Wertpapiere als gewillkürtes Betriebsvermögen einer freiberuflichen Praxis

Die Wertpapiere können dem gewillkürten Betriebsvermögen einer freiberuflichen Praxis zugeordnet werden, wenn sie ihrer Art nach objektiv geeignet sind, dem Betrieb zu dienen und ihn zu fördern, und subjektiv von ihrem Eigentümer dazu bestimmt sind.

Dies erfordert einen – eindeutig nach außen verbindlich manifestierten, d.h. unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar dokumentierten – Widmungsakt des Wirtschaftsguts für den Einsatz zur Erzielung freiberuflicher Einkünfte.

Werden Wertpapiergeschäfte nicht zeitnah zu ihrer Abwicklung, sondern erst nach Ende des Streitzeitraums erfasst, fehlt ein solcher zeitnah und unumkehrbar dokumentierter Widmungsakt.

BFH Urteil vom 08.02.2011 – VIII R 18/09 BFHNV 2011 S. 1847

Begründung:

Zutreffend gehen die Beteiligten allerdings davon aus, dass auch Freiberufler mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gewillkürtes Betriebsvermögen bilden können, wenn die Einbeziehung der betroffenen Wirtschaftsgüter in den betrieblichen Zusammenhang dem Rahmen betrieblicher Tätigkeit entspricht, der durch das freiberufliche Berufsbild geprägt wird.

Wertpapiere können aber nur dann dem gewillkürten Betriebsvermögen eines Freiberuflers zugerechnet werden, wenn ausschließlich betriebliche Gründe für ihren Erwerb maßgeblich waren. Daran fehlt es indessen, wenn es dem Steuerpflichtigen im Wesentlichen auf den Ertrag aus der Kapitalanlage ankommt  zur Zurechnung der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen.

Im Streitfall fehlt es für die Zuordnung der streitigen Wertpapiere zum Betriebsvermögen schon an dem erforderlichen nach außen erkennbaren Widmungsakt der Klägerin. Denn die Zugehörigkeit des streitigen Wertpapierdepots zum Betriebsvermögen der ärztlichen Praxis der Klägerin ist den im FG-Verfahren vorgelegten Unterlagen (Depot-Unterlagen und Kontenplan) nicht zu entnehmen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf den Vortrag der Kläger, die Erfassung der Wertpapiergeschäfte nicht zeitnah zu ihrer Abwicklung, sondern erst nach Ende des Streitzeitraums 2001 vorgenommen zu haben. Wer, wie die Kläger, Wertpapiere zunächst nicht in seiner Gewinnermittlung berücksichtigt, sondern erst mehr als zwei Jahre nach Ablauf des Veranlagungszeitraums im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den angefochtenen Einkommensteuerbescheid geltend macht, er habe Wertpapiere dem gewillkürten Betriebsvermögen zugerechnet, versucht erst in diesem Zeitpunkt und damit nicht mehr zeitnah die erforderliche Dokumentation des Widmungsaktes zu schaffen.

Auf dieser Grundlage sind die streitigen Wertpapiergeschäfte der Klägerin getrennt von der im Übrigen freiberuflich ausgeübten ärztlichen Tätigkeit der Klägerin als private Veräußerungsgeschäfte zu beurteilen und die aus diesen Geschäften erzielten Verluste –wie vom FA in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zugesagt– gesondert festzustellen.

 

Einlage von Wertpapieren in das Betriebsvermögen eines Arztes

Wertpapiere können in das Betriebsvermögen eines Arztes eingelegt werden, wenn ihre Anschaffung, das Halten und ihr Verkauf ein Hilfsgeschäft der freiberuflichen Tätigkeit darstellen, z.B. in Form eines verbindlich vereinbarten Finanzierungskonzepts für den ärztlichen Betrieb. Ihre Einlage mindert den Betrag der Überentnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 17.5.2011, VIII R 1/08

Begründung:

§ 4 Abs. 4a EStG schließt nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 den Abzug von Schuldzinsen aus, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Dabei werden die nicht abziehbaren Schuldzinsen typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt.

