Verspätungszuschlag

Aus § 367 Abs. 2 AO, wonach die Finanzbehörde befugt ist, den Einspruch „im vollen Umfang” zu prüfen, ergibt sich, dass sie im Einspruchsverfahren gegen einen Ermessensverwaltungsakt nicht nur auf eine Prüfung der Ermessensgrenzen reduziert ist, sondern eine eigenständige Ermessensentscheidung zu treffen hat, die auch zum Nachteil des Einspruchsführers führen kann.

Ist durch die Voranmeldungen die Jahressteuerschuld bereits nahezu vollständig getilgt worden, kann ein die Höhe der Abschlusszahlung übersteigender Verspätungszuschlag aus erzieherischen Gründen nur bei besonderer Schwere der Umstände des Einzelfalls festgesetzt werden.

BFH Urteil vom 18.08.2015 – VR 2/15

Sachverhalt:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Verspätungszuschlages zur Umsatzsteuer 2010 in Höhe von 1.500 EUR bei geringfügiger Nachzahlung.

Begründung:

Nach § 152 AO kann das FA gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgerecht nachkommt, einen Verspätungszuschlag festsetzen, wenn das Versäumnis nicht entschuldbar erscheint. Die Höhe des Verspätungszuschlages darf 10 % der festgesetzten Steuer und den Betrag von 25.000 EUR nicht überschreiten. Der Sinn und Zweck des Verspätungszuschlages besteht als Druckmittel eigener Art in einem zugleich repressiven und präventiven (erzieherischen) Charakter). Es soll die Störung der Veranlagungsarbeit durch den verzögerten oder unterbliebenen Eingang der Steuererklärung sanktioniert werden und der Steuerpflichtige für die Zukunft zur pünktlichen Abgabe der Steuererklärung angehalten werden. Diesem Zweck entsprechend sind bei der Bemessung der Höhe des Verspätungszuschlages neben seinem Zweck, den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Erklärungsabgabe zu veranlassen, die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs, die aus der verspäteten Abgabe gezogenen Vorteile sowie das Verschulden und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Bei der Gewichtung dieser Kriterien handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des FA, die gemäß § 102 FGO gerichtlich lediglich auf Ermessensfehler zu überprüfen ist.

Nach diesen Maßstäben ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlages zwar dem Grunde nach –auch im Rahmen einer Verböserung (s. unten 3.)– gerechtfertigt, weil die Klägerin die Umsatzsteuererklärung 2010 trotz vorzeitiger Anforderung schuldhaft erst mit einer Verspätung von 6 Wochen eingereicht hatte, in ihrer Höhe aber ermessensfehlerhaft.

Das FG hat jedoch nicht berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des BFH neben der Anzahl und Dauer der Verspätung der Höhe der Abschlusszahlung ein erhebliches Gewicht beizumessen ist. Nach den BFH-Urteilen stellt die Höhe der Abschlusszahlung die Richtschnur für die Bemessung der Höhe des Zuschlages dar. Zwar kann ein Verspätungszuschlag aus erzieherischen Gründen auch dann festgesetzt werden, wenn die geschuldete Steuer –wie im Streitfall– aufgrund der Voranmeldungen fast oder insgesamt bereits gezahlt worden war (hier 200,46 EUR Nachzahlung von im Verhältnis zur Steuer von 156.196 EUR). In diesen Fällen ist unter den Gesichtspunkten der Vorteilsziehung und des Verschuldens nachvollziehbar abzuwägen, welches Gewicht der verspäteten Abgabe der Steuererklärung noch zukommt, nachdem die geschuldete Steuer fast vollständig entrichtet worden ist. Zuschläge, die den Charakter steuerlicher Sanktionen haben, dürfen nicht außer Verhältnis zur Schwere des Verstoßes des Steuerpflichtigen gegen seine Pflichten stehen (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union Salomie und Oltean vom 9. Juli 2015 C-183/14, EU:C:2015:454, Rz 51). Demgemäß kann nach der Rechtsprechung des Senats ein die Abschlusszahlung übersteigender Verspätungszuschlag nur bei besonderer Schwere der Umstände des Einzelfalls festgesetzt werden

