Keine “eigenhändige” Unterschrift bei Anträgen auf Vergütung von Vorsteuern

§ 18 Abs. 9 Satz 5 UStG 1999 ist mit der Richtlinie 79/1072/EWG nicht zu vereinbaren, soweit er einen ordnungsgemäßen Vergütungsantrag von der eigenhändigen Unterschrift des Steuerpflichtigen abhängig macht. Insoweit genügt auch die Unterschrift eines Bevollmächtigten (Anschluss an EuGH-Urteil vom 3. Dezember 2009, C-433/08 ―Yaesu Europe BV―, UR 2010, 146).

Der Nachweis eines Vergütungsanspruchs kann bei nicht zu vertretendem Abhandenkommen der Originalrechnung auch durch Vorlage einer Zweitschrift oder Ablichtung der Rechnung geführt werden, wenn der dem Vergütungsantrag zugrunde liegende Vorgang tatsächlich stattgefunden hat und keine Gefahr besteht, dass weitere Vergütungsanträge gestellt werden.

BFH Urteil vom 28.10.2010 – V R 17/08 BFH NV 2011 S. 658ff

Begründung:

Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass sich das Erfordernis einer Vorlage von Originalrechnungen zwar nach der Rechtsprechung des Senats aus § 18 Abs. 9 Sätze 3 bis 5 UStG ergibt und im Hinblick auf Art. 3 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 79/1072/EWG auch gemeinschaftsrechtlich geboten ist. 

 

Hierzu hat der EuGH jedoch entschieden, dass es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt ist, die Möglichkeit vorzusehen, dass der Steuerpflichtige bei von ihm nicht zu vertretendem Abhandenkommen einer Rechnung oder eines Einfuhrdokuments den Nachweis seines Erstattungsanspruchs durch Vorlage einer Zweitschrift der Rechnung oder des fraglichen Einfuhrdokuments führt, wenn der dem Erstattungsantrag zugrunde liegende Vorgang stattgefunden hat und keine Gefahr besteht, dass weitere Erstattungsanträge gestellt werden. Wenn ein in einem Mitgliedstaat ansässiger Steuerpflichtiger in der gleichen Situation die Möglichkeit hat, den Nachweis durch Vorlage einer Zweitschrift oder einer Ablichtung der Rechnung zu führen, so folgt aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 6 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV), umnummeriert in Art. 12 durch den Vertrag von Amsterdam zur Änderung der Vertrages über die Europäische Union (EUVtr Amst, BGBl II 1998, 387), dass diese Möglichkeit auch einem nicht in diesem Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen einzuräumen ist. 

Da der Steuerpflichtige im allgemeinen Besteuerungsverfahren (§§ 16 bis 18 UStG) den Nachweis des Besitzes einer Originalrechnung nicht nur durch Vorlage derselben, sondern mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln führen kann, muss dies unter den vom EuGH genannten Voraussetzungen auch im Vergütungsverfahren gelten