Entnahmebesteuerung und Vorsteuerberichtigung bei verspäteter Zuordnung eines gemischt genutzten Gebäudes

Die Voraussetzungen für die Besteuerung einer Verwendungsentnahme (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG) liegen bei verspäteter Zuordnung eines gemischt genutzten Gebäudes zum Unternehmensvermögen nicht vor.

Ein trotz verspäteter Zuordnung und damit materiell-rechtlich unrichtig in Anspruch genommener Vorsteuerabzug, der im Abzugsjahr verfahrensrechtlich nicht mehr entzogen werden kann, ist nach § 15a UStG in den Folgejahren zu berichtigen.

BFH Urteil vom 23.10.2014 V R 11/12

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten um die Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgaben für ein gemischt genutztes Grundstück in 2005 (Streitjahr).

In 2001 erwarben die Eheleute ein unbebautes Grundstück und bebauten es mit einem Einfamilienhaus, in dem sich ein Arbeitsraum für die Herstellung von Puppen und Teddybären (8,19 qm) sowie ein Büro für verwaltungstechnische Arbeiten (10,11 qm) befinden. Das Gebäude wurde am 6. Mai 2002 bezogen.

Begründung:

Das Urteil des FG erweist sich aber trotz dieses Rechtsfehlers im Ergebnis als zutreffend. Die von der Klägerin im Streitjahr 2005 begehrte Minderung der Umsatzsteuer auf unentgeltliche Wertabgaben kann ihr nicht zugesprochen werden. Zwar liegen im Streitjahr die Voraussetzungen einer steuerbaren Verwendungsentnahme (§ 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG) nicht vor (siehe II.2.b aa). Es greift aber eine betragsmäßig höhere Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 1 UStG ein.

Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG ist eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen, wenn sich bei diesem Wirtschaftsgut die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse innerhalb des bei Grundstücken maßgeblichen Berichtigungszeitraums von zehn Jahren ändern.

Eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse liegt nicht nur vor, wenn sich diese in tatsächlicher Hinsicht geändert haben, sondern auch dann, wenn sich bei tatsächlich gleichbleibenden Verwendungsumsätzen die rechtliche Beurteilung der Verwendungsumsätze, die der Gewährung des Vorsteuerabzugs im Abzugsjahr zugrunde lag, in einem der Folgejahre als unzutreffend erweist, sofern die Steuerfestsetzung für das Abzugsjahr bestandskräftig und unabänderbar ist.

Wie das FG auf Seite 3 des Urteils in revisionsrechtlich bindender Weise (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt hat, haben die durch eine Steuerberatungsgesellschaft vertretenen Eheleute die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2002 am 4. Januar 2005 beim FA eingereicht. Weiterhin hat die mündliche Verhandlung ergeben, dass zuvor keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgegeben wurden, in denen eine Zuordnungsentscheidung hätte enthalten sein können. Eine Zuordnungsentscheidung ist nach den Feststellungen des FG auch nicht in anderen dem FA zugeleiteten Unterlagen dokumentiert worden.

Nach der inzwischen ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats muss der Unternehmer im Zeitpunkt des Leistungsbezugs über die Zuordnung zum Unternehmen entscheiden und diese Entscheidung in der Umsatzsteuer-Voranmeldung, spätestens aber bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen dokumentieren. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt keine wirksame Zuordnungsentscheidung für das gemischt genutzte Gebäude vor, sodass die Eingangsleistungen nicht “für das Unternehmen” der Klägerin bezogen wurden und damit der Abzug der in Rechnung gestellten Umsatzsteuern als Vorsteuern ausscheidet