Verspätungszuschlag für Feststellungserklärung einer GbR

Das FA übt sein Auswahlermessen bei der Frage, gegen wen ein Verspätungszuschlag bei verspäteter Feststellungserklärung einer Personengesellschaft festgesetzt werden soll, regelmäßig fehlerfrei aus, wenn sich die Festsetzung gegen eine in § 34 AO genannte Person oder gegen einen Empfangsbevollmächtigten richtet.

Zur Schätzung der steuerlichen Auswirkungen bei gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlagen, § 152 Abs. 4 AO, können die von der Rechtsprechung entwickelten Richtwerte für die Streitwertbemessung herangezogen werden.

BFH Urteil vom 06.11.2012 – VIII R 19/09 BFHNV 2013 S. 502

Begründung.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Festsetzung des Verspätungszuschlags gegen die Klägerin nicht ermessensfehlerhaft war.

Nach § 152 Abs. 1 AO kann gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden (Satz 1). Von einer solchen Festsetzung ist abzusehen, wenn die Versäumnis entschuldbar erscheint (Satz 2). Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich (Satz 3). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, was von den Gerichten uneingeschränkt nachprüfbar ist, hat die zuständige Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob sie einen Verspätungszuschlag festsetzt (sog. Entschließungsermessen) und wie hoch sie ihn unter Beachtung der gesetzlichen Grenzen des § 152 Abs. 2 AO festsetzt (sog. Auswahlermessen).

Der Ermessensteil der Entscheidung unterliegt gemäß § 102 FGO nur der eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung: Bei Steuererklärungen für gesondert festzustellende Besteuerungsgrundlagen gelten gemäß § 152 Abs. 4 AO die Absätze 1 bis 3 mit der Maßgabe, dass bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 1 die steuerlichen Auswirkungen zu schätzen sind.

Die ermessensgerechte Festsetzung eines Verspätungszuschlags setzt die Erklärungspflicht der ausgewählten Person voraus. Erklärungspflichtig ist im Fall der einheitlichen und gesonderten Feststellung jeder Feststellungsbeteiligte, dem Anteile an den einkommensteuerpflichtigen Einkünften zuzurechnen sind (§ 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AO). Dies gilt auch für die Partner einer freiberuflichen Sozietät. Außerdem sind sämtliche in § 34 AO genannten Personen, wie gesetzliche Vertreter oder Geschäftsführer, erklärungspflichtig (§ 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 AO). Ergeben sich für die Finanzbehörde mehrere potenzielle Erklärungspflichtige, liegt es im Ermessen der Finanzbehörde, an welche Person sie sich wendet. Fordert das Finanzamt eine in § 34 AO genannte Person zur Abgabe einer Feststellungserklärung auf, ist die Auswahl in der Regel ermessensfehlerfrei (Kunz in Beermann/Gosch, AO § 181 Rz 13). Entsprechendes gilt für die Ausübung des Ermessens bei der Festsetzung des Verspätungszuschlags. Das Auswahlermessen ist daher bei der Festsetzung eines Verspätungszuschlags gegen eine in § 34 AO genannte Person genauso fehlerfrei ausgeübt wie im Sonderfall der Inanspruchnahme des Empfangsbevollmächtigten i.S. des § 183 AO: Das FA kann bei diesen Personen grundsätzlich davon ausgehen, dass sie die rechtliche oder tatsächliche Möglichkeit haben, das zukünftige Erklärungsabgabeverhalten positiv zu beeinflussen.

