Es ist ernstlich zweifelhaft, ob eine länger als ein Jahr zinslos gestundete Ausgleichsforderung beim Anspruchsinhaber zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt.
FG Münster, Beschluss vom 06. April 2009, 12 V 446/09 E
Erläuterungen:
Mit dieser im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Entscheidung stellt das Gericht die langjährige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes in Frage. Diese nimmt grundsätzlich an, dass bei einer länger als ein Jahr gestundeten privaten Forderung die geleisteten Zahlungen in einen Tilgungs- und einen steuerpflichtigen Zinsanteil zu zerlegen sind, und zwar selbst dann, wenn die Beteiligten Zinszahlungen nicht vereinbart oder sogar ausdrücklich ausgeschlossen haben. Folge dieser Rechtsprechung ist, dass z.B. bei der über einen längeren Zeitraum gestreckten Ablösung von erb- oder familienrechtlichen Ausgleichsansprüchen beim Anspruchsinhaber Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern sind – für viele Betroffene eine unliebsame und unerwartete Überraschung.
In dem jetzt vom Gericht entschiedenen Fall hatte der Antragsteller mit seiner Ehefrau eine Vereinbarung zur Beendigung des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft geschlossen. Er hatte sich verpflichtet, seiner Ehefrau hierfür innerhalb von fünf Jahren einen Ausgleichsbetrag in Höhe von ca. 300.000 EUR zu zahlen. Die Beteiligten hatten ausdrücklich vereinbart, dass der Ausgleichsbetrag „zinslos fällig sei“. Gleichwohl nahm das Finanzamt unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes sowie auf § 12 Abs. 3 BewG an, dass in dem Ausgleichsbetrag ein Zinsanteil von etwa 72.000 EUR enthalten und dieser bei der Ehefrau des Antragstellers als Kapitalertrag gem. § 20 EStG zu versteuern sei.
Das Gericht hält die Rechtmäßigkeit dieser Auffassung für ernstlich zweifelhaft. Für ihn ist bereits fraglich, ob § 12 Abs. 3 BewG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen überhaupt anwendbar ist.
Der Senat hat die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen