Bildung einer Rückstellung für die Verpflichtung zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen

Die Abzinsung einer Rückstellung für die Verpflichtung zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen richtet sich gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG nach dem Zeitraum bis zur erstmaligen Erfüllung der Sachleistungspflicht. Diesen hat der Steuerpflichtige darzulegen und mit Stichproben zu belegen.
Der Ermittlung des Zeitaufwands für die Betreuung pro Vertrag und Jahr kommt auch im Hinblick auf den gegenüber einer Abzinsung über die jeweilige Vertragsdauer verkürzten Abzinsungszeitraum nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG und einen daraus folgenden höheren Barwert entscheidende Bedeutung zu.

BFH Urteil vom 13.07.2017 – IV R 34/14 BFH/NV 2017, 1426

Sachverhalt:

Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine OHG, betreibt als selbständige Handelsvertreterin eine Geschäftsstelle der X-Versicherung AG. Je zur Hälfte an der Klägerin beteiligte Gesellschafter sind A (geboren 1962) und B (geboren 1958).
Die Geschäftsstelle wurde ursprünglich vom Vater des B, C, als alleinigem Inhaber geführt. Durch einen im Januar 1983 mit der (damaligen) Y-Versicherungsanstalt AG (V) geschlossenen Vertrag erhielt B als Einzelunternehmer eine Bestellung als weiterer Geschäftsstellenleiter. Unter Nr. 3 Buchst. b dieses Vertrags verpflichtete sich B, “neue Versicherungen zu vermitteln, den Versicherungsbestand zu pflegen und zu erhalten”. Gegenstand des Vertrags waren außerdem Provisionsbestimmungen der V, in denen ausschließlich eine einmalige Abschlussprovision vorgesehen war. In Nr. 13 des Vertrags war als Beendigung spätestens der Ablauf des Jahres vorgesehen, in dem der Geschäftsstellenleiter das 65. Lebensjahr vollendet; eine Vertragsverlängerung war möglich.
Im August 1988 schloss auch A als Einzelunternehmer einen bezüglich der o.g. Bestimmungen inhaltsgleichen Vertrag ab, durch den er zum Geschäftsstellenleiter bestellt wurde.
Die Klägerin wurde durch Vertrag vom 23. Dezember 1993 zwischen A, B und dem noch vor den Streitjahren (2004 und 2005) ausgetretenen C gegründet. In der Präambel des Gesellschaftsvertrags ist ausgeführt: “Die Herren [B] und [A] geben ihre Selbständigkeit auf.” In § 4 des Vertrags ist u.a. geregelt, dass jeder Partner “seine volle Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft zur gemeinsamen Berufsausübung zu widmen” habe.

In ihrer auf den 31. Dezember 2004 aufgestellten Bilanz bildete die Klägerin eine Rückstellung in Höhe von 162.013 EUR für die Nachbetreuung von Lebensversicherungsverträgen, die sie in der auf den 31. Dezember 2005 aufgestellten Bilanz um weitere 5.171 EUR auf 167.184 EUR erhöhte. Entsprechend den eingereichten Feststellungserklärungen erließ der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) insoweit erklärungsgemäße, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2004 vom 1. September 2006 und 2005 vom 24. August 2007, in denen der Gewinn 2004 in Höhe von… EUR und 2005 in Höhe von… EUR festgestellt wurde.
Nach Durchführung einer Außenprüfung erkannte das FA die Rückstellung für die Nachbetreuung der Versicherungsverträge nicht mehr an. In seinen gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden 2004 und 2005 vom 5. September 2007 stellte es die Einkünfte der Klägerin auf… EUR (2004) und… EUR (2005) fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Diese Beträge wurden durch Hinzurechnung der Rückstellung in Höhe von 162.013 EUR (2004) bzw. 5.171 EUR (2005) und Abzug einer erhöhten Gewerbesteuer-Rückstellung in Höhe von 30.782 EUR (2004) bzw. 982 EUR (2005) ermittelt.

