Keine Differenzbesteuerung für zerlegte Fahrzeuge

Wer durch Zerlegen von Altfahrzeugen gewonnene Einzelteile veräußert, unterliegt der Regelbesteuerung.

FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 01.10.2015; 7 K 7183/13

Begründung:

Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass der Wortlaut des § 25a UStG dafür spricht, dass nur solche Umsätze in den Anwendungsbereich des § 25a UStG fallen, bei denen (neben weiteren hier nicht streitigen Voraussetzungen) ein und derselbe Gegenstand vom Unternehmer erworben und unter Beibehaltung der Identität des Gegenstands weiterveräußert wird. Dies ergibt sich aus folgenden Formulierungen des § 25a UStG.

Die beim Kläger womöglich vorhandene Vorstellung, er erwerbe mit einem gebrauchten, nicht mehr funktionstüchtigen Motorrad eine Gesamtheit von einzelveräußerbaren Ersatzteilen, steht nicht im Einklang mit der im Geschäftsverkehr üblichen Betrachtung eines solchen Vorgangs, wonach ein Motorrad (auch wenn es nicht mehr fahrtüchtig ist) ein aliud gegenüber der Summe der Einzelteile darstellt. Dies gilt auch umgekehrt, d.h., selbst wenn der Kläger sämtliche Einzelteile eines Motorrads bis zur letzten Schraube veräußert, steht dies nicht der Veräußerung eines vollständigen Motorrads gleich, auch nicht der Veräußerung eines funktionsunfähigen Motorrads.

Soweit der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, die von ihm erworbenen Motorräder seien bereits im zerlegten Zustand erworben worden, hält das Gericht dies nicht für glaubhaft. Denn dieser Vortrag steht im Widerspruch zu der seit 2011 kontinuierlich vorgetragenen Darstellung, nach der der Kläger durch das Zerlegen von Motorrädern gewonnene Einzelteile veräußert hat. Auch aus den Kaufverträgen für die angeblich zerlegt erworbenen Motorräder ergeben sich dafür keine Anhaltspunkte. Allein die Angabe „Garagenfund“ lässt noch nicht auf ein zerlegtes Fahrzeug schließen. Sie kann auch für eine lange Standzeit stehen. Vielmehr spricht die Anzeige auf … für die C4…, die ein vollständig aufgebautes Motorrad zeigt und auch in ihrem Text keinen Hinweis auf eine bereits erfolgte Zerlegung enthält (Bl. 77 Gerichtsakte), gerade gegen die Darstellung des Klägers. Da der Kläger auf weitere Ermittlungen verzichtet und um eine Entscheidung nach Aktenlage gebeten hat, ist das Gericht diesem Wunsch gefolgt.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Beschränkung der Differenzbesteuerung auf den Verkauf von Gegenständen, die mit den erworbenen Gegenständen identisch sind, auf der Erwartung beruhen dürfte, dass typischerweise die durch einen solchen Handel erzielbare Wertschöpfung geringer ist als die, die sich erzielen lässt, wenn erworbene und verkaufte Gegenstände nicht mehr identisch sind. Im Streitfall wurde durch die Tätigkeit des Klägers eine erhebliche Wertschöpfung erzielt. Dies belegen die aus den übersandten Unterlagen (Beispielsfälle) ersichtlichen Ergebnisse, die ausweisen, dass der Kläger als Bruttoerlös das 3,5fache (C1…), 3,7fache (C2…), 8fache (C3…) und 1,8fache (C4…) des Einkaufspreises erzielt hat. Dass bei aufwändig instandgesetzten Einzelgegenständen ähnliche oder noch höhere Aufschlagsätze erzielt werden können, steht dem nicht entgegen, weil der Richtliniengeber im Interesse einer praktikablen Regelung nicht umhin konnte, solche „Ausreißer“ ebenfalls zu erfassen.