Verluste einer gewerblich geprägten Vorratsgesellschaft

Es ist zu vermuten, dass die von einer gewerblich geprägten Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern angestrebte, aber bis zur Liquidation der Gesellschaft niemals aufgenommene wirtschaftliche Tätigkeit auf Erzielung eines Gewinns ausgerichtet war, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Tätigkeit verlustgeneigt hätte sein können oder dass die gewerbliche Prägung später hätte entfallen sollen. Die durch die Gründung und Verwaltung der Gesellschaft veranlassten Ausgaben sind dann als negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb gesondert und einheitlich festzustellen.

BFH Urteil vom 30.10.2014, IV R 34/11

Vorzeitige Kündigung einer Kapitallebensversicherung

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger hat vor dem 1. Januar 2005 eine Kapitallebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgeschlossen und diese vor Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss gekündigt. Die in dem Gesamtrückkaufswert enthaltenen Kapitalerträge legte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) der Einkommensteuerfestsetzung für 2006 zugrunde.

Im Einspruchsverfahren machten die Kläger erfolglos geltend, dass die Differenz zwischen den insgesamt geleisteten Beiträgen zur Lebensversicherung und dem Rückkaufswert abzüglich der Zinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sei.

BFH Beschluss vom 23.9.2013, VIII B 40/13

Begründung:

Die Besteuerung der Zinsen ohne Berücksichtigung des Verlusts der eingezahlten Sparanteile widerspricht nicht dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes). Vielmehr ist ihr Ergebnis (kein Abzug der Aufwendungen auf den Vermögensstamm bei dessen Verlust) die folgerichtige Ausprägung der Systematik der im Streitfall anwendbaren bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG.

Eine steuerliche Berücksichtigung des geltend gemachten Verlusts würde zu einer Durchbrechung des Systems der Einkünfteermittlung führen, nach dem Aufwendungen für den Erwerb nicht abnutzbarer Wirtschaftsgüter, die der Erzielung von Überschusseinkünften (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 bis 7 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG) dienen, die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer grundsätzlich nicht mindern. Eine solche wäre nur statthaft, wenn auch Wertveränderungen des eingezahlten Vermögens bei der Ermittlung der Einkünfte, die aus einer Lebensversicherung erzielt werden, berücksichtigt würden (vgl. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Mai 1970  1 BvL 17/67, BVerfGE 28, 227, BStBl II 1970, 579)

Diese unterscheidet sich von den der Rechtsprechung des BFH zugrunde liegenden Kapitalanlagen dadurch, dass sie das Risiko des Versterbens des Kapitalanlegers mit absichert. In diesem Fall wird die Versicherungssumme vorzeitig in voller Höhe und nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG steuerfrei ausgezahlt. Die Erzielung dieses Vermögensvorteils bei Eintritt des Versicherungsfalles ist nicht nur mitursächlich, sondern wesentlicher Grund für den Abschluss einer Lebensversicherung als Kapitalanlage. Die Minderung des Rückkaufswerts, die nach den Vertragsbedingungen nicht nur auf den Abschlusskosten und Kosten der Vermögensverwaltung, sondern im Wesentlichen auch darauf beruht, dass die Versicherung sofort nach Vertragsabschluss den vollen Versicherungsschutz übernommen hat, ist danach Aufwand für eine Kapitalanlage, bei der die Erzielung von steuerfreien Vermögensvorteilen im Vordergrund steht.

Der von dem Kläger geltend gemachte Verlust wurde danach nicht durch die erzielten Kapitalerträge veranlasst, sondern dadurch, dass er den Vertrag über die Lebensversicherung zu einem Zeitpunkt gekündigt hat, zu dem der Rückkaufswert unter den bereits eingezahlten Beiträgen lag. Es handelt sich um einen Verlust in der privaten Vermögenssphäre, der bei der Einkommensteuerfestsetzung nicht als Werbungskosten gemäß § 9 EStG berücksichtigt werden kann.

 

Einlagekonto bei Regiebetrieb

Bei einem als Regiebetrieb geführten Betrieb gewerblicher Art führt ein nach handelsrechtlichen Grundsätzen ermittelter Jahresverlust auch dann unmittelbar zu einem entsprechenden Zugang im Einlagekonto, wenn der Betrieb seinen Gewinn durch Vermögensvergleich ermittelt und soweit der Verlust auf sog. Buchverlusten (z.B. Abschreibungen) beruht.

