft in Anteil an einer Personengesellschaft führt zu Veräußerungsgewinn

Wird nach dem Tod des Gesellschafters einer unternehmerisch tätigen Personengesellschaft ein Streit darüber, wer infolge seiner Stellung als Erbe Gesellschafter geworden ist, durch einen Vergleich beigelegt, aufgrund dessen jemand gegen Erhalt eines Geldbetrags auf die Geltendmachung seiner Rechte als Erbe verzichtet, und war diese Person gesellschaftsrechtlich nicht von der Rechtsnachfolge in den Gesellschaftsanteil ausgeschlossen, steht sie einem Miterben gleich, der im Rahmen einer Erbauseinandersetzung aus der Personengesellschaft ausscheidet.

Die Abfindung führt in einem solchen Fall zu einem tarifbegünstigten Gewinn, der im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus der Personengesellschaft festgestellt wird.

BFH Urteil vom 16.5.2013, IV R 15/10

Begründung (BFH):

Beenden die potentiellen Erben des verstorbenen Gesellschafters einer Personengesellschaft den Streit darüber, wer als Erbe Gesellschafter geworden ist, durch Vergleich, so erzielt derjenige, der im Vergleich gegen Geld auf die Geltendmachung seiner Rechte verzichtet und nach den Regeln des Gesellschaftsrechts Gesellschafter hätte werden können, einen Veräußerungsgewinn, der bei der Personengesellschaft festgestellt werden muss. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) durch Urteil vom 16. Mai 2013 IV R 15/10 entschieden.

In dem vom BFH zu entscheidenden Fall hatten sich die potentiellen Erben des Gesellschafters einer Personengesellschaft vergleichsweise über die Erbfolge geeinigt. Die Vergleichsbeteiligten, die gegen Entgelt auf ihre Rechtsposition verzichtet hatten, machten geltend, sie seien als Vermächtnisnehmer nicht am Feststellungsverfahren der Personengesellschaft zu beteiligen. Dies sah das Finanzamt anders und bezog die Betroffenen in die Gewinnfeststellung ein.

Anders als das Finanzgericht folgte der BFH der Auffassung des Finanzamtes. Die Abfindungszahlungen hätten die Betroffenen deshalb nicht als Vermächtnisse erhalten, weil ein Vermächtnis nur vom Erblasser eingeräumt und nicht nachträglich durch Vergleich geregelt werden könne. Vielmehr seien die Abfindungen den betroffenen Vergleichsbeteiligten als Veräußerungsgewinne zuzurechnen, weil der entgeltliche Verzicht auf die Durchsetzung ihrer Rechtsposition als vermeintliche Erben wie die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils zu behandeln sei. Es gebe keinen vernünftigen Grund dafür, die Abgefundenen anders zu besteuern als einen unangefochtenen Miterben oder Mitgesellschafter, der aus der Gesellschaft gegen Abfindung ausscheide.

Das Verfahren wurde an das Finanzgericht zurückverwiesen, weil noch Unklarheit darüber bestand, ob die vermeintlichen Erben gesellschaftsrechtlich Rechtsnachfolger des verstorbenen Gesellschafters hätten werden können.

 

 

Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids hinsichtlich der Höhe eines festgestellten Veräußerungsgewinns

Das Wohnsitz-FA ist im Rahmen einer – insbesondere in Fällen des Grundstückshandels vorzunehmenden – Gesamtwürdigung aller Tätigkeiten, die der Steuerpflichtige entfaltet hat, zwar nicht an die im Feststellungsbescheid für eine Personengesellschaft ausgewiesene Einkunftsart oder an die Qualifizierung eines bestimmten Gewinns als Veräußerungsgewinn gebunden. Die Ermittlung der Höhe eines Veräußerungsgewinns wird jedoch von der Bindungswirkung des Feststellungsbescheids erfasst.

BFH Beschluss vom 08.01.2013 – XB 203/12 BFHNV 2013 S. 511

Begründung:

Die Beschwerde ist unbegründet.

Ist ein Grundlagenbescheid noch nicht ergangen, ist ein Klageverfahren gegen den Folgebescheid zwingend auszusetzen. Ist der Grundlagenbescheid bereits ergangen, aber gleichfalls angefochten, ist eine Aussetzung des Verfahrens gegen den Folgebescheid zwar nicht zwingend, stellt im Rahmen der erforderlichen Ermessensentscheidung aber den Regelfall dar

Vorliegend sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die ein Abweichen vom Regelfall und damit eine Fortführung des gegen den Folgebescheid gerichteten Klageverfahrens trotz der gleichzeitigen Anhängigkeit eines Verfahrens gegen den Grundlagenbescheid gebieten würden.

