Prüfung des Vorliegens einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG

Für die Frage einer außerbilanziellen Hinzurechnung im Rahmen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist insbesondere zu beurteilen, ob ein Vermögensvorteil zugewendet wurde, der bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt worden wäre. Davon zu unterscheiden und nicht mehr von Relevanz für den vGA-Tatbestand ist die Frage, ob und in welcher Höhe ein solcher Bezug dem Gesellschafter zufließt.

BFH Beschluss vom 07.06.2016 – IB 6/15 BFH/NV 2016, 1496

Begründung:

Diese Anforderungen hat die Klägerin mit ihrer Beschwerdebegründung nicht erfüllt. Soweit die Klägerin die Rechtsfrage aufwirft, ob eine Auslegung des Begriffs der “Güter in Geld” in § 8 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zulässig sei, die gesetzliche Zahlungsmittel ausschließe und damit zu einer Einschränkung des Nominalwertprinzips führe, was die Notwendigkeit der Bewertung des ausgeschlossenen “Geldes” bedinge, wodurch die Möglichkeit zur Annahme einer vGA bestehe, hat sie die Klärungsfähigkeit nicht herausgearbeitet.

Ihrem Vorbringen ist insbesondere nicht schlüssig zu entnehmen, inwiefern die Auslegung des § 8 Abs. 1 EStG für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich ist. Dies gilt auch, soweit dessen Grundsätze für das Vorliegen von Betriebsausgaben i.S. des § 4 Abs. 4 EStG von Bedeutung sind. Zwischen den Beteiligten steht weder die Bemessung der den Gesellschaftern und den leitenden Angestellten zugeflossenen Einnahmen in Streit noch die Höhe der im Rahmen der Bilanz der Klägerin anzusetzenden Betriebsausgaben, die das FG –ebenso wie die Klägerin– mit der Differenz zwischen den sich aus dem jeweils maßgeblichen Goldpreis zuzüglich des Agios ergebenden Anschaffungskosten auf der einen und dem Nominalwert der Münzen auf der anderen Seite berechnet. Vielmehr ist für die Frage einer außerbilanziellen Hinzurechnung im Rahmen einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes insbesondere zu beurteilen, ob ein Vermögensvorteil zugewendet wurde, der bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt worden wäre.

Die Ausführungen der Klägerin, dass eine als Betriebsausgabe zu wertende Lohnzahlung zum Nominalwert nicht gleichzeitig eine vGA einer Geschäftschance sein könne, erschöpfen sich in der diesbezüglichen Behauptung und legen die Erheblichkeit der aufgestellten Rechtsfrage weder für den Begriff und die Bemessung des Vermögensvorteils noch für den anzustellenden Fremdvergleich hinreichend dar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des Umstandes, dass die vGA lediglich die Eignung der bei der Körperschaft eingetretenen Unterschiedsbetragsminderung, beim Gesellschafter einen sachlich korrespondierenden Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen, voraussetzt.

Soweit die Klägerin die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (§ 76 Abs. 1 FGO) mit der Begründung rügt, das FG habe im Rahmen der vGA für die leitenden Angestellten ein Näheverhältnis angenommen, ohne hierüber Beweis zu erheben, hat sie einen zur Zulassung der Revision führenden Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht schlüssig geltend gemacht.

Wird ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht mit der Begründung gerügt, das FG habe auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, ist eine genaue Angabe der Tatsachen erforderlich, die, obwohl kein Beweisantrag übergangen wurde, den Mangel bei der Aufklärung des Sachverhaltes erweisen. Zu diesen Tatsachen gehört vor allem die Bezeichnung der Beweismittel, die das FG nicht erhoben hat, deren Erhebung sich aber dem FG als Tatsachengericht auch ohne besonderen Antrag als noch erforderlich hätte aufdrängen müssen. Dies erfordert nicht nur die genaue Angabe des Beweisthemas und der Beweismittel, die das Gericht nicht berücksichtigt hat. Geboten ist darüber hinaus die Darlegung, welches Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme nach Auffassung der Klägerin erbracht hätte und wieso dieses Ergebnis zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können.

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Insbesondere stellt die Klägerin weder konkrete –für die Beantwortung der rechtlichen Frage nach dem Bestehen eines Näheverhältnisses bedeutsame– Tatsachenbehauptungen auf, die sich bei einer weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten. Noch wird ausgeführt, aus welchen Gründen sich dem FG hier die Erhebung der –von der Klägerin nicht näher bezeichneten– Beweismittel hätte aufdrängen müssen.

