Verhältnis von allgemeinem Besteuerungsverfahren und Vorsteuer-Vergütungsverfahren

Ein im Ausland ansässiger Unternehmer, der gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG eine Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr abzugeben hat, ist berechtigt und verpflichtet, alle in diesem Kalenderjahr abziehbaren Vorsteuerbeträge in dieser Steuererklärung geltend zu machen (entgegen Abschn. 18.15. Abs. 1 Satz 2 UStAE).

BFH Urteil vom 28.8.2013, XI R 5/11

Begründung:

Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die Klägerin die im Streitjahr entstandenen Vorsteuerbeträge nicht im allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend machen kann. Ein im Ausland ansässiger Unternehmer, der gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG eine Steuererklärung für das Kalenderjahr abzugeben hat, ist –entgegen der Ansicht des FG und des FA– berechtigt und verpflichtet, alle in diesem Kalenderjahr entstandenen Vorsteuerbeträge in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung geltend zu machen.

Danach war die Klägerin zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr verpflichtet, ohne dass es entscheidungserheblich ist, ob die Verpflichtung zur Abgabe darauf gestützt wird, dass die Umsatzsteuer für die den Gutschriften zugrunde liegenden Umsätze, wie von der Klägerin erklärt oder wegen unrichtigen Steuerausweises entstanden ist.

Setzt das FA gegen einen im Ausland ansässigen Unternehmer Umsatzsteuer im allgemeinen Besteuerungsverfahren fest, so sind gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG von der berechneten Steuer die in den Besteuerungszeitraum fallenden, nach § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen.

Dem steht –entgegen der Ansicht des FA– nicht entgegen, dass nach § 18 Abs. 9 UStG zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15 UStG) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und § 18 Abs. 1 bis 4 UStG, in einem besonderen Verfahren durch Rechtsverordnung geregelt werden kann.

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen im Streitfall die Voraussetzungen für die Anwendung des Vergütungsverfahrens nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. § 59 UStDV nicht vor. Zwar handelt es sich bei der Klägerin um ein im Ausland ansässiges Unternehmen, das entsprechend § 59 Nr. 2 UStDV nur Umsätze ausgeführt hat, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet (§ 13b UStG). Gleichwohl reicht dies für die Anwendung des Vergütungsverfahrens nicht aus; denn im Fall einer Steuerfestsetzung durch das FA entfaltet § 59 UStDV bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung für gleichzeitig geltend gemachte Vorsteuerbeträge –entgegen der Auffassung des FA– keine Sperrwirkung für das allgemeine Besteuerungsverfahren.

 

EuGH bestätigt Ausschlussfrist im Vorsteuer-Vergütungsverfahren

Die Frist von sechs Monaten, die für die Stellung eines Antrags auf Mehrwertsteuererstattung in Art. 7 Abs. 1 der Achten Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehen ist, ist eine Ausschlussfrist.

Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburgvom  21.6.2012,(Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache C 294/11, Elsacom),

Begründung (FG Köln)
Ausländische Unternehmer können die Erstattung der ihnen im Inland in Rechnung gestellten Umsatzsteuer unter bestimmten Voraussetzungen in einem besonderen Verfahren geltend machen. Für die Vergütung der Vorsteuerbeträge in diesem sog. Vorsteuer-Vergütungsverfahren ist in Deutschland ausschließlich das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bonn zuständig. Klagen gegen Entscheidungen des BZSt können nur beim Finanzgericht Köln eingelegt werden. Dieses hatte daher in der Vergangenheit schon mehrfach über den Charakter der Antragsfrist zu entscheiden. Dabei kam es, wie auch der EuGH, zu dem Ergebnis, dass es sich hierbei um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist handele (so z.B. im Urteil vom 14.3.2012 2 K 508/11).

Auch derzeit sind zu dieser Frage wieder zahlreiche Verfahren beim Finanzgericht Köln anhängig. Der Streit knüpft regelmäßig daran an, dass innerhalb von sechs Monaten nach dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Vorsteuerbeträge angefallen sind, ein vollständig ausgefüllter und ordnungsgemäß unterschriebener Antrag sowie die Originalrechnungen beim BZSt vorliegen müssen.

Für Anträge im Vorsteuer-Vergütungsverfahren gilt ab dem 1.1.2010 nicht mehr die Achte Mehrwertsteuerrichtlinie, sondern eine neue EU-Richtlinie (2008/9), nach deren Art. 15 Abs. 1 Satz 1 nunmehr eine um drei Monate verlängerte Antragsfrist von neun Monaten gilt.