Einheitlichkeit der Leistung bei Veräußerung eines unbebauten Grundstücks und Vereinbarung von Bauleistungen

Ein nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG insgesamt steuerfreier einheitlicher Grundstücksumsatz kann nicht nur bei der Veräußerung eines bereits bebauten Grundstücks vorliegen, sondern auch dann, wenn derselbe Veräußerer in zwei getrennten Verträgen ein Grundstück veräußert und die Pflicht zur Erstellung eines schlüsselfertigen Büro- und Geschäftshauses übernimmt. Leistungsgegenstand ist in diesem Fall ein noch zu bebauendes Grundstück.

BFH Urteil vom 19. März 2009 V R 50/07

Begründung:

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen der sich der BFH angeschlossen hat ist regelmäßig jede Leistung als eigene, selbständige Leistung zu betrachten. Andererseits darf eine wirtschaftlich einheitliche Leistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespaltet werden. Daher ist aus der Sicht des Durchschnittsbetrachters aufgrund einer Gesamtbetrachtung das Wesen des Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere selbständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt.

Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung und ein oder mehrere andere Teile die Nebenleistung darstellen, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.

Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers zwei oder mehrere Handlungen vornimmt, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.

Dem Umstand, dass für die Dienstleistung ein Gesamtpreis oder zwei getrennte Preise vereinbart werden, kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Ohne allein entscheidende Bedeutung ist auch, ob die Beteiligten die Vereinbarungen in ein oder zwei Vertragsurkunden niedergelegt haben.

Umsatzsteuerrechtlich liegt eine einheitliche Leistung nicht allein deshalb vor, weil mehrere Leistungen aufgrund einer einzigen Vertragsgrundlage erbracht  werden oder weil mehrere Leistungen zwar in verschiedenen Vertragsurkunden vereinbart werden, die Verträge aber rechtsgeschäftlich miteinander verknüpft sind.

Ohne Bedeutung ist insoweit auch, dass die Grundstücksübereignung zeitlich vor der Fertigstellung des Baus vereinbart und für die Grundstücksübertragung und die Bauleistungen unterschiedliche Zahlungszeitpunkte vereinbart sind.

Voraussetzung für das Vorliegen einer einheitlichen Leistung anstelle mehrerer selbständiger Leistungen ist jedoch, dass es sich –wie im Streitfall– um Tätigkeiten desselben Unternehmers handelt. Ist Gegenstand der zu erbringenden Leistung ein bebautes Grundstück, liegt eine einheitliche Leistung vor, die im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden darf. Gleiches gilt für die Übertragung eines durch den Grundstücksverkäufer zu bebauenden Grundstücks.