In welcher Höhe das FA einen Verspätungszuschlag festsetzt, steht ebenfalls in seinem Ermessen. Allerdings hat das FA zum einen den vorgegebenen betragsmäßigen Rahmen des § 152 Abs. 2 Satz 1 AO zu beachten und zum anderen müssen sich die Einzelkriterien des § 152 Abs. 2 Satz 2 AO in der Ermessensentscheidung wiederfinden.

Ein Verspätungszuschlag darf höchstens 10 % der festgesetzten Steuer oder max. 25.000 EUR betragen. Im Falle von Erklärungen für gesondert festzustellende Besteuerungsgrundlagen sind die steuerlichen Auswirkungen zu schätzen (§ 152 Abs. 4 AO). Zu Recht gehen die Beteiligten davon aus, dass zur Schätzung der steuerlichen Auswirkungen die von der Rechtsprechung entwickelten Richtwerte für die Streitwertbemessung bei gesonderten Feststellungen herangezogen werden können. Nach diesen ist regelmäßig, sofern keine anderen Anhaltspunkte vorliegen, von einer steuerlichen Auswirkung in Höhe von 25 % der festgestellten Einkünfte auszugehen: Der Ansatz eines höheren oder niedrigeren Prozentsatzes kommt jedoch in Betracht, wenn ohne besondere Ermittlungen erkennbar ist, dass der Pauschalsatz von 25 % den tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen nicht gerecht wird.

Bei Gewinnanteilen von mehr als 15.000 DM ist von dem Regelsatz regelmäßig nach oben abzuweichen denn bei hohen festgestellten Gewinnen ist typisierend von einer höheren durchschnittlichen Einkommensteuerbelastung auszugehen.

Die ermessensfehlerfreie Festsetzung eines Verspätungszuschlags setzt grundsätzlich voraus, dass das FA alle in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO ausdrücklich und abschließend genannten Kriterien beachtet und gegeneinander abwägt. Diese Beurteilungsmerkmale sind auch grundsätzlich gleichwertig. Die Gewichtung der einzelnen Kriterien steht jedoch im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde. Daher kann im konkreten Fall ein Merkmal stärker als ein anderes hervortreten oder schließlich auch ganz ohne Auswirkung auf die Bemessung bleiben. Deshalb ist es möglich, dass es je nach der Besonderheit des konkreten Sachverhalts nicht entscheidend darauf ankommt, ob und in welcher Höhe der Steuerpflichtige letztlich einen Zinsvorteil erzielt hat. Denn die Bemessung des Zuschlags ist nicht durch das Maß des gezogenen Vorteils begrenzt. So kann bei erheblicher Fristüberschreitung oder schwerwiegendem Verschulden auch dann ein Verspätungszuschlag gerechtfertigt sein, wenn die Steuerfestsetzung zu keiner Nachzahlung, sondern zu einer Erstattung geführt hat.

Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht die Festsetzung des Verspätungszuschlags gegen die Klägerin als ermessensfehlerfrei beurteilt. Die Inanspruchnahme der Klägerin war als Gesellschafterin, die zugleich Empfangsbevollmächtigte der Gesellschaft war, ermessensfehlerfrei. Auch die Höhe des Verspätungszuschlags ist nicht zu beanstanden.

Der vom FA angewendete Ermessensrahmen des § 152 Abs. 2 Satz 1 AO ist rechtmäßig. Es hat die steuerlichen Auswirkungen des festgestellten Gewinns zutreffend pauschal anhand der Richtwerte für die Streitwertbemessung geschätzt. Bei einem festgestellten Gewinn in Höhe von 160.000 EUR und einer zweigliedrigen Gesellschaft begegnet die Annahme, dass sich die steuerlichen Auswirkungen auf rund 56.000 EUR belaufen, keinen Bedenken. Der dabei zugrunde gelegte Prozentsatz von 35 lag zwar über dem Regelsatz von 25 %. Dies war jedoch in Anbetracht der absoluten Höhe der jeweiligen Gewinnanteile der Gesellschafter (68.502 EUR sowie 91.552 EUR) angemessen und lag unter dem möglichen Höchstsatz von 40 %.