Der hiergegen unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs eingelegte Einspruch blieb erfolglos. In seiner Einspruchsentscheidung vom 17. November 2008 führte das FA aus, das vorgenannte Urteil dürfe aufgrund eines “Nichtanwendungserlasses” des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. November 2006 nicht angewendet werden. Im Übrigen habe die Klägerin auch nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen zur Bildung einer Rückstellung tatsächlich vorlägen. Weder habe sie dargelegt, dass mit den erhaltenen Vertragsprovisionen bereits Aufwendungen für die Bestandspflege abgegolten worden seien und kein Anspruch auf Folgeprovisionen bestehe, noch sei ein Erfüllungsrückstand erkennbar. Außerdem seien aus den vorgelegten Bilanzen diverse Folgeprovisionen ersichtlich. Es seien Erlöse für die “Kommissarische Betreuung” und “Personalkosten-Zuschüsse” für den Innen- und Außendienst gebucht worden. Außerdem seien allgemein Schadensregulierungsvergütungen gezahlt worden. Es sei nicht erkennbar, in welchem Umfang daneben noch nicht vergütete Bestandspflegekosten entstehen könnten.
Die Klage, mit der die Klägerin die Berücksichtigung einer Rückstellung in Höhe von 109.496,40 EUR (2004) bzw. 110.619,60 EUR (2005) beantragte und u.a. geltend machte, dass bei den Lebensversicherungsverträgen ein zur Bildung einer Rückstellung berechtigender Erfüllungsrückstand bestehe, hielt das Finanzgericht (FG) Münster in seinem Urteil vom 13. Juni 2013 13 K 4827/08 F für teilweise begründet. Das FA habe zu Unrecht die Bildung einer Rückstellung für zukünftige Aufwendungen aus der Nachbetreuung von Versicherungsverträgen versagt. Die Klägerin sei dem Grunde und in dem vom FG erkannten Umfang auch der Höhe nach zur Bildung einer Rückstellung berechtigt.
Hiergegen wendet sich das FA mit seiner Revision. Es rügt eine Verletzung von § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren gültigen Fassung (EStG) i.V.m. § 249 des Handelsgesetzbuchs in der in den Streitjahren gültigen Fassung (HGB a.F.). Im Übrigen habe das FG es versäumt, A und B beizuladen, weil eine Rückstellung allenfalls in deren Sonderbetriebsvermögen habe gebildet werden dürfen.

Das FA beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision des FA zurückzuweisen und unter teilweiser Aufhebung der Vorentscheidung, soweit sie die Klage abgewiesen hat, die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 2004 und 2005 vom 5. September 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. November 2008 dahin zu ändern, dass eine Rückstellung in Höhe von 76.995 EUR (2004) bzw. in Höhe von 81.103 EUR (2005) berücksichtigt wird.

Mit ihrer innerhalb der einmonatigen Frist nach § 116 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 120 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eingelegten Revision rügt sie eine Verletzung von § 96 Abs. 1 und Abs. 2 FGO und einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten und beanstandet dabei die vom FG vorgenommene Kürzung des Stundensatzes der die Betreuung leistenden Mitarbeiter sowie die pauschale Kürzung des künftigen Betreuungsaufwands um 10 %. Bei einem Stundensatz von 15,59 EUR und ohne Abschlag ergebe sich ein Betreuungsaufwand und damit eine Rückstellung 2004 in Höhe von 76.995 EUR (4 935,62 Stunden x 15,60 EUR) und 2005 in Höhe von 81.103 EUR (5 198,95 Stunden x 15,60 EUR).
Begründung:
Die Revisionen des FA und der Klägerin sind begründet; sie führen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

Die Revision (auch) der Klägerin ist statthaft, denn die Zulassung der Revision –hier durch den erkennenden Senat– wirkt zugunsten aller Beteiligter. Sie ist auch fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Das FG ist auch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die Klägerin dem Grunde nach gesetzlich verpflichtet war, in den Streitjahren eine Rückstellung für zukünftige Aufwendungen aus der Nachbetreuung von Verträgen zu bilden.

