Zinsen auf nachträgliche Anschaffungskosten einer aufgegebenen GmbH-Beteiligung (vor 1999)

Schuldzinsen für die Finanzierung nachträglicher Anschaffungskosten einer aufgegebenen Beteiligung i.S. von § 17 EStG sind auch dann Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn der Zeitpunkt der Aufgabe vor dem Veranlagungszeitraum 1999 lag.

BFH Urteil vom 29.10.2013, VIII R 13/11

Begründung:

Zu Recht hat das FG die Zinsen auf das Darlehen der Bank, soweit sie im Streitjahr anteilig auf die Finanzierung der nachträglichen Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung –in Gestalt der Inanspruchnahme des Klägers als selbstschuldnerischen Bürgen für die Schulden der GmbH– entfielen, als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt.

Wie der Senat erkannt hat, ist ab dem Veranlagungszeitraum 1999 ein gesetzlicher Paradigmenwechsel bei der Besteuerung der Veräußerung oder Aufgabe von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften nach § 17 EStG eingetreten, sodass nachlaufende Schuldzinsen aus der Finanzierung des Beteiligungserwerbs, die nicht durch den Veräußerungserlös oder die Verwertung zurückbehaltener Wirtschaftsgüter beglichen werden können, ab dem Veranlagungszeitraum 1999 grundsätzlich als nachträgliche Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen abzuziehen sind.

Der Streitfall unterscheidet sich von jenen Fällen dadurch, dass der Aufgabezeitpunkt vor dem Veranlagungszeitraum 1999 lag. Dies führt jedoch nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Maßgeblich kommt es vielmehr auf die Verhältnisse des Streitjahres an und damit darauf, ob der Kläger im Streitjahr Zinsen gezahlt hat, die auf einer Darlehensverpflichtung beruhen, die entscheidend durch seine Beteiligung an der GmbH ausgelöst war.

Die hälftige Abzugsbeschränkung gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG ist auf die dem Kläger im Streitjahr entstandenen Finanzierungskosten nicht anwendbar. Nach dieser Norm in ihrer für das Streitjahr geltenden Fassung dürfen u.a. Werbungskosten, die mit den in § 3 Nr. 40 EStG genannten Einnahmen (u.a. dem Veräußerungspreis oder dem gemeinen Wert i.S. von § 17 Abs. 2 EStG) im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden, und zwar unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Einnahmen anfallen (Halbeinkünfteverfahren). Die Rechtsnorm ist nach § 52 Abs. 8a EStG erstmals auf Aufwendungen anzuwenden, die mit Erträgen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, auf die § 3 Nr. 40 EStG "erstmals" anzuwenden ist. Dies betrifft grundsätzlich erstmals Erträge des Veranlagungszeitraums 2002, wobei sich Differenzierungen ergeben können, die gegebenenfalls die Jahre 2001 und 2003 betreffen. Im Streitfall unterfallen die Einkünfte des Klägers aus der GmbH-Beteiligung und ihrer Aufgabe aber keinesfalls diesem zeitlichen Anwendungsbereich, da er die Beteiligung infolge des Konkurses der GmbH geraume Zeit vor dem Streitjahr 2001 aufgegeben hatte.

 

Steuerpflicht von Zinsen aus Lebensversicherungen; steuerschädliche Darlehensverwendung

Wird ein Darlehen, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden, auf ein Kontokorrentkonto ausgezahlt, auf dem auch andere Zahlungseingänge verbucht werden und erfolgt über dieses Konto nicht nur die Anschaffung des Wirtschaftsguts, für welches das Darlehen aufgenommen wurde, sondern werden darüber auch andere Zahlungen geleistet, so erfüllt das Darlehen bereits wegen der Vermischung der Darlehensmittel mit anderen Geldbeträgen nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG.

Wird ein durch eine Kapitallebensversicherung abgesichertes Darlehen teilweise steuerschädlich verwendet, sind die Zinsen aus der Lebensversicherung in vollem Umfang nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG steuerpflichtig.

