Entschädigung für die vorzeitige Beendigung eines Grundstückspachtvertrages

Wird ein mehrjähriger Pachtvertrag nach einem Streit über die Berechtigung der vorzeitigen außerordentlichen Kündigung des Pächters durch gerichtlichen Vergleich vorzeitig beendet und erhält der Verpächter eine Zahlung, die sich an der Höhe der bei regulärer Vertragserfüllung zu zahlenden Pachten, d.h. seinem Erfüllungsanspruch, orientiert, kann es sich um eine Entschädigung handeln, wenn er dem Vergleich unter wirtschaftlichem Druck zugestimmt hat.

BFH Urteil vom 16.09.2015 – III R 22/14 BFH/NV 2016, 26

Sachverhalt:

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte als Baubetreuer Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die er durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Im August 2006 erwarb er aus einer Zwangsversteigerung ein bebautes Grundstück. In dem Gebäude befand sich eine durch Vertrag vom 16. Oktober 1998/12. Januar 1999 verpachtete Diskothek, so dass der Kläger mit Eigentumserwerb Verpächter wurde.

Die Pächterin hatte einen Unterpachtvertrag geschlossen, den sie wegen Verzugs des Unterpächters zum 30. April 2007 fristlos kündigte. Die Pächterin kündigte außerdem den Pachtvertrag mit dem Kläger fristlos am 29. Juni 2007, da das Landratsamt eine Gaststättenerlaubnis für einen neuen Betreiber an Auflagen geknüpft hatte, und stellte die Pachtzahlungen zum 1. Juli 2007 ein. Da der Kläger den Erwerb des Grundstücks vollständig fremdfinanziert hatte, geriet er aufgrund der fehlenden Pachteinnahmen in große wirtschaftliche Schwierigkeiten und konnte seinen Kredit nicht mehr vollständig bedienen.

Die vom Kläger gegen die Pächterin erhobene Klage wurde vor dem Oberlandesgericht am 22. Januar 2009 durch folgenden Vergleich beendet:

Begründung:

Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zutreffend entschieden, dass ein Teilbetrag von 63.382,33 EUR der vom Kläger aufgrund des gerichtlichen Vergleichs vereinnahmten Zahlung auf eine steuerlich begünstigte Entschädigung entfällt.

Auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte ist die Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu berechnen (§ 34 Abs. 1 EStG, sog. Fünftelregelung). Zu den außerordentlichen Einkünften gehören gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG.

Nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG sind Entschädigungen Leistungen, die „als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen” gewährt werden. Zahlungen, die nicht an die Stelle weggefallener Einnahmen treten, sondern bürgerlich-rechtlich Erfüllungsleistungen eines Schuldverhältnisses sind, gehören nicht zu den Entschädigungen. Um eine Entschädigung handelt es sich nur dann, wenn die bisherige Grundlage für den Erfüllungsanspruch weggefallen ist und der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruht. Es reicht daher nicht aus, wenn die bisherige vertragliche Basis bestehen geblieben ist und sich nur Zahlungsmodalitäten geändert haben oder die Vertragsparteien den Vertrag zwar einvernehmlich beenden, aber sich noch zu Zahlungen verpflichten, die bürgerlich-rechtlich Erfüllungsleistungen aus dem beendeten Rechtsverhältnis darstellen. Erforderlich ist vielmehr, dass der Steuerpflichtige durch den Wegfall von Einnahmen einen Schaden erleidet, der durch die Zahlung unmittelbar ausgeglichen werden soll, betreffend Entschädigung des Vermieters für die vorzeitige Aufhebung eines Mietvertrags.

Das FG hat danach zu Recht entschieden, dass der aufgrund des gerichtlichen Vergleichs vom 22. Januar 2009 vom Kläger vereinnahmte (Teil-)Betrag von 63.382,33 EUR keine Erfüllungsleistung aus dem ursprünglichen Pachtvertrag vom 16. Oktober 1998/12. Januar 1999 war. Der Kläger und die Pächterin hatten sich auf eine Beendigung des bis zum 31. März 2010 vereinbarten Pachtverhältnisses geeinigt. Der Zahlungsanspruch beruhte mithin nicht mehr auf dem ursprünglichen Pachtvertrag sondern auf dem gerichtlichen Vergleich vom 22. Januar 2009 als neuer Rechtsgrundlage, und galt in Höhe von 63.382,33 EUR nicht die bis zum Vergleich aufgelaufenen Pachtforderungen des Klägers ab. Insoweit ist unschädlich, dass sich der Vergleichsbetrag an der Höhe der bei regulärer Vertragserfüllung zu zahlenden Pachten, d.h. dem Erfüllungsanspruch des Klägers, orientierte, denn es handelte sich nicht um eine Weiterzahlung des Pachtzinses. Infolge der vorzeitigen Beendigung des Pachtvertrags entfielen vielmehr künftige Einnahmen des Klägers, und die Zahlung diente dem Ausgleich dieses Schadens.

Eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG setzt weiter voraus, dass der Steuerpflichtige unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck stand, wenn der Ausfall der Einnahmen –wie hier durch den gerichtlichen Vergleich– von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung herbeigeführt worden ist. Denn die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG ist nur gerechtfertigt, wenn der Steuerpflichtige sich aufgrund einer Zwangssituation dem zusammengeballten Zufluss der Einnahmen nicht entziehen kann.

