Gesonderte Vergleichsrechnung nach § 31 EStG für jedes einzelne Kind

Die Vergleichsrechnung nach § 31 EStG, bei der geprüft wird, ob das Kindergeld oder der Ansatz der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG für den Steuerpflichtigen vorteilhafter ist, wird für jedes Kind einzeln durchgeführt. Dies gilt auch dann, wenn eine Zusammenfassung der Freibeträge für zwei und mehr Kinder wegen der Besteuerung außerordentlicher Einkünfte nach § 34 Abs. 1 EStG (sog. Fünftelregelung) günstiger wäre.

BFH Urteil vom 28.4.2010, III R 86/07

Begründung:

Nach § 31 Satz 1 EStG wird die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich des Betreuungsbedarfs entweder durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG oder durch das Kindergeld nach dem X. Abschnitt des EStG bewirkt. Für das Streitjahr 2000 wird ein Freibetrag von 3.456 DM für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie –unter weiteren, hier nicht vorliegenden Voraussetzungen– ein Betreuungsfreibetrag von 1.512 DM gewährt. Die Freibeträge sind bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten zu verdoppeln.

Welche der beiden Alternativen des § 31 Satz 1 EStG im Einzelfall zutrifft, bestimmt sich nach § 31 Satz 4 EStG. Hiernach sind die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG abzuziehen, wenn das Kindergeld die gebotene steuerliche Freistellung nicht in vollem Umfang bewirkt; in diesem Fall wird das gezahlte Kindergeld der Einkommensteuer hinzugerechnet (§ 36 Abs. 2 Satz 1 EStG). Die gebotene steuerliche Freistellung wird nicht in vollem Umfang bewirkt, wenn das Kindergeld geringer ist als die Entlastung, die bei Abzug der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG eintritt.

Die Systematik des Gesetzes erfordert eine Vergleichsrechnung. Der Einkommensteuer, die sich nach Abzug der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG ergibt, wird die Einkommensteuer gegenübergestellt, die bei einer Steuerfestsetzung ohne Abzug der Freibeträge anfällt. Ist die Differenz geringer als das Kindergeld, so scheidet ein Abzug der Freibeträge aus, der Familienleistungsausgleich wird durch das Kindergeld bewirkt. Wegen der Progressionswirkung des Steuertarifs kann die Vergleichsrechnung bei mehreren Kindern unterschiedlich ausfallen, wenn sie für jedes einzelne Kind, beginnend beim ältesten, gesondert durchgeführt wird. Die im Regelfall für den Steuerpflichtigen günstige Einzelbetrachtung wird auch von der Finanzverwaltung angestellt.