Zufluss von Vergütungen bei einem beherrschenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft

Ein Zufluss einer Vergütung beim beherrschenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist im Falle fehlender Zahlung oder Gutschrift (auf dem Empfängerkonto) setzt nicht zwingend voraus, dass die Forderung des beherrschenden Gesellschafters zivilrechtlich fällig ist.

BFH  Beschluss vom 2.6.2014, III B 153/13

Begründung:

Die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob der Zufluss einer Vergütung beim beherrschenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft im Falle fehlender Zahlung oder Gutschrift (auf dem Empfängerkonto) zwingend voraussetzt, dass die Forderung des beherrschenden Gesellschafters zivilrechtlich fällig ist, bedarf keiner Klärung, da sie durch die Rechtsprechung des BFH bereits hinreichend geklärt ist.

anach ist bei einem beherrschenden Gesellschafter der Zufluss eines Vermögensvorteils nicht erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto des Gesellschafters, sondern bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung anzunehmen, da ein beherrschender Gesellschafter es regelmäßig in der Hand hat, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen. Diese Zuflussregel gilt jedenfalls dann, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist und sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet. Gesichtspunkte, die eine erneute Prüfung dieser Rechtsfrage geboten erscheinen lassen, ergeben sich aus der Beschwerdebegründung nicht. Ob für den Zufluss von Gewinnanteilen beim beherrschenden Gesellschafter andere Grundsätze gelten

Zufluss von Kapitaleinnahmen aus Schneeballsystemen

Gutschriften aus Schneeballsystemen führen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen, wenn der Betreiber des Schneeballsystems bei entsprechendem Verlangen des Anlegers zur Auszahlung der gutgeschriebenen Beträge leistungsbereit und leistungsfähig gewesen wäre (Bestätigung der Rechtsprechung).

An der Leistungsbereitschaft des Betreibers des Schneeballsystems kann es fehlen, wenn er auf einen Auszahlungswunsch des Anlegers hin eine sofortige Auszahlung ablehnt und stattdessen über anderweitige Zahlungsmodalitäten verhandelt. Einer solchen Verweigerung oder Verschleppung der Auszahlung steht es nicht gleich, wenn der Betreiber des Schneeballsystems den Anlegern die Wiederanlage nahelegt, um den Zusammenbruch des Schneeballsystems zu verhindern, die vom Anleger angeforderten Teilbeträge jedoch auszahlt.

BFH Urteil vom 11.2.2014, VIII R 25/12

Begründungt:

Mit Urteil vom 11. Februar 2014 VIII R 25/12 hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) seine Rechtsprechung zur Besteuerung von Einkünften aus der Beteiligung an einem sog. Schneeballsystem bestätigt. Danach hat der Anleger nicht nur die vom Betreiber des Systems als Zinsen geleisteten Zahlungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern, vielmehr können auch Zinsgutschriften oder die Wiederanlage fälliger Zinsbeträge zu solchen Einkünften führen.

Der Streitfall betraf einen Anleger, der hochverzinsliche Kapitalanlagen bei dem Betreiber eines Schneeballsystems abgeschlossen hatte. Er erhielt daraus Gutschriften über Zinserträge, die er sich teilweise auszahlen ließ und teilweise wieder anlegte. Das Anlagekapital war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr vorhanden, sodass der Betreiber des Schneeballsystems den Kläger und die übrigen Anleger telefonisch jeweils aufforderte, den fälligen Zinsbetrag erneut anzulegen. Kamen die Anleger dieser Aufforderung nicht nach, erfüllte er die Auszahlungswünsche.

Der BFH hat entschieden, dass der Anleger steuerbare Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht nur erzielt, wenn Zinsen tatsächlich ausgezahlt werden, sondern bereits dann, wenn Erträge gutgeschrieben werden und sofort wieder angelegt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Betreiber des Schneeballsystems leistungsbereit und leistungsfähig ist. Dies ist der Fall, solange er Auszahlungsverlangen des jeweiligen Anlegers tatsächlich erfüllt. Dann steht der Steuerpflicht der Kapitalerträge nicht entgegen, dass der Betreiber des Schneeballsystems die Auszahlungswünsche sämtlicher Anleger nicht mehr befriedigen könnte, da bereits ein Verlust der Anlagesumme eingetreten ist. Der VIII. Senat hat damit sein Urteil vom 16. März 2010 VIII R 4/07 bestätigt.