Nach § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB a.F. sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Zwar dürfen Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft in der Bilanz grundsätzlich nicht ausgewiesen werden. Ein Bilanzausweis ist u.a. aber dann geboten, wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners gestört ist. Es entspricht gefestigter BFH-Rechtsprechung, dass eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands zu bilden ist, wenn ein Versicherungsvertreter die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch für die weitere Betreuung des Versicherungsvertrags erhält. Ein Erfüllungsrückstand setzt hiernach voraus, dass der Steuerpflichtige zur Betreuung der Versicherungen rechtlich –vertraglich oder gesetzlich verpflichtet ist. Leistungen, die ohne Rechtspflicht erbracht werden, sind für die Bemessung der Rückstellung irrelevant.
Die Gesamtwürdigung des FG, dass die Klägerin zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen rechtlich verpflichtet gewesen sei, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruht im Wesentlichen auf seiner Auslegung der Geschäftsstellenleiterverträge zwischen A bzw. B und der V sowie des Gesellschaftsvertrags der Klägerin vom 23. Dezember 1993. Die Vertragsauslegung obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. Vorliegend entspricht sie den Grundsätzen der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Sie ist jedenfalls möglich und damit für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend.

Aus den in den Jahren 1983 und 1988 von A und B mit V geschlossenen Geschäftsstellenleiterverträgen hat das FG zunächst geschlossen, dass sich die darin jeweils vereinbarte “Pflege und Erhaltung” ausdrücklich auf den Versicherungsbestand bezogen habe und damit eine rechtliche Verpflichtung für weitere Leistungen ohne weitere Vergütung bzw. Provision geregelt worden sei. Denn die Provisionstabellen der V hätten keine Folgeprovisionen vorgesehen. Die entsprechenden Leistungen hätten von der V eingefordert werden können und seien gegenüber den Versicherungsnehmern zu erbringen gewesen. Diese Würdigung ist auf der Grundlage der Feststellungen des FG jedenfalls möglich.
Aus dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin vom 23. Dezember 1993 hat das FG sodann ebenfalls vertretbar geschlossen, dass die zunächst von A und B im Rahmen der jeweiligen Geschäftsstellenleiterverträge übernommenen Nachbetreuungspflichten auf der Grundlage des später geschlossenen Gesellschaftsvertrags als eigene Pflicht der Klägerin anzusehen seien. Das FG hat seine Auffassung darauf gestützt, dass A und B nach der Präambel des Gesellschaftsvertrags ihre “Selbständigkeit” aufgegeben hätten und nach § 4 des Vertrags ihre volle Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft –der Klägerin– zur gemeinsamen Berufsausübung zu widmen hätten. Seine Auslegung, dass diese Vertragsbestimmungen nur bei Erfüllung der Nachbetreuungspflichten durch die Klägerin sinnvoll seien, weil ihre Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag zu einer selbständigen Tätigkeit nicht mehr befugt gewesen seien, ist möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze. Wenn sich das FG in dieser Auffassung durch die tatsächliche Handhabung, dass die Nachbetreuung durch die Klägerin bzw. deren Angestellte erfolgt sei, bestätigt gesehen hat, ist dies ebenfalls nachvollziehbar.