Eine solche Umqualifizierung der Einkunftsart bzw. den Ansatz des festgestellten Veräußerungsgewinns als laufenden Gewinn begehrt der Kläger vorliegend indes nicht. Er wendet sich vielmehr lediglich gegen die Art und Weise der Ermittlung der Höhe des Veräußerungsgewinns, indem er dem Feststellungs-FA die Befugnis zur vorherigen Saldierung des Veräußerungsgewinns mit einem laufenden Verlust abspricht. Es ist jedoch nicht ersichtlich, welche Erkenntnisse, die nur vom Wohnsitz-FA, nicht aber vom Feststellungs-FA zu berücksichtigen sein dürften, in die Beantwortung der Frage nach der Zulässigkeit einer solchen Saldierung eingehen könnten. Soweit der Kläger anführt, nur das Wohnsitz-FA verfüge über die Informationen, von denen die Steuerbegünstigung des Veräußerungsgewinns nach § 16 Abs. 4, § 34 Abs. 3 EStG abhängig sei, ist dies für die –vorgelagerte– Frage der Zulässigkeit der Saldierung ersichtlich ohne Belang, wie bereits das FG zutreffend ausgeführt hat.

 

Zur Nachholung der Feststellung des Veräußerungsgewinns eines Mitunternehmers

Ist in einem Gewinnfeststellungsbescheid die notwendige Feststellung des Veräußerungsgewinns eines Mitunternehmers unterblieben, kann dies nicht als Berichtigung eines "mechanischen" Fehlers nach § 129 AO nachgeholt werden, wenn weder die Feststellungserklärung (einschließlich beigefügter Unterlagen) noch die Aufzeichnungen einer Außenprüfung eine Zusammenstellung der zur Ermittlung des betreffenden Veräußerungsgewinns erforderlichen Feststellungsgrundlagen enthalten.

 

Die Feststellung des Veräußerungsgewinns kann auch nicht im Wege eines Ergänzungsbescheids i.S. von § 179 Abs. 3 AO nachgeholt werden, wenn ein Feststellungsbescheid im Rahmen einer Mitunternehmerschaft nur einen laufenden Gewinn feststellt und damit zugleich die negative Feststellung enthält, dass nicht noch zusätzlich ein Veräußerungsgewinn entstanden ist; dieser Feststellungsbescheid ist insoweit nicht lückenhaft, sondern materiell unrichtig.

BFH Urteil vom 03.03. 2011 – IV R 8/08 BFHNV 2011 S. 1649

 

Veräußerungsgewinn – Fünftelregelung – Verfassungsgemäßheit

Veräußerungsgewinn – Fünftelregelung – Verfassungsgemäßheit

BFH Urteil vom 9.3.2010, VIII R 109/03

Begründung:

Soweit der Kläger meint, dass sich der geänderte Steuertarif im Streitfall in erheblicher Weise auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten ausgewirkt habe, folgt der Senat dem nicht. Durch die geänderte Besteuerung des Veräußerungsgewinns ist weder die Ausübung des Arztberufs noch die Veräußerung der Praxis erschwert worden. Zwar hätte die geänderte Besteuerung des Veräußerungsgewinns einen Grund darstellen können, den Zeitpunkt der Praxisveräußerung nicht (wie tatsächlich geschehen) vom Erreichen der Altersgrenze abhängig zu machen, sondern zielgerichtet zu gestalten und zeitlich vorzuziehen. Die dabei in Anspruch genommene Freiheit wird jedoch allenfalls vom Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit erfasst, die unter dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt steht.

Abgrenzung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu anderen Einkunftsarten

Der Veräußerungsgewinn aus einer Kapitalbeteiligung an einem Unternehmen führt nicht allein deshalb zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil die Kapitalbeteiligung von einem Arbeitnehmer des Unternehmens gehalten und nur Arbeitnehmern angeboten worden war.

BFH Urteil vom 17. Juni 2009 VI R 69/06

Begründung:

Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen.

Vorteile werden "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Kein Arbeitslohn liegt allerdings u.a. vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird.

Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer sich an seinem Arbeitgeber kapitalmäßig beteiligt. Auch hier kann der Aktienbesitz eigenständige Erwerbsgrundlage sein, so dass damit in Zusammenhang stehende Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen. Der Arbeitnehmer nutzt in diesem Fall sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage zur Einkünfteerzielung, die daraus erzielten Erträge sind daher keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern solche aus Kapitalvermögen. Der Veräußerungsgewinn aus einer Kapitalbeteiligung an einem Unternehmen führt daher jedenfalls nicht allein deshalb zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil die Beteiligung von einem Arbeitnehmer des Unternehmens gehalten und veräußert wurde und auch nur Arbeitnehmern angeboten worden war.