 

Zufluss von Pachtzahlungen in Geldeswert

Pachtzahlungen, die von der Pächterin einer Fondsimmobilie an die am Immobilienfonds beteiligten Gesellschafter in Form von Hotelgutscheinen ("Wertschecks") erbracht werden und die die Gesellschafter zum Bezug von Hoteldienstleistungen der Pächterin berechtigen, sind als Einnahmen in Geldeswert bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Fondsgesellschaft zu erfassen.

Der für den Zufluss maßgebliche geldwerte Vorteil besteht in der möglichen Inanspruchnahme der versprochenen Hoteldienstleistungen und fließt erst im Zeitpunkt der Verwertung dieses Rechts zu.

BFH Urteil vom 21.08.2012 – IX R 55/10 BFHNV 2013 S. 354

 Begründung:

Gegenleistungen für die zeitliche Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung von unbeweglichem Vermögen oder aus der Veräußerung von Pachtzinsforderungen sind Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 4 EStG. Diese sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG innerhalb des Kalenderjahrs bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind, er also im Rahmen einer der Einkunftsarten wirtschaftlich über die nach § 8 Abs. 1 Satz 1 EStG in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter verfügen kann oder verfügt hat.

Zwischen Einnahmen in Geld und solchen in Geldeswert unterscheidet der BFH anhand des Rechtsgrunds des Zuflusses. Kann der Steuerpflichtige letztlich (nur) eine Sachleistung beanspruchen, handelt es sich um eine Einnahme in Geldeswert. Kann er dagegen die Auszahlung in Geld verlangen, so liegt eine Einnahme in Geld vor. Bei Gutscheinen, die den Steuerpflichtigen lediglich zum Bezug einer von ihm selbst auszuwählenden Sach- oder Dienstleistung berechtigen und die bei einem Dritten einzulösen oder auf den Kaufpreis anzurechnen sind, liegt ein Sachbezug vor. Unerheblich ist insoweit, dass solche Gutscheine im täglichen Leben ggf. wie Bargeld verwendbar sein mögen. Denn trotz einer gewissen Handelbarkeit oder Tauschfähigkeit besteht ein solcher Gutschein nicht in Geld im Sinne der Negativabgrenzung in § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG und bleibt daher Sachbezug.

Während Geldbeträge dem Empfänger regelmäßig schon dadurch zufließen, dass sie ihm bar ausgezahlt oder seinem Bankkonto gutgeschrieben werden, führt das bloße   Innehaben   anderer Ansprüche oder Rechte auf geldwerte Vorteile nach ständiger Rechtsprechung des BFH (noch) nicht zum Zufluss von Einnahmen. Dieser liegt grundsätzlich erst in der   Erfüllung   eines solchen Anspruchs, also wenn das wirtschaftliche Eigentum an einem versprochenen Gegenstand verschafft oder die geschuldete Leistung tatsächlich erbracht wird. Im Einzelfall hat das FG aufgrund einer Tatsachenwürdigung zu entscheiden, ob die versprochene Leistung auf das Verschaffen der Nutzung selbst oder lediglich der Nutzungsmöglichkeit gerichtet ist.

Das Urteil des FG entspricht diesen Grundsätzen nicht. Es ist deshalb aufzuheben. Zwar geht das FG bezüglich der Hotelgutscheine zutreffend von (Pacht-)Einnahmen der Klägerin in Geldeswert aus und hält es insoweit für unbeachtlich, dass die Pächterin die Gutscheine im abgekürzten Leistungsweg  direkt an die Gesellschafter ausgegeben hat. Zu Unrecht nimmt das FG allerdings an, dass diese Einnahmen der Klägerin bereits mit Aushändigung der Wertschecks an die Gesellschafter zugeflossen sind.

Entgegen der Auffassung des FG sind die ausgegebenen Hotelgutscheine keine bargeldlosen, scheckähnlichen (Pacht-)Zahlungsmittel. Sie genügen schon nicht den formalen Anforderungen des Scheckgesetzes und sind insbesondere nicht auf die Zahlung einer bestimmten Geldsumme, sondern lediglich auf einen Preisnachlass bei Inanspruchnahme bestimmter   Hoteldienstleistungen   der Pächterin gerichtet. Anders als Barzahlungs- oder auch Verrechnungsschecks decken sie als "verbrieftes Nutzungsrecht" nur ein eng umgrenztes Leistungsspektrum ab, eine (wahlweise) Barauszahlung ist nicht möglich. Diese in Geldeswert bestehende Pachtzahlung fließt der Klägerin erst mit Einräumung der konkreten Nutzungsmöglichkeit für den einzelnen Gesellschafter als Entgelt nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG oder –im Fall des Verkaufs der Gutscheine– dem Gesellschafter als Veräußerungspreis i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zu und ist nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG bei Inanspruchnahme mit dem Nominalwert, im Verkaufsfall dagegen mit dem tatsächlich erzielten Veräußerungspreis, zu bewerten.