Indes hält die vom FG ermittelte Höhe der Rückstellung revisionsrechtlicher Überprüfung schon deshalb nicht stand, weil das FG noch nicht die Grundsätze beachten konnte, in dem der X. Senat des BFH seine Rechtsprechung zur Bildung einer Rückstellung für die Verpflichtung zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen fortentwickelt hat.
Das FG hat bei seiner Berechnung der Höhe der streitbefangenen Rückstellungen in beiden Streitjahren hinsichtlich der nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 1 EStG gebotenen Abzinsung als Abzinsungsfaktor die Werte aus der Anlage 26 zum Bewertungsgesetz (BewG) zugrunde gelegt. In jener Tabelle sind Abzinsungsfaktoren bezogen auf die Restlaufzeit der dort genannten Bezugsgrößen in Jahren genannt. Dem entsprechend ist das FG bei seiner Berechnung von einer (restlichen) Vertragsdauer in Jahren (ihr zugeordnet jeweils die Zahl der Verträge mit einer solchen Restlaufzeit) ausgegangen und hat als Abzinsungsfaktor den bei einem Zinssatz in der in § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 1 EStG bestimmten Höhe (5,5 %) der jeweiligen Restlaufzeit zugeordneten Wert der Anlage 26 zum BewG berücksichtigt.

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG ist jedoch für die Abzinsung von Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen der Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllung maßgebend, d.h. der Zeitraum bis zur konkreten Umsetzung der Sachleistungspflicht Für die Abzinsung einer Rückstellung für die Verpflichtung zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen bedeutet dies, dass entsprechend dem Gesetzeswortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG entscheidend darauf abzustellen ist, wann im konkreten Einzelfall erstmalig Bestandspflegemaßnahmen durchgeführt werden. Der Steuerpflichtige hat insoweit darzulegen und mittels Stichproben zu belegen, zu welchem nach dem Vertragsabschluss liegenden Zeitpunkt unter Berücksichtigung von Erfahrungswerten im einzelnen Vertrag erstmals mit Betreuungsmaßnahmen zu rechnen ist.

Unter Beachtung der aufgestellten Rechtsgrundsätze wird das FG im zweiten Rechtsgang die nach den genannten Maßstäben noch erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben. Hierbei wird das FG zu beachten haben, dass als Folge der gesetzlichen Verpflichtung aus § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB a.F. die Bildung einer Rückstellung keinesfalls ganz zu unterbleiben hat, sondern jedenfalls im Wege der Schätzung zu bestimmen ist, wenn –wie im Streitfall vom FG zu Recht angenommen– der Steuerpflichtige zur Nachbetreuung der Versicherungen rechtlich verpflichtet ist.
Für die Bemessung der Höhe der Rückstellung wird das FG zu prüfen haben, ob laufende Aufzeichnungen der Klägerin vorliegen, die so konkret und spezifiziert sind, dass nicht nur eine angemessene Schätzung der Höhe der zu erwartenden Betreuungsaufwendungen möglich ist, sondern auch des Zeitraums bis zum Beginn der erstmaligen Durchführung von Betreuungsmaßnahmen –Abzinsungszeitraum–. Mit dem Erfordernis, dass die laufenden Aufzeichnungen “vertragsbezogen” zu führen sind und der Steuerpflichtige zu belegen hat, welche einzelnen Tätigkeiten (z.B. Fälle von Namens- und Adressänderungen, Beitragsfreistellungen, Baufinanzierungen, Abtretungen, Änderungskündigungen) in welcher Häufigkeit mit welchem Zeitaufwand über die Gesamtlaufzeit des einzelnen Vertrags (typischerweise) anfallen werden, wird auch dem –sinngemäßen– Einwand des FA Rechnung getragen, dass der bislang berücksichtigte Nachbetreuungsaufwand nicht hinreichend vertragsbezogen sei. Allerdings muss diese Prüfung nicht für alle Verträge einzeln vorgenommen werden; im Einzelfall können fundierte Stichproben (z.B. anhand eines bestimmten Prozentsatzes der Verträge oder nach bestimmten Anfangsbuchstaben der Kundennamen) ausreichen, um eine hinreichende Rückstellungswahrscheinlichkeit zu begründen. Dies gilt auch für die Prüfung des für den Abzinsungszeitraum maßgeblichen Beginns der erstmaligen Durchführung von Betreuungsmaßnahmen. Muss das FG den Abzinsungszeitraum schätzen, gehen jedoch Unklarheiten infolge nicht nachvollziehbarer Aufzeichnungen zu Lasten des Steuerpflichtigen.

