Kein Kindergeld während einer Übergangszeit von mehr als vier Monaten zwischen Schulzeit und gesetzlichem Wehrdienst

Die gesetzliche Ausgestaltung der Tatbestände in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG, wonach ein Kind, das nach Beendigung der Schulzeit –unabhängig davon, ob absehbar oder nicht– länger als vier Monate auf den Beginn des gesetzlichen Wehrdienstes wartet, während dieser Übergangszeit nicht berücksichtigt wird, ist weder lückenhaft noch verstößt sie gegen das GG.

Das FG kann den Anspruch auf Kindergeld grundsätzlich nur in dem zeitlichen Umfang in zulässiger Weise zum Gegenstand einer Inhaltskontrolle machen, in dem die Familienkasse den Kindergeldanspruch geregelt hat. Im Falle eines zulässigen, in der Sache aber unbegründeten Einspruchs gegen einen Ablehnungs- oder Aufhebungsbescheid ist der Familienkasse längstens eine Regelung bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung möglich.

BFH Urteil vom 22.12.2011, III R 41/07

Erläuterung (BFH):

Mit Urteilen vom 22. Dezember 2011 III R 5/07 und III R 41/07 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass der anspruchsberechtigte Elternteil für ein Kind, das nach Beendigung seiner Schulzeit – unabhängig davon, ob absehbar oder nicht – länger als vier Monate auf den Beginn des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienst wartet, während dieser Übergangszeit kein Kindergeld erhält.

Der Kindergeldberechtigte kann u.a. für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. (ab Veranlagungszeitraum 2007: 25.) Lebensjahr vollendet hat, Kindergeld erhalten, wenn es sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen der Beendigung eines Ausbildungsabschnitts und dem Beginn der Ableistung eines Pflichtdienstes (gesetzlicher Wehr- oder Zivildienst) befindet. In den vom BFH entschiedenen Fällen begehrten die Kläger Kindergeld, obwohl ihre Kinder die gesetzlich geregelte Übergangszeit von vier Monaten überschritten hatten. Sowohl die beklagten Familienkassen als auch die Finanzgerichte lehnten einen Kindergeldanspruch mit Blick auf den klaren Gesetzeswortlaut ab. Diese Beurteilung entsprach im Übrigen auch der bisher zu dieser Rechtsfrage ergangenen Rechtsprechung des BFH.

Nunmehr bestätigte der BFH in den genannten Urteilen seine bisherige Rechtsprechung. Die im Gesetz geregelte Viermonatsfrist dürfe nicht verlängert werden, weil die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen keine Regelungslücke enthielten. Damit sei es den Gerichten versagt, Kinder auch dann zu berücksichtigen, wenn sie die genannte Viermonatsfrist überschritten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Verfassungsrecht. Insbesondere habe der Gesetzgeber nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen, weil er Kinder, die sich in einer längeren als vier monatigen Übergangszeit befänden, unberücksichtigt ließe. Vielmehr sei darin eine zulässige Typisierung des Gesetzgebers zu sehen.

Der Vollständigkeit halber bleibt darauf hinzuweisen, dass aktuell eine Übergangszeit zwischen der Beendigung eines Ausbildungsabschnitts und dem Beginn des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes nicht mehr möglich ist. Der Gesetzgeber hat die gesetzliche Wehrpflicht und auch den verpflichtenden Zivildienst mit Wirkung zum 1. Juli 2011 ausgesetzt.