 

Zufluss und Bewertung von Aktienoptionsrechten für Arbeitnehmer

Der Vorteil aus einem vom Arbeitgeber eingeräumten Aktienoptionsrecht fließt dem Arbeitnehmer zu, wenn der Arbeitnehmer das Recht ausübt oder anderweitig verwertet. Eine solche anderweitige Verwertung liegt insbesondere vor, wenn der Arbeitnehmer das Recht auf einen Dritten überträgt.  

Der Vorteil bemisst sich nach dem Wert des Rechts im Zeitpunkt der Verfügung darüber.

BFH Urteil vom 18.9.2012, VI R 90/10

Begründung:

Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Dementsprechend kann auch die Gewährung eines Ankaufs-/Optionsrechts zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit führen.

Nach der mittlerweile ständigen Senatsrechtsprechung fließt i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG der Vorteil aus einem solchen Optionsrecht dem Arbeitnehmer allerdings nicht schon mit der Einräumung des (Options-)Rechts, zu einem späteren Zeitpunkt Aktien verbilligt zu erwerben, zu, sondern erst mit Ausübung der Option durch den verbilligten Erwerb der Aktien selbst. Denn der für den Zufluss von Arbeitslohn maßgebliche geldwerte Vorteil in Form des auf den Aktienerwerb gewährten Preisnachlasses gelangt regelmäßig erst aufgrund der Ausübung der Option in das wirtschaftliche Eigentum des Arbeitnehmers.

Der Vorteil aus einer Optionsgewährung fließt dem Arbeitnehmer als Optionsnehmer nicht nur dadurch zu, dass er die Optionsrechte ausübt, sondern auch dadurch, dass der Arbeitnehmer die Optionsrechte anderweitig verwertet. Eine solche anderweitige Verwertung liegt regelmäßig vor, wenn der Arbeitnehmer über das Recht verfügt, so etwa, wenn der Arbeitnehmer ein Wandeldarlehen samt damit verbundenem Wandlungsrecht gegen Entgelt auf einen Dritten überträgt  oder der Arbeitnehmer auf ein ihm zugewandtes Aktienankaufsrecht gegen Entgelt verzichtet . Denn auch durch solche anderweitigen Verwertungen dieser Optionsrechte kann der Arbeitnehmer den diesen innewohnenden Wert realisieren.

Der einkommensteuerrechtlich maßgebende Zuflusszeitpunkt des aus einer Option stammenden Vorteils richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Verwertung des Rechts. Das ist im Falle der Optionsausübung regelmäßig der Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien, nämlich der Zeitpunkt der Einbuchung der Aktien in das Depot des Arbeitnehmers. Soweit der Arbeitnehmer über das Optionsrecht anderweitig verfügt, ist der Vorteil aus der Verwertung dieses Rechts im Zeitpunkt der Verfügung darüber zu erfassen, nämlich im Zeitpunkt der Übertragung des Rechts.

 

Einzahlungen auf einem sog. Zeitwertkonto führen auch bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer

Einzahlungen auf einem sog. Zeitwertkonto führen auch bei einer Gesellschafter-Geschäftsführerin im Einzahlungsjahr noch nicht zu steuerpflichtigem Zufluss von Arbeitslohn.

Hessische Finanzgericht Urteil 19.01. 2012 vom Az. 1 K 250/11.

Begründung:

Die Klägerin war beherrschende Gesellschafterin und gleichzeitig angestellte Geschäftsführerin einer GmbH. Im Jahre 2008 hatte sie mit der GmbH die Ansammlung von Wertguthaben auf einem sog. Zeitwertkonto vereinbart. Im Jahre 2009 wurde zusätzlich eine sog. Zeitwertkontengarantie vereinbart, wonach die GmbH als Arbeitgeberin für alle Einzahlungen ab dem 1.1.2009 die Rückzahlung in voller Höhe garantierte.

Für 2009 setzte das Finanzamt bei der Klägerin Einkommensteuer für die Zuführungen auf dem Zeitwertkonto fest. Die Klägerin sei als GmbH-Geschäftsführerin sowohl Arbeitnehmerin als auch Organ der Gesellschaft. Deshalb führe bereits die Gutschrift des künftig fälligen Arbeitslohns auf dem Zeitwertkonto zum Zufluss von Arbeitslohn.

Das Hessische Finanzgericht gab der Klage statt. Die Einzahlungen auf dem Zeitwertkonto der Klägerin seien gemäß §§ 8 Abs. 1, 11 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) im Streitjahr 2009 nicht als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu erfassen.

