Keine Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten aufgrund fehlender Buchführungspflicht

Die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG kommt nur bei besonderen Härten wie z.B. dem Überschreiten der nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bestehenden Umsatzgrenze aufgrund außergewöhnlicher und einmaliger Geschäftsvorfälle, nicht aber allgemein aufgrund einer fehlenden Buchführungsverpflichtung in Betracht.

BFH Urteil vom 11.2.2010, V R 38/08

Begründung:

Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung konnte das FA auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer.

1.      dessen Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 250.000 DM betragen hat, oder

2.      der von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 AO befreit ist, oder

3.      soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausführt,

die Steuer nicht nach den vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG), sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnet.

Die Klägerin hat nach den Feststellungen des FG die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in 1998 und in den Streitjahren überschritten und auch keine Umsätze als Angehöriger eines freien Berufs i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ausgeführt. Eine Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten war daher nach diesen Vorschriften nicht möglich.

Hiergegen kann sich die Klägerin nicht auf den von ihr angenommenen Regelungszweck des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG berufen, wonach diese Vorschrift nicht buchführungspflichtigen Unternehmern die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten ermöglichen solle. Denn § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG stellt auf eine betragsmäßige Umsatzgrenze ab, bei deren Überschreiten die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten nicht in Betracht kommt, wobei die Regelung nicht nach dem Bestehen einer Buchführungspflicht differenziert.

Überschreitet ein Unternehmer die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, kann die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG zu gestatten sein. Diese Vorschrift setzt voraus, dass der Unternehmer von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 AO befreit ist. Nach § 148 Satz 1 AO können die Finanzbehörden für einzelne Fälle oder bestimmte Gruppen von Fällen Erleichterungen bewilligen, wenn die Einhaltung der durch die Steuergesetze begründeten Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten Härten mit sich bringt und die Besteuerung durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt wird. Derartige Erleichterungen können gewerblichen Unternehmern sowie Land- und Forstwirten bewilligt werden, die nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO verpflichtet sind, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen.

Da die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielte, unterlag sie nicht der Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO und konnte daher auch nicht von dieser gemäß § 148 AO befreit werden, so dass die Voraussetzungen für eine Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG nicht vorliegen. Das FA hat deshalb die von der Klägerin beantragte Erleichterung nach § 148 AO zutreffend abgelehnt.

§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG enthält für den Fall, dass ein nicht zur Buchführung verpflichteter Unternehmer andere als die in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG bezeichneten Umsätze ausführt und dabei die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ständig überschreitet, keine Regelungslücke und kann daher entgegen dem Urteil des FG nicht erweiternd ausgelegt werden.