Verlust aus einer nebenberuflichen Übungsleitertätigkeit

Verlust aus einer nebenberuflichen Übungsleitertätigkeit auch dann anzuerkennen, wenn die Einnahmen den steuerfreien Betrag nicht übersteigen

FG Rheinland-Pfalz Urteil  vom 25. Mai 2011 (Az.: 2 K 1996/10)

Erläuterung:

Das FG Rheinland-Pfalz gab der Klage statt. Es führte u.a. aus, der Gesetzeswortlaut stelle zunächst klar, dass das Abzugsverbot auf den Betrag der steuerfreien Einnahmen begrenzt sei. Durch die Gesetzesfassung sei nunmehr festgelegt, dass alle Aufwendungen abzugsfähig seien, die den steuerfreien Betrag überstiegen. Das entspreche dem allgemeinen Grundsatz, dass bei steuerfreien Einnahmen kein doppelter  steuerlicher Vorteil dadurch eintreten dürfe, dass Aufwendungen berücksichtigt würden, die mit den steuerfreien Einnahmen im Zusammenhang ständen. Im Streitfall bestehe aber die Besonderheit, dass die Einnahmen den steuerfreien Betrag nicht übersteigen würden. Bei dieser Sachlage sei dann aber auch zu berücksichtigen, dass durch die gesetzliche Regelung generell eine Besserstellung für nebenberufliche Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher o.ä. erreicht werden solle, keinesfalls, was in den Fällen wie dem vorliegenden nach Ansicht des FA jedoch einträte, eine Schlechterstellung. Nach der Zielsetzung der gesetzlichen Regelung sei dann, wenn die Einnahmen der Freibetrag unterschreiten würden, ein Abzug der diese Einnahmen übersteigenden Ausgaben möglich. Nur ein solches Ergebnis werde dem objektiven Nettoprinzip und der Zielrichtung der Vorschrift gerecht. Durch den Verlustabzug werde der Kläger auch nicht etwa doppelt begünstigt. Er werde vielmehr im Vergleich zu einem hauptberuflich tätigen Übungsleiter durch die an sich eine Begünstigung bewirkende Norm des § 3 Nr. 26 EStG lediglich nicht benachteiligt. Zugelassen wurde ein Verlust in Höhe von 1.289,30 € (Einnahmen 1.128,- abzüglich Ausgaben 2.417,30).

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision wurde zugelassen, weil die Streitfrage einer höchstrichterlichen Klärung bedarf.

Verfassungsrechtliche Zweifel an der sog. Mindestbesteuerung

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die sog. Mindestbesteuerung gemäß § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 n.F. verfassungsrechtlichen Anforderungen auch dann standhält, wenn eine Verlustverrechnung in späteren Veranlagungszeiträumen aus rechtlichen Gründen (hier: nach § 8c KStG 2002 n.F.) endgültig ausgeschlossen ist.

BFH Beschluss vom 26.8.2010, I B 49/10

Erläuterungen:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 26. August 2010 I B 49/10 in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass die sog. Mindestbesteuerung in bestimmten Situationen zu einer verfassungsrechtlich unangemessenen Besteuerung führen kann.

Seit 2004 dürfen in den Vorjahren nicht ausgeglichene negative Einkünfte in den folgenden Veranlagungszeiträumen zwar bis zur Höhe von 1 Mio. Euro unbeschränkt von einem entsprechend hohen positiven Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, ein übersteigender Verlustbetrag aber nur bis zu 60% des 1 Mio. Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte. Bei einem bestehenden Verlustvortrag in Höhe von z.B. 3 Mio. Euro und einem zu versteuernden Einkommen vor Verlustausgleich im aktuellen Jahr in Höhe von z.B. 2 Mio. Euro bedeutet das: Es können lediglich 1,6 Mio. Euro der Verluste ausgeglichen werden, während für 400 000 Euro Steuern anfallen. Die verbleibenden Verluste können erst in den Folgejahren abgezogen werden.

Allgemein wird in dieser liquiditätsbelastenden zeitlichen „Streckung“ des Verlustabzugs kein Verfassungsverstoß gesehen. Das gilt aber nur solange, wie ein Abzug der verbleibenden Verluste in den Folgejahren prinzipiell möglich ist. Bedenken bestehen jedoch, wenn es zu einem endgültigen Fortfall der Verlustnutzungsmöglichkeit kommt. Diesen Bedenken hat sich der BFH nun angeschlossen.

Das konkrete Verfahren betraf eine GmbH, die hohe Verluste erwirtschaftet und diese wegen der Mindestbesteuerung nur teilweise abziehen konnte. In der Folgezeit kam es zu einer Umstrukturierung und einem Gesellschafterwechsel, der dazu führte, dass der wegen der Mindestbesteuerung nicht ausgenutzte Verlustvortrag nach § 8c des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in Gänze verloren ging. Der BFH hat ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung, soweit sie für einen derartigen endgültigen Ausfall des Verlustabzugs keine gesetzliche Vorsorge trifft. Er erwägt deswegen eine verfassungskonforme Normauslegung. Offen bleibt, ob § 8c KStG nicht seinerseits Verfassungsbedenken aufwirft.

Verlustabzug bei Verschmelzung

Ob ein Betrieb im Anschluss an eine Verschmelzung "in einem vergleichbaren Umfang fortgeführt" wird, ist nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse zu beurteilen.Maßstab für die notwendige Vergleichsbetrachtung sind die Verhältnisse des Verlustbetriebs am Verschmelzungsstichtag .

BFH Urteil vom 25. August 2009 I R 95/08

Begründung:

Nach § 12 Abs. 3 des im Streitfall einschlägigen Umwandlungssteuergesetzes tritt im Fall einer Verschmelzung die übernehmende Körperschaft in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein. Das gilt auch für einen verbleibenden Verlustvortrag i.S. des § 10d des Einkommensteuergesetzes, dies aber nur unter der Voraussetzung, dass der den Verlust verursacht habende Betrieb oder Betriebsteil über den Verschmelzungsstichtag hinaus in den folgenden fünf Jahren in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang fortgeführt wird.

In sachlicher Hinsicht folgt der Senat der Finanzverwaltung dahin, dass das in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. genannte "Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse" u.a. durch Umsatzzahlen, Vermögenswerte, Auftragsvolumen und Anzahl der Arbeitnehmer bestimmt wird Die maßgeblichen Merkmale sind aber weder im Gesetz näher bestimmt noch in abstrakter Weise abschließend bestimmbar; der Verweis auf das "Gesamtbild" bedeutet vielmehr, dass stets auf die Verhältnisse des Einzelfalls abzustellen ist. Das gilt sowohl für die Auswahl als auch für die Gewichtung der einzelnen Faktoren. Im Ergebnis ist eine wertende Betrachtung geboten, wobei eine deutliche Verminderung einzelner Vergleichsgrößen ggf. durch eine geringere Verminderung oder gar einen Anstieg bei anderen Vergleichsgrößen ausgeglichen werden kann. Bei einer Orientierung an diesen Grundsätzen hält die Annahme des FG, dass die Klägerin den Betrieb der M-GmbH in einem für § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. genügenden Umfang fortgeführt habe.

Im Ergebnis sind daher, da dies am ehesten dem Gesetzeswortlaut entspricht, für Zwecke des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. die Verhältnisse am Verschmelzungsstichtag als die maßgebliche Vergleichsgröße anzusehen.