BFH Urteil vom 11.9.2013, I R 77/11

Begründung:

Die Revision ist begründet und führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das FG hat zwar zu Recht angenommen, dass das steuerliche Einlagekonto des BgA gemäß § 27 Abs. 2 KStG 2002 zum 31. Dezember der Jahre 2002 und 2003 um die Verluste zu erhöhen war, die der BgA in diesen Wirtschaftsjahren erwirtschaftet hatte. Maßgeblich für die Höhe der Zuführungen zum steuerlichen Einlagekonto ist indes nicht das steuerbilanzielle, sondern das nach handelsrechtlichen Grundsätzen ermittelte Jahresergebnis, dessen Höhe sich aus den tatrichterlichen Feststellungen nicht ergibt. Es bedarf deswegen weiterer Sachaufklärung. Hiernach bestimmt sich dann auch, in welchem Umfang die Klägerin für nicht abgeführte Kapitalertragsteuer betreffend die vom FA im Folgejahr 2005 angesetzte vGA als Haftende in Anspruch genommen werden kann.

Unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften haben die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahrs auf einem besonderen Konto (steuerliches Einlagekonto) auszuweisen. Das steuerliche Einlagekonto ist ausgehend von dem Bestand des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs um die jeweiligen Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahrs fortzuschreiben und zum Schluss eines jeden Wirtschaftsjahrs gesondert festzustellen (§ 27 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 KStG 2002). Dieser Bescheid ist Grundlagenbescheid für den Bescheid über die gesonderte Feststellung zum folgenden Feststellungszeitpunkt (§ 27 Abs. 2 Satz 2 KStG 2002).

Die Regelungen in § 27 Abs. 1 bis 6 KStG 2002 gelten gemäß § 27 Abs. 7 KStG 2002 sinngemäß für andere Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 9 und 10 EStG 2002 gewähren können. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn und vGA eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten BgA i.S. des § 4 KStG 2002 ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt oder Umsätze erzielt, die bestimmte Grenzbeträge überschreiten. Die Klägerin unterhielt mit dem Bäderbetrieb einen BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit und ermittelte den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich.

Das steuerliche Einlagekonto ist u.a. um die in den Wirtschaftsjahren 2002 und 2003 vom BgA erzielten Verluste zu erhöhen. In den Jahren 2002 und 2003 führte die Klägerin den BgA noch als Regiebetrieb. Regiebetriebe sind rechtlich unselbständige Einheiten der Trägerkörperschaft, die finanzwirtschaftlich nicht Sondervermögen der Gemeinde darstellen. Demgemäß fließen Einnahmen der Regiebetriebe, anders als bei Eigenbetrieben unmittelbar in den Haushalt und Ausgaben werden unmittelbar aus dem Haushalt der Trägerkörperschaft bestritten. Der erkennende Senat hat entschieden, dass aufgrund dieser spezifischen Umstände beim Regiebetrieb ein bilanzieller Verlustvortrag nicht möglich ist, sondern der Verlust im Entstehungsjahr als durch Einlagen der Gemeinde ausgeglichen gilt und deshalb zu einem entsprechenden Zugang im Einlagekonto führt.

Dieser Grundsatz ist auf den Streitfall anwendbar. Er gilt entgegen der Annahme des FA nicht nur für Regiebetriebe, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 2002 ermitteln. Denn die das Senatsurteil tragenden Erwägungen bezüglich der haushaltsrechtlichen Besonderheiten bei Regiebetrieben sind unabhängig von der im Einzelfall gewählten Methode der Gewinnermittlung. Die Frage, ob der in einem Wirtschaftsjahr entstandene Verlust eines BgA für Zwecke der Ermittlung des steuerlichen Einlagekontos mit Gewinnen des Folgejahrs verrechnet werden kann oder ob er wegen der einheitlichen Vermögenssphäre im Jahr der Entstehung unmittelbar als von der Trägerkörperschaft ausgeglichen zu gelten hat, stellt sich ebenso bei bilanzierenden BgA und ist für diese in gleicher Weise zu beantworten.

Die Zuschreibung der Verluste zum steuerlichen Einlagekonto des Regiebetriebs verstößt entgegen der Sichtweise der Revision nicht gegen § 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002, wonach als ausschüttbarer Gewinn das in der Steuerbilanz ausgewiesene (um das gezeichnete Kapital geminderte) Eigenkapital abzgl. des Bestands des steuerlichen Einlagekontos gilt. Aus dieser  Regelung kann kein Verbot abgeleitet werden, im Rahmen der "sinngemäßen" Anwendung der Bestimmung auf in Form von Regiebetrieben geführte BgA gemäß § 27 Abs. 7 KStG 2002 einen erwirtschafteten Verlust als unmittelbar durch die Trägerkörperschaft ausgeglichen anzusehen.