BFH Urteil vom 24. November 2009 VIII R 29/07

Begründung:

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG sind Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, steuerpflichtig. Von dieser Steuerpflicht begründet Satz 2 der Vorschrift eine Ausnahme für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG können mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden.

Da es sich bei der Lebensversicherung des Klägers nicht um eine Direktversicherung handelt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b EStG) und auch der Sonderfall des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG nicht gegeben ist (Besicherung betrieblich veranlasster Darlehen nicht länger als drei Jahre), kann die Steuerpflicht nur entfallen, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG erfüllt sind. Das setzt ein Darlehen voraus, das unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist. Daran mangelt es im Streitfall. Denn die zwischen den Beteiligten allein umstrittene Frage, ob das durch die Lebensversicherung abgesicherte Darlehen "unmittelbar und ausschließlich" der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Windenergieanlage gedient hat, ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz zu verneinen.

 

 

Finanzierungskosten von Beiträgen für eine zur Sicherung eines Anschaffungsdarlehens abgetretenen Lebensversicherung

Dient eine Kapitallebensversicherung der Rückzahlung von Darlehen, die zum Erwerb von Mietgrundstücken aufgenommen worden sind, so sind die Zinsen für ein zur Finanzierung der Versicherungsbeiträge aufgenommenes Darlehen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar.

BFH Urteil vom 25. Februar 2009 IX R 62/07

Erkäuterungen:

Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 25. Februar 2009 IX R 62/07 den Werbungskostenabzug von Zinsen für ein Darlehen zur Finanzierung der Beiträge für eine Kapitallebensversicherung zugelassen, wenn die Versicherung als Bestandteil eines einheitlichen Gesamtkonzepts zur Finanzierung der Anschaffungskosten von Mietgrundstücken dient, für deren Erwerb Darlehen aufgenommen worden sind.

Im entschiedenen Fall hatte der Kläger im Zusammenhang mit dem Kauf verschiedener, für Vermietungszwecke vorgesehener Immobilien Darlehen aufgenommen, deren Rückzahlung durch gleichzeitig abgeschlossene Kapitallebensversicherungen mit einer Mindestlaufzeit von 12 Jahren erfolgen sollte. Die Ansprüche aus den Lebensversicherungen wurden an die finanzierenden Kreditinstitute abgetreten. Die Versicherungsprämie finanzierte der Kläger durch verzinsliche Darlehen, wodurch ihm die Aufwendungen entstanden, über deren Abziehbarkeit zu entscheiden war.

Das Finanzgericht hatte die Zinsaufwendungen für die Versicherungsbeiträge nicht als Werbungskosten zum Abzug zugelassen, da die Schuldzinsen auch der Absicherung des Todesfallrisikos dienten.

Schuldzinsen sind nach ständiger Rechtsprechung abziehbare Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige ein Darlehen dazu verwendet, um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, insbesondere indem er damit Anschaffungskosten eines der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudes finanziert. So beurteilte der BFH im jetzt entschiedenen Fall auch die Schuldzinsen, die der Kläger aufwenden musste, weil er die – selbst nicht abziehbaren – Prämienzahlungen durch Darlehen finanziert hat. Während mit den Versicherungsbeiträgen die Anschaffungsdarlehen getilgt werden und sie deshalb zum privaten Vermögensbereich des Darlehensnehmers zählen, dienen die genannten Schuldzinsen der Finanzierung der Tilgung der Anschaffungskosten und sind deshalb in gleicher Weise zu beurteilen wie Schuldzinsen für ein Anschaffungsdarlehen. Entscheidet sich der Steuerpflichtige – anstelle einer Langfristfinanzierung allein durch Darlehen – für eine kürzere Laufzeit der Finanzierung unter Einsatz von Kapitallebensversicherungen, so würde seine Finanzierungsfreiheit in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt, wenn der wegen der kürzeren Finanzierungszeit höhere Finanzierungsaufwand nicht realitätsgerecht berücksichtigt würde.