Die Klägerin sei zwar beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführerin gewesen, habe jedoch als Geschäftsführerin und damit als Arbeitnehmerin nichtselbständige Einkünfte erzielt. Entscheidend sei somit, wann ihr tatsächlich Arbeitslohn zugeflossen sei. Dies sei nicht schon im Jahre 2009 der Fall gewesen. Denn die einzelnen Beträge seien weder bar ausgezahlt noch einem ihrer Konten bei einem Kreditinstitut oder einem von der GmbH für sie geführten Konto gutgeschrieben worden. Auch die Bilanzierung der Verbindlichkeiten durch die GmbH führe nicht zu einem Zufluss. Die Klägerin habe auf das Zeitwertkonto auch nicht frei zugreifen können und nicht das wirtschaftliche Risiko eines Verlustes auf dem Zeitwertkonto getragen. Vielmehr sei das dortige Guthaben vertraglich dazu bestimmt gewesen, der Klägerin erst später in Zeiten der Arbeitsfreistellung den dann ausfallenden Arbeitslohn zu ersetzen.

 

Nicht erfüllte Unterhaltsansprüche sind kein Bezug

Erhält das verheiratete Kind eines Kindergeldberechtigten von seinem getrennt lebenden Ehegatten keine Unterhaltszahlungen, so darf der Unterhaltsanspruch nicht als Bezug i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG berücksichtigt werden.

BFH Beschluss vom 22.12.2011, III R 8/08

Begründung:

Für ein volljähriges Kind, das einen der Tatbestände des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG erfüllt, wird gemäß § 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG Kindergeld gewährt, wenn seine Einkünfte und Bezüge nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einen Grenzbetrag nicht übersteigen, der sich im Jahr 2003 auf 7.188 EUR belief.

Zu den Bezügen eines verheirateten Kindes gehören auch die Unterhaltsleistungen des Ehegatten. Allerdings besteht nach der Eheschließung des Kindes grundsätzlich kein Kindergeldanspruch der Eltern mehr, weil ab diesem Zeitpunkt in erster Linie der Ehepartner dem Kind zum Unterhalt verpflichtet ist (§ 1608 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches –BGB– i.V.m. §§ 1360, 1360a BGB). Die Eltern sind nur noch nachrangig unterhaltsverpflichtet. Ausnahmsweise müssen Eltern gegenüber ihrem verheirateten Kind Unterhaltsleistungen erbringen, wenn das Einkommen des Ehepartners so gering ist, dass er zum vollständigen Unterhalt nicht in der Lage ist (sog. Mangelfall). Ein Mangelfall ist bei kinderlosen Ehen anzunehmen, wenn die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes einschließlich der Unterhaltsleistungen des Ehepartners den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht überschreiten.

Die Höhe der als Bezüge i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG anzusetzenden Unterhaltsleistungen lässt sich bei Ehegatten, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, in der Regel nur rechnerisch ermitteln, da sich die tatsächlichen Zu- und Abflüsse von Geldmitteln oder von Gütern in Geldeswert (vgl. § 8 Abs. 1 EStG) innerhalb einer bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft zumeist nicht nachvollziehen lassen. Die Unterhaltsleistungen des zum Unterhalt verpflichteten Ehepartners sind deshalb regelmäßig zu schätzen. Bei einer kinderlosen Ehe, in der ein Ehepartner allein verdient und ein durchschnittliches Nettoeinkommen erzielt, entspricht es der Lebenserfahrung, dass dem nicht verdienenden Ehepartner in etwa die Hälfte des Nettoeinkommens in Form von Geld- und Sachleistungen als Unterhalt zufließt. Verfügt das Kind auch über eigene Mittel, so ist zu unterstellen, dass sich die Eheleute ihr verfügbares Einkommen teilen. Unterhaltsleistungen sind daher in Höhe der Hälfte der Differenz zwischen den Einkünften des unterhaltsverpflichteten Ehepartners und den geringeren eigenen Mitteln des Kindes anzunehmen. Bei Prüfung der Frage, in welcher Höhe dem geringer verdienenden Ehegatten Unterhaltsleistungen seitens des höher Verdienenden als Bezüge zuzurechnen sind, ist somit in der Regel nicht auf den tatsächlichen Zufluss von Unterhaltsleistungen abzustellen.