Eine derartige Zwangssituation lag nach den –den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden– Feststellungen des FG vor, da der Kläger das Grundstück in voller Höhe fremdfinanziert hatte und deshalb nach Kündigung des Pachtvertrags und Zahlungseinstellung der Pächterin aufgrund der fehlenden Pachteinnahmen in große wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet und seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber der finanzierenden Bank nicht mehr einhalten konnte. Der Kläger hat die Aufhebung des Pachtvertrags durch den gerichtlichen Vergleich mithin nicht freiwillig und aus eigenem Antrieb herbeigeführt.

Auf die Frage, ob bereits die gerichtliche Geltendmachung einer Forderung die Zwangslage indiziert, kommt es hier nicht an.

Im Bereich der Gewinneinkünfte ist eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht anzunehmen, wenn der zur Ersatzleistung führende Sachverhalt sich als ein normaler und üblicher Geschäftsvorfall im Rahmen der laufenden Geschäftsführung darstellt. Dazu rechnen bei Steuerpflichtigen, die im Rahmen ihrer gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit üblicherweise eine Vielzahl von Verträgen abschließen, auch die Kündigung oder Auflösung einzelner Verträge sowie deren Abwicklung nach Leistungsstörungen, wenn nicht dem Unternehmen infolge des schadenstiftenden Ereignisses die Grundlage zum Abschluss einer unbestimmten Vielzahl von Geschäften genommen und dafür Ersatz geleistet wird.

Bei der Verpachtung des Grundstücks, der offenbar unberechtigten fristlosen Kündigung seitens der Pächterin und dem anschließenden Rechtsstreit handelt es sich nach Art und Bedeutung nicht um einen üblichen Geschäftsvorfall im Rahmen der laufenden Geschäftsführung des Klägers. Der Kläger hat auch keine anderen Objekte vermietet.

Da die ermäßigte Besteuerung die sich aus der progressiven Besteuerung ergebenden Härten ausgleichen soll, zählen Entschädigungen i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG grundsätzlich nur dann zu den außerordentlichen Einkünften i.S. von § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EStG, wenn sie zusammengeballt in einem Betrag gezahlt werden und die entgangenen oder entgehenden Einnahmen sich bei normalem Ablauf auf mehrere Jahre verteilt hätten. Der Steuerpflichtige muss mithin mehr erhalten haben, als er ohne das schadenstiftende Ereignis erhalten hätte. Dies trifft im Streitfall ebenfalls zu, da bereits der streitige Teil der aufgrund des Vergleichs vereinnahmten Zahlung die für das Jahr 2009 zu beanspruchende Pacht überstieg.

Dieses Ergebnis widerspricht dem BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 455 nicht. In jener Sache wertete der BFH die von der Verpächterin für die vorzeitige Aufhebung des langfristigen Pachtvertrags vereinnahmte Abstandszahlung nicht als Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a oder Buchst. b EStG, weil sie das Erfüllungsinteresse der Verpächterin abgalt und die vorzeitige Vertragsbeendigung im gegenseitigen Einvernehmen erfolgte. Die Verpächterin befand sich nicht in einer Zwangslage und war praktisch nicht gezwungen, einem Verlangen nach Aufhebung des Vertrags zuzustimmen, sondern konnte frei wählen.

Vorzeitige Beendigung eines im Blockmodell geführten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses

Wird ein im Blockmodell geführtes Altersteilzeitarbeitsverhältnis vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Zeit beendet und erhält der Arbeitnehmer für seine in der Arbeitsphase erbrachten Vorleistungen Ausgleichszahlungen, stellen diese Ausgleichszahlungen Arbeitslohn dar.

Solche Ausgleichszahlungen sind sonstige Bezüge i.S. des § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG, so dass sie nach dem Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zu erfassen sind.

BFH Beschluss vom 15.12.2011, VI R 26/11

Begründung:

Die Ausgleichszahlung stellt einen sonstigen Bezug dar. Sie hat ihre Ursache in der Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Im Blockmodell der Altersteilzeit tritt der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase mit seiner vollen Arbeitsleistung im Hinblick auf die anschließende Freistellungsphase in Vorleistung. Er hat hierdurch Entgelte erarbeitet, die nicht im Monat der Arbeitsphase ausgezahlt, sondern für die spätere Freistellungsphase angespart werden. Der Arbeitnehmer erarbeitet sich damit im Umfang seiner Vorleistungen zum einen Ansprüche auf die spätere Zahlung der Bezüge und zum anderen einen entsprechenden Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistungspflicht. Nur wenn ein im Blockmodell geführtes Altersteilzeitarbeitsverhältnis vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Zeit endet, ist die vom Arbeitnehmer erbrachte Vorleistung zivilrechtlich durch Zahlung eines Entgeltes auszugleichen.

Unabhängig davon, auf welcher zivilrechtlichen Grundlage ein Ausgleich im Streitfall erfolgte, ist das den Ausgleichsanspruch begründende Ereignis daher einzig in der vorzeitigen Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu sehen. Die daraufhin wegen des unvorhergesehenen Abbruchs getätigte Ausgleichszahlung stellt deshalb gerade kein regelmäßig zufließendes Entgelt und mithin keinen laufenden Arbeitslohn i.S. des § 38a Abs. 1 Satz 2 EStG dar. Entgegen der Ansicht der Revision ist es aus diesen Gründen auch nicht entscheidend, dass die in der Arbeitsphase regelmäßig und fortlaufend erbrachte Mehrarbeit des Klägers durch die Ausgleichszahlung vergütet wird.