Bestimmung des Wertaufhellungszeitraums

Der Wertaufhellungszeitraum wird durch die gesetzliche Frist für die Aufstellung des Jahresabschlusses begrenzt. Der Rechtsprechung des BFH ist zu entnehmen, dass der Wertaufhellungszeitraum an dem Tag endet, an dem der Bilanzierende spätestens eine Bilanz hätte erstellen müssen. Nach § 264 Abs. 1 Satz 3 HGB ist für Kapitalgesellschaften der Stichtag der 31. März des jeweiligen Folgejahres.

BFH Beschluss vom 12.12.2012 – IB 27/12 BFHNV 2013 Seite 545

Begründung:

 Die Beschwerde ist nicht begründet.

Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) hat die Klägerin in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich u.a. aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs "Vorschriften für alle Kaufleute" der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB). Sie werden für Kapitalgesellschaften ergänzt durch die Bestimmungen der §§ 264 ff. HGB. Zu den handelsrechtlichen GoB gehört die Pflicht des Kaufmanns, in seiner Bilanz für den Schluss eines Geschäftsjahres seine Verbindlichkeiten (Schulden) vollständig auszuweisen (§ 240 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, § 242 Abs. 1, § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB).

Nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 sind bei der Bewertung –wie beim Ansatz von Wirtschaftsgütern alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind. Wertaufhellende Tatsachen können mithin noch in einem bestimmten zeitlichen Rahmen berücksichtigt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind als "wertaufhellend" nur die Umstände zu berücksichtigen, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorlagen und nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzerstellung lediglich bekannt oder erkennbar wurden. Der Wertermittlung zum Bilanzstichtag zugrunde zu legen ist ein Bilanzansatz damit nur, wenn er spätestens am Tag der Bilanzerstellung erkennbar geworden ist.

"Objektiv" bestand am Bilanzstichtag (dem 31. Dezember 2007) noch kein Anhaltspunkt, der auf eine mögliche dauerhafte Wertminderung der Forderung der Klägerin gegen die A-GmbH hätte hindeuten können. Die Bilanz der Klägerin auf den 31. Dezember 2007 wurde nach den insoweit bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) bis Ende März 2008 erstellt. Der Abschlussbericht der Unternehmensberatungsgesellschaft stammt dagegen vom 24. Juli 2008. Erst ab diesem Zeitpunkt lagen entsprechende Erkenntnisse über eine mögliche Wertminderung vor. Der Wertaufhellungszeitraum wird im Streitfall durch die gesetzliche Frist für die Aufstellung des Jahresabschlusses begrenzt. Nach § 264 Abs. 1 Satz 3 HGB ist danach für Kapitalgesellschaften wie der Klägerin der Stichtag der 31. März 2008. Der Rechtsprechung des BFH ist dabei auch zu entnehmen, dass der Wertaufhellungszeitraum an dem Tag endet, an dem der Kläger spätestens eine Bilanz hätte erstellen müssen. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob –wie die Klägerin meint– von einer wirksamen Erstellung des Jahresabschlusses nur bei Unterschrift durch das zuständige Organ ausgegangen werden kann.