Die unterschiedliche Behandlung der Verluste von einerseits Regiebetrieben und andererseits Eigenbetrieben führt weder zu unbilligen noch zu systemwidrigen Ergebnissen. Zwar sind die Verluste der als Eigenbetriebe geführten BgA, die über ein finanzwirtschaftliches Sondervermögen verfügen,wie auch die Verluste von Kapitalgesellschaften, nicht deren steuerlichem Einlagekonto zuzuschreiben. Jedoch dient die Führung des Einlagekontos keinem Selbstzweck, sondern ist Hilfsmittel für die Bemessung der Steuern auf Kapitalerträge; sie soll verhindern, dass Rückzahlungen von Einlagen durch Körperschaften als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert werden.

Dementsprechend bestimmt § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 5 i.V.m. Nr. 1 Satz 3 EStG 2002, dass die Leistungen eines § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 unterfallenden BgA nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören, soweit sie aus Ausschüttungen stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto als verwendet gelten.

Verluste wirken sich indes auch bei Kapitalgesellschaften und bei Eigenbetrieben -wenn auch auf andere Weise- schmälernd auf die künftigen Einkünfte der Trägerkörperschaft aus Kapitalvermögen aus: Die Anteilseigner einer GmbH können die Ausschüttung des Jahresgewinns nicht verlangen, wenn handelsrechtlich ein Verlustvortrag besteht; denn nach § 29 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung haben die Gesellschafter einer GmbH Anspruch auf den Jahresüberschuss zzgl. eines Gewinnvortrags abzgl. eines Verlustvortrags. Auf ähnliche Weise können Eigenbetriebe nach den Eigenbetriebsverordnungen der Länder einen Jahresverlust, wenn er nicht von der Trägerkörperschaft ausgeglichen wird, grundsätzlich auf neue Rechnung vortragen (z.B. § 10 Abs. 6 der Eigenbetriebsverordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2004, Gesetz- und Verordnungsblatt 2004, 644). Da die künftigen Gewinne in diesen Fällen zunächst zur Verlustdeckung zu verwenden sind und den Anteilseignern bzw. der Trägerkörperschaft nicht für Zwecke außerhalb der Gesellschaft bzw. des BgA zur Verfügung stehen, führen sie, soweit sie zum Ausgleich eines handelsrechtlichen Verlustvortrags erforderlich sind, nicht zu Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002.

Allerdings besteht der Unterschied, dass die Zuschreibung des Verlusts zum steuerlichen Einlagekonto beim Regiebetrieb unmittelbar wirkt, während der Verlustvortrag beim Eigenbetrieb sich erst dann auf die Bemessungsgrundlage der Steuer auf Kapitalerträge auswirkt, wenn der BgA wieder Gewinne erwirtschaftet. Diese unterschiedliche Wirkung ist indes hinzunehmen. Sie ist dem Umstand geschuldet, dass der Regiebetrieb kassenmäßig Teil der Trägerkörperschaft ist und keine separate Vermögensmasse des BgA existiert. Dies wirkt sich nicht nur auf die Behandlung von Verlusten, sondern spiegelbildlich auch auf der Gewinnebene aus: Gewinne eines Regiebetriebs sind bei der Trägerkörperschaft unmittelbar und zeitgleich als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern , während beim Eigenbetrieb Gewinne erst dann zu Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 führen, wenn deren Überführung in den allgemeinen Haushalt beschlossen worden ist oder wenn sie ohne einen entsprechenden Beschluss tatsächlich an die Trägerkörperschaft zur allgemeinen Verwendung geleistet worden sind (Senatsurteil in BFHE 236, 48, BStBl II 2013, 328). Vor diesem Hintergrund ist es konsequent, die unterschiedliche haushaltsrechtliche Lage auch auf der Verlustebene zu berücksichtigen.

 

Ausländische Betriebsstättenverluste dürfen nur ausnahmsweise berücksichtigt werden

Der Senat hält auch für Art. 4 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Buchst. a DBA-Frankreich daran fest, dass Deutschland für Verluste, die ein in Deutschland ansässiges Unternehmen in seiner in Frankreich belegenen Betriebsstätte erwirtschaftet, kein Besteuerungsrecht hat (ständige Rechtsprechung)    .

Ein Verlustabzug kommt abweichend davon aus Gründen des Gemeinschaftsrechts nur ausnahmsweise in Betracht, sofern und soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass die Verluste im Quellenstaat steuerlich unter keinen Umständen anderweitig verwertbar sind (sog. finale Verluste, Anschluss an EuGH-Urteil vom 15. Mai 2008 C-414/06 "Lidl Belgium", Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692). An einer derartigen "Finalität" fehlt es zwar, wenn der Betriebsstättenstaat nur einen zeitlich begrenzten Vortrag von Verlusten zulässt (Anschluss an EuGH-Urteil vom 23. Oktober 2008 C-157/07 "Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt", Slg. 2008, I-8061). Daran fehlt es jedoch nicht, wenn der Betriebsstättenverlust aus tatsächlichen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden kann (z.B. bei Umwandlung der Auslandsbetriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft, ihrer entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung oder ihrer "endgültigen" Aufgabe; entgegen BMF-Schreiben vom 13. Juli 2009, BStBl I 2009, 835)        .