Wird für die Abzinsung von Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen der Zeitraum bis zur konkreten Umsetzung der Sachleistungspflicht zugrunde gelegt (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG), so führt dies regelmäßig zu einem kürzeren Abzinsungszeitraum als in den Berechnungen des FG. Rechnerisch hat dies einen höheren Barwert zur Folge, was ohne Änderung der übrigen vom FG angesetzten Werte zu einem möglicherweise sogar deutlich höheren Rückstellungswert führen würde. Der Ermittlung des Zeitaufwands für die Betreuung pro Vertrag und Jahr kommt auch deshalb entscheidende Bedeutung zu. Neben der Übertragbarkeit der von der Klägerin vor dem FG vorgetragenen Zahlen zum zeitlichen Betreuungsaufwand auf die Streitjahre wird das FG deshalb auch zu prüfen haben, ob der von der Klägerin im Ausgangsverfahren vorgelegte “Nachweis” über Betreuungsleistungen von Lebensversicherungsverträgen für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2006 den Anforderungen an die Darlegung des (voraussichtlichen) Zeitaufwands genügt. Aufgrund der derzeitigen Feststellungen des FG ergibt sich nach Auffassung des Senats jedenfalls keine hinreichend gesicherte Grundlage dafür, mit dem FG den zeitlichen Betreuungsaufwand pro Vertrag und Jahr mit einem Wert von 42,7 Minuten anzusetzen. Sollte der zeitliche Betreuungsaufwand mangels seiner hinreichenden Darlegung durch die Klägerin vom FG zu schätzen sein, so wird es zu beachten haben, dass sich eine solche Schätzung im Hinblick auf die den Steuerpflichtigen treffende Darlegungs- und Beweislast im unteren Rahmen bewegen muss.

Schließlich weist der Senat –ohne Bindungswirkung– für den zweiten Rechtsgang darauf hin, dass nach dem Einleitungssatz des § 6 Abs. 1 Nr. 3a des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) und damit auch in der in den Streitjahren gültigen Fassung Rückstellungen “höchstens” insbesondere unter Berücksichtigung folgender –sodann in der Vorschrift aufgeführter– Grundsätze anzusetzen sind. Der I. Senat des BFH hat unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien (BTDrucks 14/443, S. 23) ausgeführt, dass § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG die Bewertung von Rückstellungen nicht abschließend regele, sondern die nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) zu beachtende handelsrechtliche Bewertung (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB a.F.) nur dann durchbreche, wenn die steuerrechtlichen Sonderbestimmungen des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a bis e EStG dazu führten, dass der handelsrechtliche Wertansatz (Höchstwert) unterschritten werde. Diese Rechtsansicht hat zur Folge, dass ein niedrigerer Handelsbilanzwert für eine Rückstellung gegenüber einem höheren steuerlichen Rückstellungswert die Obergrenze bildet (vgl. auch Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 7. Dezember 2016 1 K 1912/14, mit Darstellung des Streitstands, Revision anhängig unter I R 18/17). Der erkennende Senat vermag aufgrund der bisherigen Feststellungen des FG nicht zu beurteilen, ob diese Rechtsfrage im Streitfall Bedeutung erlangt, zumal in den Streitjahren das erstmals in § 253 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs i.d.F. des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes vom 25. Mai 2009 (BGBl I 2009, 1102) für Rückstellungen bestimmte Abzinsungsgebot noch keine Gültigkeit hatte. Das FG erhält mit der Zurückverweisung Gelegenheit, auch zu prüfen, ob sich im Streitfall nach handelsrechtlichen Maßstäben ein niedrigerer Rückstellungswert ergibt.
Da das Urteil der Vorinstanz schon aus anderen Gründen aufzuheben war, musste über die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen nicht mehr entschieden werden.