Unterhaltsleistungen eines getrennt lebenden Ehegatten sind demnach nur dann als Bezüge i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG anzusetzen, wenn sie dem unterhaltsberechtigten Ehegatten auch tatsächlich zugeflossen sind, sofern dieser nicht auf die Geltendmachung seines Unterhaltsanspruchs verzichtet hat (§ 32 Abs. 4 Satz 9 EStG).

 

Zuflusszeitpunkt verbilligter Arbeitnehmeraktien

Dem Arbeitnehmer fließt der geldwerte Vorteil in Form verbilligter Aktien in dem Zeitpunkt zu, in dem er die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Aktien erlangt.

Ein solcher Zufluss liegt nicht vor, solange dem Arbeitnehmer eine Verfügung über die Aktien rechtlich unmöglich ist.

BFH Urteil vom 30.6.2011, VI R 37/09

Begründung:

Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG auch vom Arbeitgeber für die Beschäftigung verbilligt überlassene Aktien. Dies setzt allerdings voraus, dass der Vorteil in Form von Aktien auch zugeflossen ist (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) führt allein das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei.

Der Vorteil ist mit der Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht darüber zugeflossen. Bei einem Aktienerwerb ist das der Zeitpunkt, zu dem der Anspruch auf Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien erfüllt wird.

Einem solchen Zufluss im vorgenannten Sinne steht nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer aufgrund einer Sperr- bzw. Haltefrist die Aktien für eine bestimmte Zeit nicht veräußern kann. Der Erwerber der Aktien ist rechtlich und wirtschaftlich bereits dann Inhaber der Aktie, wenn sie auf ihn übertragen oder auf seinen Namen im Depot einer Bank hinterlegt wird. Denn eine obligatorische Veräußerungssperre hindert den Erwerber von Aktien nicht, sie zu veräußern. Die Veräußerung ist rechtlich möglich, wenngleich sie auch Sanktionen auslösen kann. Aufgrund des im Aktienrecht geltenden Grundsatzes der freien Übertragbarkeit der Aktie (§ 68 des Aktiengesetzes –AktG–) ist jede Einschränkung, die über eine schuldrechtliche Wirkung hinausgeht, grundsätzlich unwirksam.

Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Aktien, auch Namensaktien, können durch formlose Abtretungsvereinbarung gemäß §§ 398, 413 des Bürgerlichen Gesetzbuchs übertragen werden. Bei einer Vinkulierung gemäß §§ 68 Abs. 2, 180 Abs. 2 AktG ist die Übertragung der Aktien von der Zustimmung der Gesellschaft abhängig ist. Hat die Gesellschaft in die Übertragung eingewilligt, ist die Übertragung von Anfang an wirksam; ohne Zustimmung ist die Aktienübertragung zunächst schwebend unwirksam. Wird aber die Einwilligung verweigert, ist die Übertragung von vornherein unwirksam

Diese aktienrechtlichen Grundsätze zieht der Senat auch für lohnsteuerrechtliche Zwecke hinsichtlich der Frage heran, ob ein Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über Aktien erlangt hat. Aktien sind daher nicht zugeflossen, solange dem Arbeitnehmer eine Verfügung darüber rechtlich unmöglich ist.

 

Zeitpunkt des Zuflusses des geldwerten Vorteils bei Aktien

Der gemeine Wert nicht börsennotierter Aktien lässt sich nicht i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG aus Verkäufen ableiten, wenn nach den Veräußerungen aber noch vor dem Bewertungsstichtag weitere objektive Umstände hinzutreten, die dafür sprechen, dass diese Verkäufe nicht mehr den gemeinen Wert der Aktien repräsentieren, und es an objektiven Maßstäben für Zu- und Abschläge fehlt, um von den festgestellten Verkaufspreisen der Aktien auf deren gemeinen Wert zum Bewertungsstichtag schließen zu können.

BFH Urteil vom 29.7.2010, VI R 30/07

Begründung:

Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG gehört auch der Vorteil aus der verbilligten Überlassung von Aktien, wenn der Vorteil dem Arbeitnehmer "für" seine Arbeitsleistung gewährt wird. Die Anwendung dieser Grundsätze war zwischen den Beteiligten zu Recht ebenso wenig streitig wie die Würdigung des FG, dass der Aktienerwerb des Klägers auf Grundlage der Kapitalerhöhung vom 30. April 1999 durch das Dienstverhältnis veranlasst war. Zutreffend hat das FG insoweit gewürdigt, dass nur neun Mitarbeiter in gehobener Position zum Bezug der Aktien berechtigt gewesen waren, die Mitarbeiter zu vergleichsweise niedrigen Gehältern zur A. AG gewechselt waren und einen Teil ihrer Vergütung über das mit der Kapitalerhöhung verbundene Beteiligungsprogramm erhalten sollten.