Der ausnahmsweise Abzug der Betriebsstättenverluste ist nicht im Veranlagungszeitraum des Entstehens der Verluste, sondern in jenem Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in welchem sie "final" geworden sind (ebenso wie BMF-Schreiben vom 13. Juli 2009, BStBl I 2009, 835) .

Die in den Gewinn ausnahmsweise einbezogenen "finalen" Betriebsstättenverluste sind auch in die Ermittlung des Gewerbeertrages einzubeziehen. Sie sind nicht gemäß § 9 Nr. 3 GewStG 1999 wieder hinzuzurechnen     

BFH Urteil vom 9.6.2010, I R 107/09

 Erläuterungen:

 Der I. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat in zwei Urteilen vom 9. Juni 2010 I R 100/09 und I R 107/09 darüber entschieden, wann ausländische Betriebsstättenverluste „final“ sind und deshalb im Inland abgezogen werden können.

Erwirtschaftet ein inländischer Steuerpflichtiger aus einer ausländischen Betriebsstätte Verluste, dann kann er diese negativen Einkünfte im Inland mit steuerpflichtigen positiven Einkünften regelmäßig nicht ausgleichen. Hat Deutschland mit dem Betriebsstättenstaat ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen, sind die betreffenden negativen Einkünfte nämlich ebenso wie positive ausländische Einkünfte im Inland üblicherweise steuerfrei. Diese Steuerfreiheit ist dem Steuerpflichtigen bei positiven Einkünften von Vorteil, bei negativen Einkünften jedoch von Nachteil.

Nach feststehender Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union, ehemals Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, verstößt diese Benachteiligung von Auslands- gegenüber Inlandsverlusten im Grundsatz nicht gegen die gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbote: Es ist auch innerhalb der Europäischen Union allein Sache des Betriebsstättenstaats, die freigestellten Auslandsverluste steuerlich zu berücksichtigen. Nur dann, wenn diese Verluste „final“ werden, im Ausland also endgültig nicht berücksichtigt werden können, tritt der Ansässigkeitsstaat insoweit ausnahmsweise an die Stelle des Betriebsstättenstaats.

Unbeantwortet blieb bislang, wann von einer derartigen „Finalität“ der Verluste gesprochen werden kann. Darüber hat der I. Senat des BFH nun abschließend entschieden: „Final“ sind die Verluste nicht, wenn sie im Betriebsstättenstaat aufgrund dessen Steuergesetzen vollständig oder nach Ablauf eines Verlustvortragszeitraums vom Abzug ausgeschlossen sind. „Final“ sind sie nur, wenn sie aus tatsächlichen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden können, beispielsweise bei Umwandlung der Auslandsbetriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft, der Übertragung der Betriebsstätte oder deren Aufgabe. Für diese Fälle sind die Verluste im Inland sowohl bei der Bemessungsgrundlage für die Einkommen- und Körperschaftsteuer als auch die Gewerbesteuer (erst) in jenem Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum abzuziehen, in dem die „Finalität“ feststeht.

Konkret ging es in beiden Urteilen um die negativen Einkünfte aus in Frankreich unterhaltenen Betriebsstätten. In beiden Verfahren klagten inländische Kapitalgesellschaften, in dem Urteil I R 100/09 ohne, in dem Urteil I R 107/09 im Grundsatz mit Erfolg; erfolglos blieb die klagende GmbH hier nur insoweit, als sie die Berücksichtigung der Auslandsverluste bereits im Jahr des Entstehens dieser Verluste begehrte.

Verluste aus verfallenen Optionsgeschäften sind nicht abzugsfähig

Wer erworbene Optionen verfallen lässt, erfüllt nicht den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 19. Dezember 2007 IX R 11/06

Der BFH führt hierzu aus, dass das Finanzgericht zu Unrecht im Zusammenhang mit dem Verfall der Optionen einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG berücksichtigt hat.

Nach dieser Vorschrift sind Termingeschäfte (nur) solche, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, sofern der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nicht mehr als ein Jahr beträgt (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 EStG); als Termingeschäft gelten u.a. auch Optionsgeschäfte (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG).

Der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG ist nur erfüllt, wenn der Optionsinhaber durch die Beendigung des erworbenen Rechts auf Differenzausgleich tatsächlich einen Differenzausgleich erlangt, d.h. das Basisgeschäft durchführt; denn § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG erfasst nur Vorteile, die auf dem Basisgeschäft beruhen

Hieran fehlt es, wenn der Optionsinhaber von seinem Recht auf Differenzausgleich keinen Gebrauch macht und die Option verfallen lässt.