Zeitliche Grenze der Rücknahme des Verzichts auf Steuerbefreiungen

Der Verzicht auf Steuerbefreiungen nach § 9 UStG kann zurückgenommen werden, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung anfechtbar oder aufgrund eines Vorbehalts der Nachprüfung gemäß § 164 AO noch änderbar ist (Klarstellung der Rechtsprechung).

BFH Urteil vom 19.12.2013, V R 6/12

Begründung:

Hatte der Unternehmer auf die Steuerfreiheit des Umsatzes dadurch verzichtet, dass er dem Leistungsempfänger den Umsatz unter gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hatte, kann er den Verzicht nur dadurch rückgängig machen, dass er dem Leistungsempfänger eine berichtigte Rechnung ohne Umsatzsteuer erteilt

Im Streitfall ist der Verzicht durch Übersenden einer neuen Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis am 23. Dezember 1997 formal zutreffend rückgängig gemacht worden.

Die Rücknahme des Verzichts war auch in zeitlicher Hinsicht wirksam. Der Verzicht auf Steuerbefreiungen nach § 9 UStG kann zurückgenommen werden, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung anfechtbar oder aufgrund eines Vorbehalts der Nachprüfung gemäß § 164 AO noch änderbar ist. Soweit die bisherige Senatsrechtsprechung dahingehend verstanden werden konnte, dass die Rücknahme des Verzichts nur bis zur formellen Bestandskraft der Umsatzsteuerfestsetzung des Leistenden zulässig ist, hält der Senat daran nicht fest (Klarstellung der Rechtsprechung).

Nach allgemeiner Ansicht kann der Verzicht auf die Steuerbefreiung wieder rückgängig gemacht werden

 

Zufluss von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld als Arbeitslohn bei einvernehmlicher Aufhebung einer entsprechenden Zusage

Wird die arbeitsvertragliche Zusage von Weihnachts- und Urlaubsgeld vor dem Zeitpunkt der Entstehung dieser Sonderzuwendungen einvernehmlich aufgehoben, kann dem Arbeitnehmer weder Arbeitslohn über die Grundsätze des Zuflusses von Einnahmen bei einem beherrschenden Gesellschafter zufließen noch kann der Arbeitnehmer insoweit eine zuflussbegründende verdeckte Einlage bewirken.

BFH Urteil vom 15.5.2013, VI R 24/12

Begründung:

Geldbeträge fließen dem Steuerpflichtigen dementsprechend regelmäßig dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Jedoch kann auch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldbuchverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck kommt, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verfügung steht. Allerdings muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen.

Da sich die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht nach den tatsächlichen Verhältnissen richtet, kann das Zufließen grundsätzlich nicht fingiert werden. Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung hiervon lediglich bei beherrschenden Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft. Bei diesen wird angenommen, dass sie über eine von der Gesellschaft geschuldete Vergütung bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit verfügen können und ihnen damit entsprechende Einnahmen zugeflossen sind. Allerdings werden von dieser Zuflussfiktion nur Gehaltsbeträge und sonstige Vergütungen erfasst, die die Kapitalgesellschaft den sie beherrschenden Gesellschaftern schuldet und die sich bei der Ermittlung ihres Einkommens ausgewirkt haben.

 

 

Zahlungen zum Verzicht auf ein Wohnungsrecht als sofort abziehbare Werbungskosten

Ein Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist anzunehmen, wenn der Eigentümer aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung mit dem Wohnungsberechtigten ein Entgelt dafür zahlt, dass dieser sein Wohnungsrecht nicht (mehr) ausübt und es so erreicht, das Grundstück zu vermieten und Einkünfte daraus zu erzielen.

BFH Urteil vom 11.12.2012 – IX R 28/12 BFHNV 2013 S.

Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Zutreffend hat das FG die Zahlungen des Klägers an seine Mutter als Werbungskosten bei dessen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgesetzt.

Der Kläger verwirklichte in den Streitjahren den objektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG), denn er war aus dem mit der AG abgeschlossenen Mietvertrag berechtigt und verpflichtet. Die Zahlungen an die Mutter sind als Werbungskosten absetzbar.

Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen, und das bedeutet, durch die sie veranlasst sind. Eine derartige Veranlassung liegt vor, wenn (objektiv) ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und (subjektiv) die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden.  (

Nach diesen Grundsätzen sind Zahlungen an den bisherigen Nutzungsberechtigten zur Ablösung seines Rechts als Werbungskosten sofort abziehbar, wenn die Abstandszahlungen dem Abschluss eines neuen Nutzungsverhältnisses dienen. Die Grundstücksnutzung nach der Ablösung des Rechts begründet den wirtschaftlichen Zusammenhang der Ablöseaufwendungen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung  Infolge dessen ist mit dem FG ein Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch dann anzunehmen, wenn –wie hier– der Eigentümer aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung mit dem Wohnungsberechtigten ein Entgelt dafür zahlt, dass dieser sein Wohnungsrecht nicht (mehr) ausübt und es so erreicht, das Grundstück zu vermieten und Einkünfte daraus zu erzielen.

Die schuldrechtliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Mutter, das Wohnungsrecht gegen Entgelt nicht auszuüben, ist mit dem FG steuerrechtlich anzuerkennen. Sie genügt entgegen der Revision dem Fremdvergleich. Verträge zwischen nahen Angehörigen können der Besteuerung nur zu Grunde gelegt werden, wenn sie steuerrechtlich anzuerkennen sind. Das ist –soweit hier problematisch– der Fall, wenn die Vereinbarungen in Gestaltung und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Die Durchführung des Fremdvergleichs obliegt dem FG als Tatsacheninstanz.

Das FG hat aber festgestellt, dass der Kläger und seine Mutter zumindest stillschweigend von vornherein verabredet haben, dass die Mutter dauerhaft auf die Ausübung des Wohnungsrechts gegen Übernahme ihrer Mietaufwendungen durch den Kläger verzichtet. Diesen Sachverhalt hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise aufgrund der Beweisaufnahme und der Berücksichtigung weiterer objektiver Umstände ermittelt. Entgegen der Revision bestätigt die Zeugenaussage diese Feststellung: Der Verzicht auf die Ausübung des Wohnungsrechts ist eine in sich schlüssige und im Kontext mit den weiteren Umständen folgerichtige, wenn nicht gar zwingende Schlussfolgerung aus der Aussage der Zeugin. Daraus ergibt sich zugleich eine schuldrechtliche Verpflichtung des Klägers wie auch seiner Mutter, den Vertrag zu erfüllen. Die weitere Würdigung, dass diese Vereinbarung einem Fremdvergleich standhält, ist schon deshalb in sich folgerichtig, weil Leistung und Gegenleistung im äquivalenten Verhältnis zueinander stehen.