Zu Unrecht ging das FG allerdings bei der Bewertung des Vorteils allein von den sechs vor dem 2. März 1999 erfolgten Aktienverkäufen aus. Es ließ dabei insbesondere den selbst festgestellten und bei der Beurteilung und Würdigung des Veranlassungszusammenhangs zwischen der Zeichnungsberechtigung und dem Arbeitsverhältnis auch berücksichtigten Umstand außer Betracht, dass der zeichnungsberechtigte Kläger einen Teil seiner Vergütung über das mit der Kapitalerhöhung verbundene Beteiligungsprogramm hatte erhalten sollen und die mit der Durchführung der Kapitalerhöhung beauftragten Beteiligten dabei von deutlich höheren Bewertungen ausgegangen waren.

Bewertungsstichtag ist der Zeitpunkt, zu dem dem Arbeitnehmer der Vorteil zufließt. Liegt der Vorteil darin, dass der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber im Rahmen einer Kapitalerhöhung verbilligt Aktien erhält, fließt der Vorteil nicht schon dann zu, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den verbilligten Erwerb im Rahmen der Kapitalerhöhung zusagt, sondern erst, wenn der Arbeitnehmer auch die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Aktien erlangt. Denn das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten begründet regelmäßig noch keinen Zufluss von Einnahmen. Der Zufluss ist grundsätzlich erst mit der Erfüllung des Anspruchs gegeben. Arbeitslohn fließt nicht bereits mit der wirksamen Zusage, sondern erst in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum verschafft. Dem entspricht es, wenn der erkennende Senat den Zufluss eines geldwerten Vorteils nicht bereits in der Einräumung eines Optionsrechts gegen den Arbeitgeber, sondern erst nach Ausübung der Option mit dem preisgünstigen Erwerb der Aktien selbst annimmt, weil der für den Zufluss von Arbeitslohn maßgebliche geldwerte Vorteil in Form eines auf die Aktien gewährten Preisnachlasses auch erst mit der Ausübung der Option in das wirtschaftliche Eigentum des Arbeitnehmers gelangt.

Im Streitfall floss dem Kläger der Vorteil im Zeitpunkt der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung am 21. Mai 1999 zu. Denn nach § 189 des Aktiengesetzes (AktG) ist mit der Eintragung der Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals das Grundkapital erhöht. Die neuen Mitgliedsrechte entstehen kraft Gesetzes zum Zeitpunkt der Eintragung; der Zeichner wird, ohne dass es eines besonderen Aktes bedarf, Aktionär der Gesellschaft. Mit der Verschaffung der Aktien und der damit verbundenen aktienrechtlichen Mitgliedschafts- und Statusrechte erfüllt sich der arbeitsrechtliche Anspruch des Klägers auf verbilligte Überlassung der Aktien.

Der gemeine Wert der noch nicht börsennotierten Aktien ist gemäß § 11 Abs. 2 BewG in der im Streitjahr geltenden Fassung zu ermitteln. Danach ist der gemeine Wert von Aktien grundsätzlich aus Verkäufen abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen. Lässt sich so der gemeine Wert der Aktien nicht feststellen, ist er nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen. § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG regelt das Rangverhältnis der beiden Methoden der Ermittlung des gemeinen Werts in der Weise, dass der gemeine Wert vorrangig aus der Wertbestätigung am Markt abzuleiten ist, also von dem Preis, der bei einer Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr.

Aus dem Tatbestandsmerkmal "ableiten" in § 11 Abs. 2 BewG folgt indessen nicht, dass der gemeine Wert zwingend mit den tatsächlich vorliegenden Kaufpreisen übereinstimmen muss und die Kaufpreise –auch wenn im gewöhnlichen Geschäftsverkehr und unter drittüblichen Bedingungen zustande gekommen– unbesehen und pauschal der Wertfindung zugrunde zu legen sind. Ableiten bedeutet vielmehr, dass der tatsächlich erzielte Kaufpreis als Ausdruck des gemeinen Wertes zu ändern ist, wenn Umstände vorliegen, die eine Änderung gebieten. Solche zu berücksichtigende Umstände hatte der BFH etwa angenommen, wenn nur Kurswerte für Vorzugsaktien vorlagen, aber Stammaktien zu bewerten waren, wenn eine Minderheitsbeteiligung nach dem Verkaufspreis für eine Mehrheitsbeteiligung zu bewerten war, oder wenn die Kapitalgesellschaft eigene Anteile hält. Liegen solche besonderen Umstände vor, sind nach der vorgenannten Rechtsprechung des BFH die festgestellten und weniger als ein Jahr zurückliegenden Verkaufspreise nicht unbesehen als gemeiner Wert zu übernehmen, sondern Ausgangspunkt des zu schätzenden gemeinen Wertes. Grundlage der Schätzung sind in diesen Fällen die festgestellten Veräußerungspreise, die durch schätzweise zu ermittelnde Zu- und Abschläge unter Berücksichtigung der besonderen Umstände zu bestimmen sind.

