Im Unternehmenskaufvertrag vereinbartes Wettbewerbsverbot als Umsatz im Rahmen einer Geschäftsveräußerung

Zu den "Umsätzen im Rahmen einer Geschäftsveräußerung" i.S. von § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG zählen alle in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsvorgang bewirkten Einzelleistungen.

Das in einem Unternehmenskaufvertrag betreffend einen ambulanten Pflegedienst vereinbarte Wettbewerbsverbot kann als Umsatz im Rahmen einer Geschäftsveräußerung nicht steuerbar sein.

BFH Urteil vom 29.8.2012, XI R 1/11

Begründung:

Nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a Satz 2 UStG). Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG).

Nach den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) muss, damit eine Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbständigen Unternehmensteils i.S. von Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG festgestellt werden kann, die Gesamtheit der übertragenen Bestandteile hinreichen, um die Fortführung einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermöglichen. Dies ist vorliegend der Fall.

Soweit das FA vorträgt, B habe den Namen der Klägerin nicht fortgeführt, was zeige, dass der Erwerb des Unternehmens gerade nicht auf die Fortführung, sondern auf die Erweiterung und Sicherung der Marktanteile für B gerichtet gewesen sei, folgt der Senat dem nicht. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH ist lediglich erforderlich, dass der durch die Übertragung Begünstigte beabsichtigt, den übertragenen Geschäftsbetrieb zu betreiben und nicht nur die betreffende Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln.  Es ist daher unerheblich, dass B nicht den Namen der Klägerin weitergeführt hat; entscheidend ist, dass B die Tätigkeit der Klägerin nunmehr im Rahmen ihrer bisherigen eigenen Geschäftstätigkeit fortgeführt hat.

Zu den "Umsätzen im Rahmen einer Geschäftsveräußerung" i.S. von § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG zählen alle in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsvorgang bewirkten Einzelleistungen. Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass das im Streitfall im Unternehmenskaufvertrag vereinbarte Wettbewerbsverbot dazu dient, der übernehmenden B die Fortführung des übertragenen ambulanten Pflegedienstes zu ermöglichen und deshalb in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung steht.

Nach der Würdigung des FG "kommt im vorliegenden Einzelfall dem von der Klin. mit dem Erwerber vereinbarten Konkurrenzverbot keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu. Zwar trifft es zu, dass im Kaufvertrag ein Entgelt für das Wettbewerbsverbot gesondert ausgewiesen ist, welches allerdings mit dem Gesamtkaufpreis abgegolten sein soll. Auch hat der Bekl. zutreffend darauf hingewiesen, dass dieses 38,4 % des Kaufpreises ausmacht. Nach Auffassung des Senats ist die Verpflichtung der Klin., dem Erwerber ‘keine Konkurrenz zu machen’, aber dennoch als einer der Umsätze im Rahmen der Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG anzusehen. Dem gesonderten Ausweis eines Betrages für das Konkurrenzverbot kommt vorliegend nur eine nachrangige Bedeutung zu. Ansonsten könnten Veräußerer und Käufer allein durch den (Nicht-)Ausweis eines gesonderten Entgelts die steuerliche Behandlung der Übertragung des Konkurrenzverbots steuern.

Für die Frage, ob dem vereinbarten Konkurrenzverbot eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt, ist nach Auffassung des Senats vielmehr entscheidend, ob dieses dem Übernehmer die Fortführung des Betriebs ermöglicht. Dabei ist die Art des übertragenen Unternehmens nach Auffassung des Senats von entscheidender Bedeutung. Bei einem ambulanten Pflegedienst, wie es das von der Klin. übertragene Unternehmen darstellt, kommt den immateriellen Wirtschaftsgütern eine wesentliche Bedeutung zu. Die übertragenen Betriebsmittel sind im Verhältnis dazu in der Regel eher von untergeordneter Bedeutung.

Für den Übernehmer eines ambulanten Pflegedienstes ist entscheidend, ob er den Betrieb auf Dauer mit Gewinn fortführen kann. Dabei ist für ihn i.d.R. die Fortführung des bisherigen Namens wesentlich sowie das Vorhandensein von Patienten (dem Kundenstamm). Ferner ist auch die Vereinbarung eines Konkurrenzverbots für die Fortführung des Betriebs von Bedeutung, wobei das Wettbewerbsverbot und der Kundenstamm in der Regel eng miteinander verbunden sein dürften. Dies zeigt sich auch im vorliegenden Fall am Wortlaut des vereinbarten Konkurrenzverbots, wonach sich die Klägerin verpflichtete, ‘insbesondere nach Übertragung des Unternehmens weder mittelbar noch unmittelbar, persönlich oder über Dritte, die vom Käufer übernommenen (und von diesem neu gewonnenen) Patienten abzuwerben oder einem anderen Unternehmen zu empfehlen.