Zurechnung von Organeinkommen bei unterjährigem Ausscheiden eines Gesellschafters aus Organträger-Personengesellschaft

Das Einkommen einer Organgesellschaft ist entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nur den Gesellschaftern einer Organträger-Personengesellschaft zuzurechnen, die im Zeitpunkt der Einkommenszurechnung an der Organträgerin beteiligt sind.

BFH Urteil vom 28.2.2013, IV R 50/09

Begründung:

Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) werden die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) erstreckt sich die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO auf ein volles Wirtschaftsjahr, und zwar grundsätzlich auch dann, wenn ein Gesellschafter während des Wirtschaftsjahres aus einer Personengesellschaft ausscheidet und die Gesellschaft danach von den verbleibenden Gesellschaftern oder von diesen mit einem oder mehreren neuen Gesellschaftern fortgeführt wird.

Trotz des Gesellschafterwechsels bleibt die Identität der Personengesellschaft als Gewinnerzielungs- und -ermittlungssubjekt erhalten. Danach sind auch solche Personen in die Gewinnfeststellung einzubeziehen, die nicht während des ganzen Wirtschaftsjahres Gesellschafter sind.

Nach § 14 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist dem Organträger das Einkommen der Organgesellschaft zuzurechnen. Da Organträger und Organgesellschaft zivil- und steuerrechtlich verschiedene Rechtsträger bleiben, haben sie ihr jeweiliges Einkommen selbständig zu ermitteln. Das Organeinkommen ist erst danach dem Organträger zuzurechnen.

Die Zurechnung betrifft bei einer Organträger-Personengesellschaft die Personengesellschaft selbst. Da bei ihr stets eine gesonderte Gewinnfeststellung durchzuführen ist, ist es geboten, im Feststellungsverfahren auch das der Mitunternehmerschaft zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft zu ermitteln und zu verteilen. Insoweit ist das zuzurechnende Organeinkommen gesondert vom eigenen Gewinn der Personengesellschaft festzustellen und nach dem sich aus den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages bzw. des Handelsgesetzbuchs ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter der Personengesellschaft zu verteilen.

Der sich nach Maßgabe der Handelsbilanz ergebende Anspruch der Organträger-Personengesellschaft auf Gewinnabführung entsteht erst mit dem Ende des Wirtschaftsjahres der jeweiligen Organgesellschaft. Erst zu diesem Zeitpunkt ist dem Organträger auch das Organeinkommen nach § 14 KStG, welches aus der Steuerbilanz der Organgesellschaft abgeleitet wird, zuzurechnen. Um eine Doppelbesteuerung des Einkommens der Organgesellschaft zu vermeiden, werden die auf Grund des Ergebnisabführungsvertrages an den Organträger abgeführten Beträge bei diesem außerhalb der Bilanz von seinem Einkommen abgezogen.

Daraus, dass das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zu dem Zeitpunkt zuzurechnen ist, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet, ergeben sich Folgen dafür, welchen Gesellschaftern einer Organträger-Personengesellschaft Anteile an dem Einkommen der Organgesellschaft zugerechnet werden, wenn sich im Laufe des Wirtschaftsjahres der Organträgerin Änderungen im Bestand ihrer Gesellschafter ergeben haben. Anders als das FG vertreten hat, richtet sich die Zurechnung des Organeinkommens bei einer Organträger-Personengesellschaft (hier: der KG), bei der ein unterjähriger Gesellschafterwechsel eingetreten ist, nicht nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel unter Berücksichtigung der Dauer der Beteiligung der Gesellschafter an der Organträger-Personengesellschaft. Das Einkommen der Organgesellschaft ist vielmehr entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nur den Gesellschaftern der Organträger-Personengesellschaft zuzurechnen, die im Zeitpunkt der Einkommenszurechnung an der Organträgerin beteiligt sind.