Verlustvortrag bei einem Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags

Es ist in der Rechtsprechung des BFH geklärt, dass Verluste nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG auch in solche Veranlagungszeiträume vorzutragen sind, in denen der Steuerpflichtige ein Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG hat.

BFH Beschluss vom 14.04.2016 – IX B 138/15 (NV) BFH/NV 2016, 1017

Begründung:

Denn in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist geklärt, dass Verluste nach § 10d Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch in solche Veranlagungszeiträume vorzutragen sind, in denen der Steuerpflichtige ein Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG hat. Ob zugunsten des Steuerpflichtigen eine Nichtveranlagungs-Bescheinigung ausgestellt worden ist, spielt keine Rolle. Denn diese dient der Abstandnahme vom Steuerabzug.

Doppelstöckige Personengesellschaft – Wegfall des Verlustvortrags nach § 10a GewStG

Doppelstöckige Personengesellschaft – Wegfall des Verlustvortrags nach § 10a GewStG

BFH Urteil vom 3.2.2010, IV R 59/07

Nach § 10a Satz 1 GewStG wird der Gewerbeertrag um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für vorangegangene Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Die Höhe der hiernach noch nicht ausgenutzten –vortragsfähigen– Fehlbeträge ist gemäß § 10a Satz 2 GewStG 1996 (heute: Satz 6) auf das Ende des Erhebungszeitraums gesondert festzustellen. Die Inanspruchnahme des Verlustabzugs setzt neben der Unternehmensidentität auch die Unternehmeridentität voraus. Letzteres bedeutet, dass der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten haben muss. Der Steuerpflichtige muss danach sowohl zur Zeit der Verlustentstehung als auch im Jahr der Entstehung des positiven Gewerbeertrags Unternehmensinhaber gewesen sein.

Bei einer Personengesellschaft sind die Gesellschafter, die unternehmerisches Risiko tragen und unternehmerische Initiative ausüben können, die (Mit-)Unternehmer des Betriebs (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Als Mitunternehmer einer gewerblichen Personengesellschaft erzielen sie auf der Grundlage ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbindung nicht nur –strukturell gleich einem Einzelunternehmer– in eigener Person (d.h. originär) gewerbliche Einkünfte; vielmehr sind sie auch gewerbesteuerrechtlich Träger des Verlustabzugs und deshalb sachlich gewerbesteuerpflichtig. Dementsprechend geht beim Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer Personengesellschaft der Verlustabzug gemäß § 10a GewStG verloren, soweit der Fehlbetrag anteilig auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt. Unerheblich hierfür ist nicht nur, ob das Ausscheiden auf einem Austritt des Gesellschafters mit der Folge der Anwachsung (§ 738 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB–) oder auf einer Anteilsübertragung beruht. Darüber hinaus ist es für das Vorliegen eines partiellen (Mit-)Unternehmerwechsels und damit für die anteilige Kürzung des Fehlbetrags nach § 10a GewStG auch ohne Bedeutung, ob der bisherige Gesellschafter auf der Grundlage eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts aus der Gesellschaft ausscheidet oder ob der Anteil –wie beispielsweise bei vorweggenommener Erbfolge oder im Erbfall– unentgeltlich übergeht.

Im Falle sog. doppelstöckiger Personengesellschaften (Oberpersonengesellschaft hält Anteil an Unterpersonengesellschaft; hier: C-KG an D-KG, Klägerin) ist nach ständiger Rechtsprechung zu beachten, dass die Oberpersonengesellschaft nicht nur Gesellschafterin, sondern unter der Voraussetzung auch Mitunternehmerin der Unterpersonengesellschaft und damit Trägerin des Verlustabzugs ist, dass sie an letzterer Gesellschaft mitunternehmerisch beteiligt ist, d.h. selbst die allgemeinen Merkmale des Mitunternehmerbegriffs (s. oben zu II.1.a) erfüllt.

Dies bedingt einerseits, dass ein Wechsel im Kreis der Gesellschafter der Oberpersonengesellschaft die Unternehmeridentität bezüglich der Unterpersonengesellschaft unberührt lässt. Andererseits ergibt sich hieraus, dass der Verlustabzug nach § 10a GewStG selbst dann (anteilig) entfällt, wenn der aus einer Personengesellschaft ausscheidende Gesellschafter über eine andere Gesellschaft (Oberpersonengesellschaft) weiterhin mittelbar an der Unterpersonengesellschaft beteiligt bleibt. Hieran hat sich durch die mit dem Steueränderungsgesetz 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) eingefügte Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG zur (mittelbaren) Mitunternehmerstellung des Obergesellschafters an der Unterpersonengesellschaft nichts geändert. Die Vorschrift ist zwar auch gewerbesteuerrechtlich zu beachten; sie lässt aber die mitunternehmerschaftliche Beteiligung der Oberpersonengesellschaft an der Unterpersonengesellschaft unberührt und hat deshalb lediglich zur Folge, dass der Verlustabzug nur im Rahmen des Sonderbetriebsvermögensbereichs des Obergesellschafters zulässig ist.

Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag bei Wechsel von unmittelbarer zu mittelbarer Beteiligung an einer atypisch stillen Gesellschaft – Wegfall der Unternehmeridentität







Mit dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters aus einer atypisch stillen Gesellschaft geht der Verlustvortrag verloren, soweit der Fehlbetrag auf den ausscheidenden Gesellschafter entfällt. Dies gilt auch dann, wenn der ausscheidende stille Gesellschafter über eine andere Personengesellschaft (Obergesellschaft) mittelbar weiterhin an der atypisch stillen Gesellschaft (Untergesellschaft) beteiligt ist.

 Scheidet der stille Gesellschafter während des Erhebungszeitraums aus der atypisch stillen Gesellschaft aus, können bis zu diesem Zeitpunkt angefallene positive Gewerbeerträge der Gesellschaft noch um Verluste früherer Jahre gekürzt werden, soweit sie nicht zuvor mit etwaigen Verlusten, die nach dem Ausscheiden des Gesellschafters im Erhebungszeitraum entstanden sind, zu verrechnen sind.

BFH Urteil vom 22. Januar 2009 IV R 90/05

 

Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs

Ein verbleibender Verlustabzug ist auch dann festzustellen, wenn die Einkommensteuer für diesen Veranlagungszeitraum aufgrund Verjährung nicht mehr festgesetzt werden kann.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 2.8.2006, XI R 65/05

Die Berechtigung zur Feststellung des zum 31. Dezember 1994 verbleibenden Verlustabzugs war nicht verjährt. Gemäß § 181 Abs. 5 Satz 1 AO 1977 kann eine Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung noch für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Diese Voraussetzung ist nach den Feststellungen des FG gegeben.

Gemäß § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG ist der verbleibende Verlustabzug der bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichene Verlust, vermindert um die nach Absatz 1 abgezogenen und die nach Absatz 2 abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten Verlustabzug.

Nach dem Urteil des erkennenden Senats des BFH vom 1. März 2006 XI R 33/04 (BFH/NV 2006, 1204) verlangt § 10d EStG nicht, dass ein erstmaliger Feststellungsbescheid nur dann ergehen kann, wenn für das Verlustentstehungsjahr noch ein Einkommensteuerbescheid erlassen werden könnte. In vergleichbarer Weise kann ein Verlustabzug vorgenommen werden, auch wenn der entsprechende Einkommensteuerbescheid wegen Verjährung nicht mehr ergehen kann.