Bei einer steuerlichen Auswirkung von 56.000 EUR hätte der rechnerische Höchstwert gemäß § 152 Abs. 2 Satz 1 AO folglich 5.600 EUR betragen. Tatsächlich wurde der Verspätungszuschlag vom FA auf 1.000 EUR festgesetzt. Dies entspricht rund 1,8 % der geschätzten steuerlichen Auswirkung. Insofern ist ein Ermessensfehlgebrauch im Hinblick auf die absolute Höhe des Verspätungszuschlags nicht erkennbar.

Die Entscheidung des FA, den Verspätungszuschlag auf 1.000 EUR festzusetzen, ist auch im Hinblick auf die Ermessenskriterien des § 152 Abs. 2 Satz 2 AO nicht ermessensfehlerhaft. Dabei kann der Senat die vom FG aufgeworfene Frage, ob die Schätzungsbefugnis des § 152 Abs. 4 AO sich auch auf den gezogenen Vorteil im Rahmen des § 152 Abs. 2 Satz 2 AO bezieht, offenlassen. Denn das FA hat bei der Bemessung der Höhe des Verspätungszuschlags tatsächlich im Ergebnis keinen wirtschaftlichen Vorteil der Klägerin berücksichtigt. Das FA führt in seiner Einspruchsentscheidung aus, dass ein "Zuschlag" für einen Zinsvorteil nicht angesetzt wurde. Insofern ist das FA nicht von einem wirtschaftlichen Vorteil für die Klägerin ausgegangen. Das Verschulden der Klägerin hat das FA hingegen in seine Ermessensentscheidung zu Recht einbezogen. Denn es entspricht der Zielsetzung des § 152 AO, repressiv wie präventiv zu wirken und im Falle fortgesetzten Versäumnisses vor allem dem Verschulden eine gewichtige Bedeutung beizumessen.

Aufgrund der erheblichen Dauer der Fristüberschreitung von fünf Monaten nach Ablauf der bereits verlängerten Abgabefrist sowie der wiederholten verspäteten Erklärungsabgabe durch die Klägerin, wiederum erst nach Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes, ist die Bemessung des Verspätungszuschlags in der festgesetzten Höhe auch ohne die Berücksichtigung von tatsächlichen wirtschaftlichen Vorteilen nicht ermessensfehlerhaft. Ob man das Ermessen auch in anderer Weise hätte ausüben können, war vom Senat aufgrund der ihm von § 102 FGO gezogenen Grenzen nicht zu entscheiden.

 

Bemessung des Verspätungszuschlags

Damit bei der Festsetzung eines Verspätungszuschlags der Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs "genügende Beachtung" geschenkt wird, muss der Verspätungszuschlag nicht zwingend in ein prozentuales Verhältnis zur Abschlusszahlung gesetzt werden. Besondere Umstände des Einzelfalls können es vielmehr rechtfertigen, auch einen die Abschlusszahlung übersteigenden Verspätungszuschlag festzusetzen.

BFH Beschluss vom 14.04.2011 V B 100/10 BFH NV 2011 S. 1288 f.

Begründung:

Der BFH hat entschieden, dass bei der Festlegung eines Verspätungszuschlags nach § 152 der Abgabenordnung der Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs "genügende Beachtung" geschenkt werden muss. Zwar könne ein Verspätungszuschlag auch im Erstattungsfall festgesetzt werden. Allerdings sei in einem solchen Fall unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsziehung und des Verschuldens nachvollziehbar abzuwägen, welches Gewicht der verspäteten Abgabe der Steuererklärung noch zukomme, nachdem die geschuldete Steuer fast oder sogar insgesamt bereits gezahlt worden sei. Im Übrigen seien bei der Ermessensentscheidung über die Höhe des Verspätungszuschlags wegen verspäteter Abgabe einer Steuerjahreserklärung auch die bereits entrichteten Steuervorauszahlungen zu berücksichtigen. Für die Entscheidung über die Höhe des Verspätungszuschlags sei "die Höhe der Abschlusszahlung neben anderen Merkmalen wie die Dauer der Fristüberschreitung oder das Verschulden die Richtschnur für die Bestimmung des Zuschlags innerhalb des durch die festgesetzte Steuer gebildeten Rahmens.

