Zurechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung bei verdeckter Treuhand

Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist einem minderjährigen Gesellschafter einer GmbH nicht zuzurechnen, wenn er aufgrund eines verdeckten Treuhandverhältnisses nicht wirtschaftlicher Eigentümer des von Familienmitgliedern unentgeltlich übertragenen GmbH-Anteils ist.

BFH Urteil vom 6.8.2013, VIII R 10/10

Begründung:

Die Zurechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen aus einer vGA richtet sich nach § 20 Abs. 2a EStG. Anteilseigner i.S. dieser Vorschrift ist derjenige, dem nach § 39 AO die Anteile an der Kapitalgesellschaft zuzurechnen sind.

Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen. Eigentümer i.S. dieser Regelung ist der zivilrechtliche Eigentümer bzw. Inhaber des Wirtschaftsguts. Abweichend von § 39 Abs. 1 AO bestimmt § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO, dass bei Treuhandverhältnissen die Wirtschaftsgüter dem Treugeber zuzurechnen sind. Diese Vorschrift greift jedoch nur dann ein, wenn im konkreten Einzelfall ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis besteht. Dies ist im Streitfall –entgegen der Auffassung des FG– zu bejahen, sodass die Frage, ob der Kläger nach zivilrechtlichen Grundsätzen wirksam Eigentum an den Anteilen der S-GmbH erworben hat, offenbleiben kann.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein Treuhandverhältnis nur dann gegeben, wenn die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht so zu Gunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft als "leere Hülle" erscheint. Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen, und zwar nicht nur nach den mit dem Treuhänder getroffenen Absprachen, sondern auch bei deren tatsächlichem Vollzug. Es muss zweifelsfrei erkennbar sein, dass der Treuhänder ausschließlich für Rechnung des Treugebers handelt. Wesentliches und im Grundsatz unverzichtbares Merkmal einer solchen Beherrschung ist eine Weisungsbefugnis des Treugebers –und damit korrespondierend die Weisungsgebundenheit des Treuhänders– in Bezug auf die Behandlung des Treuguts. Zudem muss der Treugeber berechtigt sein, jederzeit die Rückgabe des Treuguts zu verlangen.

Danach ist der Schluss des FG, es sei bei der Übertragung des Anteils an der S-GmbH auf den Kläger nicht lediglich die formale Einräumung einer Treuhandstellung beabsichtigt gewesen, rechtsfehlerhaft, denn er wird nicht von der Aussage des als Zeugen vernommenen Ergänzungspflegers getragen. Nach dessen Angabe hat der Vater Mitglieder seiner Familie und Angestellte als Gesellschafter seiner Firmen eingesetzt, um Gesellschaftsanteile dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen. Allein zu diesem Zweck sei der GmbH-Anteil auf den Kläger übertragen worden. Das FG hat zu Unrecht aus der Annahme des Zeugen, es sei im Familienverbund nicht über Treuhandverträge nachgedacht worden, geschlossen, dass ein Treuhandverhältnis nicht vorgelegen habe. Denn wie der Zeuge in diesem Zusammenhang weiter ausgeführt hat, hat der Vater die Familie beherrscht und jederzeit die Rückübertragung der GmbH-Anteile verlangen können. Die zivilrechtliche Stellung des geschäftsunfähigen Klägers als Gesellschafter der S-GmbH war danach lediglich eine leere Hülle.