Vorsteuerabzug für Gemeinden bei Marktplatzsanierung

Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, die sich aus ihrer Gesamtbetätigung heraushebt (richtlinienkonforme Auslegung des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG 1999 i.V.m. § 4 KStG entsprechend Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG).

Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es für ihre Unternehmereigenschaft auf weitere Voraussetzungen nicht an. Übt sie ihre Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage z.B. durch Verwaltungsakt aus, ist sie Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Eine Gemeinde, die einen Marktplatz sowohl für eine steuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeit als auch als Straßenbaulastträger für hoheitliche Zwecke verwendet, ist aus den von ihr bezogenen Leistungen für die Sanierung des Marktplatzes zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt.

Auf die Vorsteueraufteilung für Leistungsbezüge, die einer wirtschaftlichen und einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers dienen, ist § 15 Abs. 4 UStG 1999 analog anzuwenden.

BFH Urteil vom 3.3.2011, V R 23/10

Erläuterung (BFH):

Mit Urteil vom 3. März 2011 V R 23/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass eine Gemeinde aus den Kosten der Sanierung eines als öffentliche Straße gewidmeten Marktplatzes zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Die Entscheidung ist von grundsätzlicher Bedeutung für die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand.

Wenn wirtschaftliche Aktivitäten der öffentlichen Hand, die im Wettbewerb mit privaten Unternehmen stehen können, nicht besteuert werden, kommt es zu Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten privater Konkurrenten. Dies gilt nicht nur für entgeltliche Leistungen, die juristische Personen des öffentlichen Rechts auf privatrechtlicher Grundlage erbringen, sondern auch, wenn sie auf öffentlich-rechtlicher Grundlage gegen Entgelt tätig sind und insoweit ein Wettbewerbsverhältnis zu privaten Leistungsanbietern besteht. Auch das Handeln durch gebührenpflichtigen Verwaltungsakt kann bei Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses zur Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand führen.

Die Steuerpflicht der öffentlichen Hand kann sich jedoch auch zugunsten der öffentlichen Hand auswirken, wenn sie nach den vorstehenden Kriterien als Unternehmer steuerpflichtige Leistungen erbringt und daher zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Eine derartige Fallgestaltung liegt dem jetzt veröffentlichten Urteil zugrunde. Eine Gemeinde nutzte einen als öffentliche Straße gewidmeten und insoweit hoheitlich genutzten Marktplatz bei der Veranstaltung von Wochenmärkten dadurch als Unternehmer, dass sie Standplätze an Markttagen unter Verzicht auf die Steuerbefreiung für Vermietungsleistungen an Händler vermietete.

Entgegen der Entscheidung der Vorinstanz ist die Gemeinde nach dem Urteil des BFH trotz der ansonsten hoheitlichen Nutzung für den Gemeingebrauch aufgrund der umsatzsteuerpflichtigen Vermietung der Standflächen zum anteiligen Vorsteuerabzug aus den Kosten für die Sanierung des Marktplatzes berechtigt.

Die Sache wurde an das Finanzgericht zurückverwiesen, damit dieses nunmehr über die Frage der Vorsteueraufteilung entscheidet. Dazu waren weitere Feststellungen erforderlich. Nach dem Urteil des BFH kann eine Vorsteueraufteilung nach der Anzahl der Markttage im Kalenderjahr erfolgen.