Bilanzielle Behandlung von Provisionszahlungen gemäß vertraglicher Vereinbarungen

Der Zeitpunkt, zu dem ein Anspruch auf eine Vermittlungsprovision im Versicherungsgeschäft realisiert ist, hängt von den Vertragsgestaltungen im konkreten Einzelfall ab.

Soweit in Übereinstimmung mit den vertraglichen Vereinbarungen lediglich Provisionsvorschüsse ausgezahlt werden, dürfen diese Zahlungen den Gewinn nicht erhöhen, sondern sind als "erhaltene Anzahlungen" zu passivieren.

BFH Urteil vom 17.03.2010 – X R 28/08 BFH NV 2010 S. 2033 ff

Begründung:

Der BFH hat bereits entschieden, dass ein Provisionsanspruch, der entstanden ist, sobald der vom Versicherungsmakler vermittelte Vertrag zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer zustande gekommen ist, stets und in vollem Umfang zu aktivieren ist. Hinsichtlich der am Bilanzstichtag von den Versicherungen bereits gezahlten Provisionen ist ebenfalls geklärt, dass für sie die gleichen Erwägungen wie für die Aktivierung von Provisionsforderungen gelten. Stellen sie Entgelt für einen bereits entstandenen Provisionsanspruch dar, sind sie gewinnerhöhend als Erlöse zu verbuchen. Sind die Zahlungen nach den Vereinbarungen hingegen lediglich als Provisionsvorschüsse zu werten, fehlt es an einer Gewinnrealisierung. Solche Zahlungen sind dann als "erhaltene Anzahlungen" nach § 266 Abs. 3 Abschn. C.3. HGB zu passivieren.

Wann der Provisionsanspruch eines Versicherungsvertreters entsteht, richtet sich –entgegen der Auffassung des FG– nach den zwischen den Versicherungen und dem Versicherungsvertreter geschlossenen Verträgen. Nach der Sonderregelung des § 92 Abs. 4 HGB, die den in § 87a Abs. 1 bis 3 HGB für Handelsvertreter enthaltenen Regelungen vorgeht, hat der Versicherungsvertreter Anspruch auf eine Provision, sobald der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Vertragsverhältnis berechnet. § 92 Abs. 4 HGB überlässt es daher der Vertragsgestaltung, welche Prämienzahlung zur Entstehung des Provisionsanspruchs führen soll. Liegen entsprechende vertragliche Vereinbarungen bezüglich der Abhängigkeit der Entstehung des Provisionsanspruchs von der Prämienzahlung vor, ist auch die Anwendbarkeit des § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB ausgeschlossen, wonach unabhängig von einer Vereinbarung der Provisionsanspruch entsteht, sobald und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat.

Der Zeitpunkt, zu dem ein Anspruch auf eine Vermittlungsprovision im Versicherungsgeschäft realisiert ist, hängt von den Vertragsgestaltungen im konkreten Einzelfall ab. Die Entstehung des Provisionsanspruchs kann daher vertraglich zum Beispiel von der Zahlung der ersten Jahresprämie durch den Versicherungsnehmer, von der Zahlung einer bestimmten Anzahl von Monatsprämien oder der Zahlung der Abschlussgebühr abhängig gemacht werden. Bei mehreren Prämienzahlungen kann zudem bestimmt werden, ob sich für den Vermittler nur aus der ersten Prämienzahlung oder jeder Prämienzahlung ein Provisionsanpruch ergeben soll.

Entgegen der Auffassung des FG ist § 92 Abs. 4 HGB abdingbar. Vertraglich kann also z.B. auch ein Recht auf die Zahlung von Vorschüssen oder von Teilprovisionen –z.B. bei laufend zu leistenden Prämienzahlungen– vereinbart werden

 

Anschaffung eines Grundstücks bei Besitzübergabe vor dem vertraglich vereinbarten Zeitpunkt

Ein bebautes Grundstück ist in dem Zeitpunkt angeschafft, in dem Besitz, Nutzungen, Gefahr und Lasten auf den Käufer übergehen. Maßgebend ist nicht der vertraglich vorgesehene, sondern der tatsächliche Übergang.

BFH Urteil vom 17. Dezember 2009 III R 92/08

Begründung:

Geliefert ist das Wirtschaftsgut, wenn der Erwerber nach dem Willen der Vertragsparteien darüber wirtschaftlich verfügen kann. Das ist bei der Übertragung eines Grundstücks in der Regel der Zeitpunkt, zu dem Eigenbesitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergehen.

Das FG ist zutreffend hiervon ausgegangen, hat den Zeitpunkt der Anschaffung aber zu Unrecht danach bestimmt, wann der Kläger aufgrund des notariellen Kaufvertrages die Übergabe beanspruchen konnte. Maßgeblich ist dagegen, wann Besitz, Nutzungen, Gefahr und Lasten tatsächlich übergingen.

Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben (§ 854 Abs. 1 BGB). Dies kann geschehen, indem der bisherige Besitzer die Sache übergibt; gleichgestellt ist die einseitige Besitzergreifung durch den Erwerber mit Einverständnis des Übergebenden.

Der Besitz an Grundstücken kann auch durch die Übergabe der Schlüssel übertragen werden.

Die Übergabe einer verkauften Sache –auch eines Grundstücks bewirkt gemäß § 446 BGB, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer übergehen; von der Übergabe an gebühren dem Käufer die Nutzungen und trägt er die Lasten. Der Zeitpunkt des Eigentumserwerbs ist insoweit unerheblich.