Nach ständiger Rechtsprechung können auch Freiberufler gewillkürtes Betriebsvermögen bilden (zur früheren abweichenden Rechtsprechung). Dies gilt für Geldgeschäfte,wie hier den Erwerb von Wertpapieren, aber nur, wenn dafür ausschließlich betriebliche Gründe maßgeblich sind

Für einen solchen unmittelbaren Zusammenhang der Wertpapiere mit dem freiberuflichen Betrieb reicht es weder aus, dass die Wertpapiere aus betrieblichen Mitteln erworben worden sind  noch dass sie in der Gewinnermittlung ausgewiesen sind noch dass sie als Sicherheit für betriebliche Schulden dienen.

en Einkünften aus selbständiger Arbeit sind sie nur zuzurechnen, wenn sie als Hilfsgeschäft zur freiberuflichen Tätigkeit angesehen werden können. Ein solches Hilfsgeschäft kann z.B. vorliegen, wenn ein als Sicherheit für betriebliche Schulden verpfändetes Wertpapierdepot in seiner Verwendung so festgelegt ist, dass es aus der Sicht der kreditgebenden Bank untrennbarer Bestandteil eines Finanzierungskonzepts für den freiberuflichen Betrieb ist, das über die Verwendung des Depots als Kreditsicherheit hinausgeht.

Verkauf und Wiederkauf von Wertpapieren gleicher Art innerhalb weniger Tage

Werden Wertpapiere, die innerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG mit Verlust veräußert werden, zwei Tage danach in gleicher Art, aber in unterschiedlicher Anzahl und zu unterschiedlichem Kurs wieder gekauft, so liegt hierin kein Gestaltungsmissbrauch i.S. von § 42 AO.

BFH Urteil vom 25.08.2009 IX R 55/07 BFH NV 2010 S. 387 ff

Erläuterungen:

Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG die Wertpapiere innerhalb der maßgeblichen Jahresfrist (Erwerb im Juni, September und Oktober 2000 und Verkauf im Dezember 2000) angeschafft und wieder, wenn auch mit Verlust, zu veräußern sind erfüllt.

Die Kläger haben den aus der Veräußerung der Wertpapiere erwirtschafteten Verlust auch i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG "erzielt"; sie haben mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt. Dieses Merkmal des Steuertatbestandes wird durch die verhältnismäßig kurze (Jahres-)Frist in typisierender Weise objektiviert.

Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. von § 42 AO ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die –gemessen an dem erstrebten Ziel– unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist.

Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll.

Entspricht es aber Sinn und Zweck des § 23 EStG, (nur) realisierte Wertänderungen (in Gestalt von Veräußerungsgewinnen und -verlusten) aus verhältnismäßig kurzfristigen Wertdurchgängen eines Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer zu unterwerfen, stellt es keinen Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO dar, wenn der Steuerpflichtige gleichartige Wertpapiere unmittelbar anschließend oder zumindest kurzfristig nach deren Veräußerung zu unterschiedlichen Preisen wieder erwirbt.

Insoweit bewegt er sich mit seinen Dispositionen angesichts der Schwankungsbreite börsennotierter Wertpapiere und des daraus resultierenden   Kursrisikos   (Volatilität) im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Denn es steht in seinem Belieben, ob, wann und mit welchem Risiko er von ihm gehaltene Wertpapiere ankauft, verkauft und danach wieder kauft und ggf. wieder verkauft. Insoweit handelt es sich bei dem Verkauf von Wertpapieren und dem anschließenden Wiederkauf gleichartiger Wertpapiere zu unterschiedlichen Ankaufs- und Verkaufspreisen um eigenständige und damit separat zu beurteilende Vorgänge, so dass der Veräußerungsvorgang nicht i.S. des § 42 Satz 2 AO eliminiert wird

 

Ankauf und Verkauf gleichartiger Wertpapiere

Werden Wertpapiere, die innerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG mit Verlust veräußert werden, am selben Tage in gleicher Art und Anzahl, aber zu unterschiedlichem Kurs wieder gekauft, so liegt hierin kein Gestaltungsmissbrauch i.S. von § 42 AO.

BFH Urteil vom 25. August 2009 IX R 60/07

Erläuterungen:

Werden Wertpapiere, die innerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit Verlust veräußert werden, am selben Tage in gleicher Art und Anzahl, aber zu unterschiedlichem Kurs wieder gekauft, so liegt hierin kein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 der Abgabenordnung.

So entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 25. August 2009 IX R 60/07 in einem Fall, in dem die Kläger börsennotierte Aktien von zwei Kapitalgesellschaften jeweils innerhalb der Jahresfrist mit Verlust veräußerten und am selben Tag Aktien dieser Gesellschaften in gleicher Art und Anzahl, allerdings zu einem unterschiedlichen Preis wieder erwarben. Das Finanzamt erkannte die Verluste aus dem Verkauf wegen Gestaltungsmissbrauchs nicht an. Dies sahen Finanzgericht und BFH anders.

Wenn es dem Zweck des § 23 EStG entspricht, realisierte Wertänderungen in Gestalt von Veräußerungsgewinnen aus verhältnismäßig kurzfristigen Wertdurchgängen eines Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer zu unterwerfen, stellt es keinen Gestaltungsmissbrauch dar, wenn der Steuerpflichtige gleichartige Wertpapiere kurz nach deren Veräußerung zu unterschiedlichen Preisen wieder erwirbt. Angesichts der Schwankungsbreite börsennotierter Wertpapiere und des daraus resultierenden Kursrisikos bewegt er sich insoweit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Es steht in seinem Belieben, ob, wann und mit welchem Risiko er von ihm gehaltene Wertpapiere ankauft, verkauft und danach wieder ankauft. Bei dem Verkauf von Wertpapieren und dem anschließenden Wiederkauf gleichartiger Wertpapiere zu unterschiedlichen Ankaufs- und Verkaufspreisen handelt es sich um eigenständige und damit auch separat zu beurteilende Vorgänge.

Steuerfreie Provisionserlöse eines Vermögensverwalters

Erhält ein Vermögensverwalter von einer Bank Provisionen für den An- und Verkauf von Wertpapieren im Namen und für Rechnung seines Mandanten, so führt er an die Bank steuerfreie Wertpapierumsätze aus § 4 Nr. 8 e UStG.

Eine (unselbständige) Nebenleistung kommt nur in Betracht, wenn sie gegenüber derselben Person wie die Hauptleistung erbracht wird.
(BFH Urteil vom 18 Juli 2002 V R 44/01).

Geldwerter Vorteil bei Überlassung von Wertpapieren

Überlässt der Arbeitgeber Wertpapiere an seine Arbeitnehmer gegen einen fest und unabänderlich bezifferten Preisnachlass, so bemisst sich der geldwerte Vorteil nach diesem im Überlassungsangebot bezifferten Preisnachlass. § 19a Abs. 8 Satz 2 EStG findet in diesem Fall keine Anwendung.

Der § 19a Abs. 8 Satz 2 EStG greift nach dem Regelungszweck nur dann ein, wenn der aus der verbilligten oder unentgeltlichen Überlassung von Wertpapieren dem Arbeitnehmer erwachsende geldwerte Vorteile zwischen dem Tag des Überlassungsbeschlusses und dem Tag der Überlassung an den Arbeitnehmer Veränderungen unterliegt.

Die Voraussetzung für die Anwendung des § 19 a Abs. 8 EStG ist dann gegeben, wenn dem Arbeitgeber im Zeitpunkt des Überlassungsbeschlusses der dem Arbeitnehmer aus der verbilligten oder unentgeltlichen Überlassung von Wertpapieren der tatsächliche Vorteil im Zeitpunkt der Überlassung noch nicht bekannt ist. In diesem Fall ist auf den Kurswert des Wertpapiers im Zeitpunkt des Überlassungsbeschlusses des Arbeitgebers abzustellen ist.

Gibt der Arbeitgeber in seinem an den Arbeitnehmer gerichteten Überlassungsangebot einen festen Betrag an, zu dem der Arbeitnehmer das Wertpapier verbilligt erwerben kann, so wird der geldwerte Vorteil entsprechend dem Überlassungsangebot bezifferten Preisvorteil bewertet.

(BFH Urteil vom 4. April 2001-VI R 96/00 BFHNV 2001 S.1639).

Insbesondere bei der Bewertung von Wertpapieren an Arbeitnehmer greift die Finanzverwaltung gerne auf die Vorschrift des § 19 a Abs.8 Satz 2 EStG zurück, da diese auf den Kurs im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gesellschaft und nicht auf den tatsächlichen Börsenkursus abstellt. Wenn man nunmehr bedenkt, dass viele Firmen mit Ihren Kursen an der Börse eingebrochen sind ist das Verhalten der Finanzverwaltung verständlich.