Zum guten Glauben an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen

Der gute Glaube des Leistungsempfängers an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen ist jedenfalls dann nicht schutzwürdig, wenn dieser anhand der Gesamtumstände hätte erkennen müssen, dass es sich bei dem jeweils vermeintlichen Lieferer nur um einen vorgeschobenen Strohmann gehandelt hat.
BFH Beschluss vom 07.12.2016 – XI R 31/14 BFH/NV 2017, 487
Begründung:t:
Der Senat hat in seiner Sitzung vom 31. August 2016 über die Revision beraten. Er hielt einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Hierauf hat die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) mit beim Bundesfinanzhof (BFH) am 24. November 2016 eingegangenen Schreiben vom gleichen Tag im Wesentlichen vorgebracht, dass der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in seinem Urteil PPUH Stehcemp vom 22. Oktober 2015 C-277/14 (EU:C:2015:719, Umsatzsteuer-Rundschau –UR– 2015, 917) den Vorsteuerabzug zugelassen habe, obwohl die Rechnung dem Leistungsempfänger nicht von dem leistenden Unternehmer, sondern von einem Dritten erteilt worden sei.
Zur Begründung seiner Entscheidung verweist der Senat auf das Urteil das in einem Parallelverfahren ergangen ist und dem er sich anschließt.
Der Senat hält es nach Ergehen des EuGH-Urteils über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem unter Beachtung des Effektivitätsgebots einer nationalen Praxis entgegensteht, die einen guten Glauben des Leistungsempfängers an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen nur außerhalb des Steuerfestsetzungsverfahrens im Rahmen eines gesonderten Billigkeitsverfahrens berücksichtigt, und hat deshalb den EuGH angerufen. Denn der gute Glaube des Leistungsempfängers an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen ist jedenfalls dann nicht schutzwürdig, wenn dieser –wie die Vorinstanz in Bezug auf die Klägerin für den Senat i.S. von § 118 Abs. 2 FGO verbindlich festgestellt hat– anhand der Gesamtumstände hätte erkennen müssen, dass es sich bei dem jeweils vermeintlichen Lieferer nur um einen vorgeschobenen Strohmann gehandelt hat. Danach kam die von der Klägerin beantragte Aussetzung des Revisionsverfahrens bis zu einer Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-374/16 gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 74 FGO nicht in Betracht.