Vorsteuervergütung bei elektronischer Übermittlung einer Rechnungskopie

Weder Art. 10 der RL 2008/9/EG noch die nationale Umsetzungsvorschrift in § 61 Abs. 2 Satz 3 UStDV können einschränkend entgegen ihrem Wortlaut dahingehend ausgelegt werden, dass es für eine Antragstellung nicht ausreicht, wenn nur eine Kopie einer Rechnung elektronisch übersandt wird. Im vorliegenden Fall bedeutet es keinen Unterschied, ob das Originaldokument verwendet wird, um es elektronisch an die Behörde zu übertragen oder ob das Originaldokument zuvor kopiert wird und nur die Kopie Ausgangspunkt der elektronischen Übertragung ist.

FG Köln v. 11.5.2016 – 2 K 2123/13, EFG 2017, 79

Sachverhalt:
Im Vorsteuervergütungsverfahren macht es keinen Unterschied, ob ein vom Rechnungsaussteller selbst erstelltes Dokument, das als Kopie des Originaldokuments ausgewiesen ist oder eine
vom Antragsteller selbst erstellte Kopie des Originaldokuments elektronisch übermittelt wird.
Der Kläger (im EU-Ausland ansässiger Unternehmer) hatte für das Streitjahr 2011 Anträge auf
Vorsteuervergütung gestellt und diesen Anträgen (teilweise) Rechnungen in elektronischer Form beigefügt, die den Aufdruck “Kopie” trugen. Der Vorsteuerabzug wurde abgelehnt, da die
Rechnungen nur in Kopie in elektronischer Form vorlagen. Die während des hiergegen eingelegten Einspruchs vorgelegten Originale erkannte die Beklagte nicht mehr an, da diese nicht innerhalb der Antragsfrist des § 18 Abs. 9 i.V. m. § 61 Abs. 2 UStDV vorgelegt wurden.

Begründung:
Das FG Köln entschied, dass die elektronisch übersandten Dokumente eine “Kopie der Rechnung” im Sinne der im Streitjahr maßgeblichen Vorschriften (§ 61 Abs.2 UStDV i. d. F. bis zum 29.12.2014) darstellen, welche einen Anspruch auf Vorsteuervergütung begründen.
Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, dass nicht eine Rechnungskopie, sondern nur das Original der Rechnung unmittelbarer Ausgangspunkt der elektronischen Übersendung sein dürfe, folgt dem das FG Köln nicht. Eine Kopie stelle ein Abbild eines Originaldokuments dar. In diesem Fall bedeute es keinen Unterschied, ob das Originaldokument verwendet wird, um es einzuscannen und elektronisch an den Beklagten zu übertragen oder ob das Originaldokument zuvor kopiert wird und nur die Kopie Ausgangspunkt der elektronischen Übertragung ist.
§ 61 Abs. 2 UStDV i. d. F. bis 29.12.2014 forderte innerhalb von neun Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist, die Vergütung zu beantragen.
Dem Vergütungsantrag waren auf elektronischem Weg die Rechnungen und Einfuhrbelege in Kopie beizufügen, wenn das Entgelt für den Umsatz oder die Einfuhr mindestens 1000 €, bei Rechnungen über den Bezug von Kraftstoffen mindestens 250 € beträgt. Nach Auffassung des FG Köln könne es keinen Unterschied machen, ob Ausgangspunkt für die elektronische Übermittlung das Originaldokument oder eine Kopie der Rechnung sei.
Mit Wirkung zum 30.12.2014 hat man den Wortlaut des § 61 Abs. 2 UStDV dahingehend geändert, dass dem Vergütungsantrag auf elektronischem Weg, die Rechnungen und Einfuhrbelege als eingescannte Originale beizufügen sind, wenn das Entgelt für den Umsatz oder die Einfuhr mindestens 1000 €, bei Rechnungen über den Bezug von Kraftstoffen mindestens 250 € beträgt.

Vorsteuervergütung aus einer Insolvenzverwalterrechnung ist in voller Höhe abzugsfähig

Die Umsatzsteuer aus der Rechnung eines Insolvenzverwalters kann auch dann in vollem Umfang zugunsten der Insolvenzmasse als Vorsteuer abgezogen werden, wenn im Rahmen des Insolvenzverfahrens erhebliche steuerfreie Umsätze erzielt wurden. Maßgeblich für den Vorsteuerabzug und eine eventuelle Vorsteuerkürzung sind nicht die Umsätze, die im Rahmen des Insolvenzverfahrens erbracht werden, sondern die bis zur Insolvenzeröffnung insgesamt getätigten Umsätze.

FG Köln Urteil vom 29.1.2015 (7 K 25/13)

Begründung:

Die Klägerin war Insolvenzverwalterin über das Vermögen einer GmbH & Co. KG. Sie hatte für ihre Verwaltungstätigkeit gegenüber der Insolvenzmasse eine Vergütung unter Ausweis von Umsatzsteuer abgerechnet. In der Steuererklärung für die Insolvenzmasse hatte sie die Umsatzsteuer in vollem Umfang als Vorsteuer abgezogen. Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug nur anteilig zu 42 % an, weil von den Verwertungsumsätzen von insgesamt 459.000 € nur ein Anteil von 192.000 € umsatzsteuerpflichtig gewesen sei. So veräußerte die Verwalterin u.a. ein Grundstück für ca. 270.000 € umsatzsteuerfrei.

Der 7. Senat des Finanzgerichts Köln gab der Klage statt und gewährte der Klägerin den vollen Vorsteuerabzug. Er vertrat die Auffassung, dass für die Vorsteuerabzugsberechtigung aus der Insolvenzverwaltervergütung entscheidend auf die Ausgangsumsätze vor der Insolvenzeröffnung abzustellen sei. Da die GmbH & Co. KG während ihrer aktiven Geschäftstätigkeit ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende steuerpflichtige Umsätze getätigt habe, sei auch der Vorsteuerabzug aus der Verwaltervergütung nicht zu kürzen. Die Leistung des Verwalters bestehe nämlich nicht nur in der Erzielung von Umsätzen aus der Verwertung der Insolvenzmasse, sondern in der gesamten Abwicklung des überschuldeten Unternehmens. Der Senat verglich die Dienstleistungen eines Insolvenzverwalters mit solchen Leistungen, die für eine Unternehmensveräußerung in Anspruch genommen werden. Hierfür hatte derEuGH bereits festgestellt, dass ein Vorsteuerabzug nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil die Geschäftsveräußerung selbst nicht der Umsatzsteuer unterliege. Vielmehr seien Kosten für einen Verkauf des Unternehmens Bestandteil seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit vor der Veräußerung.

Der 7. Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens die Revision zum Bundesfinanzhof in München zugelassen, die inzwischen dort unter dem Aktenzeichen V R 15/15 anhängig ist.