Ein Verspätungszuschlag könne "auch festgesetzt werden, obwohl es zu einer Erstattung gekommen" sei. Es sei zutreffend, dass "der Kläger im Hinblick auf seine Umsatzsteuervoranmeldungen und die daraufhin geleisteten Vorauszahlungen aus der verspäteten Erklärungsabgabe keinen nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil gezogen" habe und "auch die Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs relativ gering" sei . Soweit der Kläger auf dem Standpunkt stehe, "der Verspätungszuschlag könnte nur in ein prozentuales Verhältnis zur Abschlusszahlung gesetzt werden", sei dies unzutreffend. Aufgrund der weiteren Umstände des Einzelfalls hat es die Höhe des Verspätungszuschlags im Ergebnis nicht beanstandet.

Nachträgliche Festsetzung des Verspätungszuschlags

§ 152 Abs. 3 AO erlaubt der Finanzbehörde nur in begründeten Ausnahmefällen, von einer Festsetzung des Verspätungszuschlags mit der Steuer abzusehen

BFH Urteil vom 13.4.2010, IX R 43/09

Begründung:

Nach § 152 Abs. 3 AO ist der Verspätungszuschlag regelmäßig mit der Steuer festzusetzen, was der Fall ist, wenn der Verspätungszuschlag in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem Steuerbescheid festgesetzt wird. Auch wenn die Verletzung dieser Vorschrift nicht ohne Weiteres zur Rechtswidrigkeit der Festsetzung des Verspätungszuschlags führt, markiert sie ein Regel-Ausnahme-Verhältnis: Nur in Ausnahmefällen soll von der gleichzeitigen Festsetzung abgewichen werden können. Es handelt sich um eine   Sollvorschrift,   die den   Ermessensspielraum   auf eine Regelanwendung der Norm  einengt . Ihr Zweck liegt darin, den Steuerpflichtigen möglichst nicht nachträglich durch einen Verspätungszuschlag zu überraschen. Deshalb braucht die Finanzbehörde besondere Gründe, wenn sie von einer Verbindung der beiden Bescheide absehen will.

Wenn es der XI. Senat des BFH in Ausfüllung und Konkretisierung dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses für unschädlich hält, die Festsetzung des Verspätungszuschlags binnen Jahresfrist nachzuholen, so hat die Frage, ob die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ohne Weiteres nachgeholt werden kann, nicht allein eine zeitliche Dimension. Entscheidend ist vielmehr, ob Gründe vorliegen, eine vom Regelfall des § 152 Abs. 3 AO abweichende Festsetzung zu rechtfertigen.

Ermessensausübung bei der Erhebung von Verspätungszuschlägen

Die Doppelfunktion des Verspätungszuschlags als Sanktion einer Pflichtverletzung und als in die Zukunft gerichtete Prävention kann bei der Bemessung dieses Druckmittels in unterschiedlichem Maße von Bedeutung sein. Jedenfalls wird die verspätete Abgabe der Steuererklärung nicht dadurch entschuldbar, dass das FA seinerseits die Steuerfestsetzung dann nicht zeitnah (nach Eingang der Erklärung) durchführt.

Ein Verspätungszuschlag kann auch in Erstattungsfällen festgesetzt werden. Beruht die Erstattung jedoch auf einer Steuerfestsetzung von Null (Euro), so ist dieses Druckmittel von Gesetzes wegen ausgeschlossen.
( BFH Urteil vom 26. Juni 2002 IV R 63/00)