Zuständigkeit zum Erlass einer Prüfungsanordnung vor Wohnsitzwegverlegung vom Betriebssitz

Für die Zuständigkeit zum Erlass einer Prüfungsanordnung sind grundsätzlich die Umstände zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung maßgeblich.

Für die Frage, ob eine gesonderte Feststellung wegen eines Auseinanderfallens von Wohnsitzfinanzamt und Betriebs-, Lage- oder Tätigkeitsfinanzamt durchzuführen ist, kommt es nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO auf die Verhältnisse zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums an. Nachträglich eintretende Veränderungen sind ohne Bedeutung. Ist danach keine gesonderte Feststellung durchzuführen, kann über § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO auch keine örtliche Zuständigkeit des Betriebsfinanzamts begründet werden.

Die Frage, ob in dem Fall, dass ein Steuerpflichtiger nach Ablauf des Gewinnermittlungszeitraums seinen Wohnsitz vom bisherigen Betriebssitz wegverlagert, das bisherige Wohnsitzfinanzamt vor der Wohnsitzverlagerung auch zuständig für den Erlass der Prüfungsanordnung hinsichtlich der betrieblichen Einkünfte bleibt, ist nicht klärungsbedürftig, da sie sich nach § 19 Abs. 1 Satz 1, § 26 Satz 1 AO eindeutig bejahen lässt.

BFH Beschluss vom 26.02.2014 – III B 123/13 BFHNV 2014 S. 824 f.

Begründung:

Die von dem Kläger als klärungsbedürftig angesehene Rechtsfrage, ob die unterjährige Verlegung des Betriebssitzes und das damit verbundene, erstmalige Auseinanderfallen von Wohnsitz und Betriebsstätte einen Wechsel der Zuständigkeit gemäß § 26 Satz 1 AO i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO für die Anordnung einer Außenprüfung nach sich zieht, verleiht der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Denn die Rechtsfrage lässt sich –soweit sie sich auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation bezieht– unmittelbar aus dem Gesetz beantworten.

Nach § 196 AO bestimmt die Finanzbehörde den Umfang der Außenprüfung in einer schriftlich zu erteilenden Prüfungsanordnung.

Da die Außenprüfung ein Vorgang des Besteuerungsverfahrens ist, richtet sich die örtliche Zuständigkeit, soweit keine Sonderregeln bestehen, nach den §§ 18 ff. AO (§ 17 AO). Die Bestimmung des § 195 Satz 1 AO, wonach die Außenprüfung von den für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden durchgeführt wird, dient daher nur der Klarstellung. Zwar bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit für die Veranlagung grundsätzlich nach den Verhältnissen zur Zeit der Veranlagung. Entsprechend sind auch für die Zuständigkeit zum Erlass einer Prüfungsanordnung grundsätzlich die Umstände zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung maßgeblich.

Von dieser allgemeinen Regel enthält jedoch § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO für gesonderte Feststellungen insoweit eine Ausnahme, als für die Frage, ob eine gesonderte Feststellung wegen eines Auseinanderfallens von Wohnsitzfinanzamt und Betriebs-, Lage- oder Tätigkeitsfinanzamt durchzuführen ist, auf die Verhältnisse zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums abzustellen ist..

Tritt ein Auseinanderfallen von Wohnsitzfinanzamt und Betriebsfinanzamt erst nach Ablauf des Gewinnermittlungszeitraums ein, findet nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO keine gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb statt. Der Schluss des Gewinnermittlungszeitraums entscheidet endgültig über die Feststellungsnotwendigkeit,

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 AO ist für die Besteuerung natürlicher Personen nach dem Einkommen das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Wohnsitzfinanzamt). Geht die örtliche Zuständigkeit durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände von einer Finanzbehörde auf eine andere Finanzbehörde über, so tritt gemäß § 26 Satz 1 AO der Wechsel der Zuständigkeit in dem Zeitpunkt ein, in dem eine der beiden Finanzbehörden hiervon erfährt. Tritt –wie im Streitfall– der Wohnsitzwechsel erst nach dem maßgeblichen Verwaltungshandeln (hier dem Erlass der Prüfungsanordnung) ein, verbleibt es bei der durch § 19 Abs. 1 Satz 1 AO begründeten Zuständigkeit des bisherigen Wohnsitzfinanzamts, da sich die Umstände, welche die Zuständigkeit begründen, im Zeitpunkt des Verwaltungshandelns noch nicht i.S. des § 26 Satz 1 AO verändert haben.