Der gemeine Wert nicht börsennotierter Aktien lässt sich allerdings auch dann nicht i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG aus Verkäufen ableiten, wenn nach den im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erfolgten Veräußerungen aber noch vor dem Bewertungsstichtag weitere objektive Umstände hinzutreten, die dafür sprechen, dass diese Verkäufe nicht mehr den gemeinen Wert der Aktien zum Bewertungsstichtag repräsentieren, und es an objektiven Maßstäben für Zu- und Abschläge fehlt, um von den festgestellten Verkaufspreisen der Aktien auf deren gemeinen Wert schließen zu können. In diesem Fall lässt sich aus den zuvor erfolgten Verkäufen innerhalb des Jahreszeitraums ebenso wenig der gemeine Wert der Aktien zum streitigen Zeitpunkt ableiten, wie aus Verkäufen, die mehr als ein Jahr zurückliegen, um entsprechend dem Grundsatz des § 11 Abs. 2 Satz 2  1. Alternative BewG von den festgestellten Verkaufspreisen auf den gemeinen Wert als Ausdruck der Wertbestätigung am Markt schließen zu können.

In diesem Fall kommt § 11 Abs. 2 Satz 2  2. Alternative BewG zur Anwendung. Der gemeine Wert der Anteile ist dann unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen. So liegt der Fall hier. Auch im Streitfall liegen besondere Umstände vor, die es nicht gestatten, den gemeinen Wert der Aktien zum Stichtag der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung aus zuvor erfolgten Verkäufen abzuleiten. Diese besonderen Umstände bestehen darin, dass der Arbeitgeber des Klägers und die mit der Steuerung und Platzierung der Emission als verantwortliche Konsortialführerin beauftragte Bank (C) von einer Bewertung der Anteile ausgegangen waren, die deutlich, nämlich um mehr als 800 % von den zuvor erzielten Verkaufspreisen abwich. Die Bank legte sowohl bei der Präsentation des Börsengangs am 6. März 1999 als auch bei ihrer Bestellung als Konsortialführerin am 22. April 1999 nicht mehr einen Unternehmenswert in Höhe von 22 bis 30 Mio. DM, sondern einen solchen zwischen 130 und 180 Mio. DM zugrunde und präsentierte diese Werte auch Dritten, insbesondere künftigen Anlegern am Kapitalmarkt.

Darüber hinaus vereinbarten der Kläger und sein Arbeitgeber auch vor dem für die Zuwendung des Vorteils entscheidenden Stichtag eine relativ geringe laufende Lohnzahlung, aber eine hohe Wertzuwendung in Form von Aktien im Rahmen der Kapitalerhöhung und machten dies zur Geschäftsgrundlage ihres Arbeitsverhältnisses. Denn der Kläger und sein Arbeitgeber gingen nach den insoweit nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des FG übereinstimmend davon aus, dass der Kläger als zeichnungsberechtigter Arbeitnehmer einen Teil seiner Vergütung durch das mit der Kapitalerhöhung verbundene Beteiligungsprogramm erhalten sollte.

Zufluss von Gutschriften

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass eine Zurechnung von Zinseinnahmen aufgrund nicht ausgezahlter Gutschriften nicht in Betracht kommt, wenn der Schuldner zahlungsunfähig ist.

BFH Beschluss vom 28.01.2010 – VIII B 128/09 BFHNV 2010 S. 877

Begründung:

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass eine Zurechnung von Zinseinnahmen aufgrund nicht ausgezahlter Gutschriften nicht in Betracht kommt, wenn der Schuldner zahlungsunfähig ist.

Der Kläger muss erkennen, dass es für die Zurechnung der Einnahmen auf den Zeitpunkt der Entstehung der Einkommensteuer (vgl. § 38 der Abgabenordnung) und nicht darauf ankommt, ob er die gutgeschriebenen, aber nicht ausgezahlten Zinsen später noch realisieren konnte. Im Übrigen ergibt sich aus der zum 30. Juni 1994 ausgewiesenen bilanziellen Überschuldung der Schuldnerin nicht automatisch deren Zahlungsunfähigkeit.