Eine GbR, die betriebswirtschaftliche Beratungsleistungen erbringt, erzielt gewerbliche Einkünfte, wenn ihre Gesellschafter nicht über die Qualifikation eines beratenden Betriebswirts verfügen.
Liegt der Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit auf nichttechnischem Gebiet, dann erzielt ein Steuerpflichtiger, auch wenn er über die formelle Qualifikation eines Ingenieurs verfügt, keine Einkünfte aus einer Ingenieurstätigkeit.
BFH Beschluss vom 29.10.2012 – III B 37/12 BFHNV 2013 S. 368
Begründung:
Soweit die Klägerin die Frage aufwirft, ob die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit eines Architekten oder Ingenieurs bei zeitgleich ausgeübter betriebswirtschaftlicher Tätigkeit bei der Qualifizierung der Einkünfte als freiberufliche Einkünfte derart in den Hintergrund rückt, dass eine Überprüfung der Tätigkeit eines Architekten oder Ingenieurs ausschließlich an der Tätigkeit eines beratenden Betriebswirts zu orientieren ist, kann offen bleiben, ob die Klägerin mit dieser Formulierung eine abstrakte Rechtsfrage hinreichend substantiiert und verständlich herausgestellt hat. Jedenfalls hat die Klägerin die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht hinlänglich herausgearbeitet. Eine hinreichende Auseinandersetzung mit den zahlreichen Entscheidungen des BFH und Literaturbeiträgen zur Berufstätigkeit von Ingenieuren und Architekten i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) fehlt.
Die Klägerin führt aus, dass der BFH in der genannten Entscheidung den abstrakten Rechtssatz aufgestellt habe, dass die Berufstätigkeit als Ingenieur i.S. des § 18 EStG nicht voraussetzt, dass die konkret ausgeübte Tätigkeit ein konstruierendes Element enthält. Einen davon abweichenden Rechtssatz hat das FG seiner Entscheidung weder ausdrücklich noch konkludent –im Rahmen lediglich fallbezogener Ausführungen– zugrunde gelegt. Dazu bestand auch kein Anlass, weil das FG über einen anderen Sachverhalt entschieden hat. In der vermeintlichen Divergenzentscheidung ging es um den interdisziplinären Beruf des Wirtschaftsingenieurs, der Merkmale des Ingenieurs und des Betriebswirts vereint. Die Bauleitertätigkeit eines Steuerpflichtigen, der ein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens erfolgreich absolviert hatte, konnte als Ingenieurtätigkeit qualifiziert werden, weil diese ein konstruierendes Element nicht notwendigerweise enthalten muss. Dagegen war Gegenstand des Betriebs der Klägerin nach den Feststellungen des FG die Unternehmensberatung, also die betriebswirtschaftliche Beratung. Die Gesellschafter der Klägerin waren keine Wirtschafts-ingenieure, sondern hatten den Beruf der Architektin bzw. des Ingenieurs erlernt. Sie verfügten nach den Feststellungen des FG gerade nicht über die wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnisse eines beratenden Betriebswirts bzw. vermochten den entsprechenden Nachweis nicht zu erbringen. Die Beschwerde verkennt, dass es sich bei dem "normalen" Ingenieur –und über einen solchen hatte das FG im angegriffenen Urteil entsprechend seiner Feststellungen zu befinden– um einen wissenschaftlich oder auf wissenschaftlicher Grundlage ausgebildeten Fachmann der Technik (Brandt in HHR, § 18 EStG Rz 161) und nicht der Betriebswirtschaft handelt. Wenn zur Berufstätigkeit des Ingenieurs typischerweise auch überwachende, kontrollierende und rein beratende Tätigkeiten gerechnet werden, die Tätigkeit folglich ein konstruierendes Element nicht enthalten muss, so beziehen sich die Handlungen doch auf die technische Seite eines Werkes oder Vorhabens. Liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit auf nicht-technischem Gebiet, dann erzielt ein Steuerpflichtiger, auch wenn er über die formelle Qualifikation eines Ingenieurs verfügt, keine Einkünfte aus einer Ingenieurstätigkeit.