Verfassungsmäßigkeit der Erfassung der PKW-Nutzung für Familienheimfahrten von Selbständigen

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es nicht, entgegen dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG den Vorteil aus der Nutzung eines betrieblichen PKW für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung eines selbständig Tätigen außer Ansatz zu lassen.

BFH Urteil vom 19.6.2013, VIII R 24/09

Begründung:

Zu Recht hat das FG eine Hinzurechnung für die 13 Familienheimfahrten des S mit den Fahrzeugen der Klägerin nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 EStG in sämtlichen Streitjahren vorgenommen.

Aufwendungen für ein Kfz des Betriebsvermögens sind dem Grunde nach Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG). Jedoch dürfen Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer Familienheimfahrt im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung stehen, den Gewinn nicht mindern, soweit die Aufwendungen die Pauschalen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG übersteigen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 EStG). Technisch wird diese gesetzgeberische Entscheidung in der Weise umgesetzt, dass der positive Unterschiedsbetrag zwischen 0,002 % des inländischen Listenpreises des genutzten betrieblichen Kfz pro Entfernungskilometer und der Pauschale für eine wöchentliche Familienheimfahrt dem Gewinn wieder hinzugerechnet wird.

Zutreffend ist das FG unter Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 EStG zu dem Ergebnis gelangt, dass der Vorteil des S für die Nutzung der Fahrzeuge der Klägerin für die 13 Familienheimfahrten als Einnahmen der Klägerin zu erfassen ist. Denn S hat jedes Jahr im Rahmen einer bestehenden doppelten Haushaltsführung 13 Familienheimfahrten mit zwei verschiedenen betrieblichen Kfz der Klägerin durchgeführt und kein Fahrtenbuch geführt.

Nach diesen Maßstäben werden selbständig Tätige, die ein betriebliches Fahrzeug für eine Familienheimfahrt nutzen, zwar im Vergleich zu Beziehern von Überschusseinkünften, denen ein Fahrzeug im Rahmen ihrer Tätigkeit überlassen wird, ungleich behandelt. Jedoch ist dies gerechtfertigt. Die Regelungen über die Erfassung eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines (eigenen) betrieblichen Fahrzeugs durch den Unternehmer einerseits und die Nutzung eines vom Arbeitgeber überlassenen Fahrzeugs durch einen Arbeitnehmer andererseits jeweils für Familienheimfahrten führen zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Überlässt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein Kfz, für welches er sämtliche Kosten als Betriebsausgaben abgezogen hat und nutzt der Arbeitnehmer dieses auch für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, hat der Arbeitnehmer grundsätzlich lohnsteuerpflichtige Einnahmen in Höhe von 0,002 % des inländischen Listenpreises des Fahrzeugs pro Entfernungskilometer (§ 8 Abs. 2 Satz 5 EStG). Allerdings gilt dies dann nicht, wenn dem Arbeitnehmer für die Familienheimfahrten ein Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Sätze 3 und 4 EStG zustehen würde (§ 8 Abs. 2 Satz 5  2. Halbsatz EStG).

Dies bedeutet, dass in Fällen der Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer für die abzugsberechtigte wöchentliche Familienheimfahrt zwar ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen ist (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG), allerdings auch kein geldwerter Vorteil für die Fahrzeugüberlassung zum Ansatz kommt. Dies gilt im Hinblick auf die bezweckte Vereinfachung  auch dann, wenn der Nutzungsvorteil rechnerisch höher als der korrespondierende Werbungskostenabzug wäre. Dies ist stets der Fall, wenn der Bruttolistenpreis des für eine Familienheimfahrt genutzten Fahrzeugs höher als 15.000 EUR (Streitjahr 2004) bzw. 20.000 EUR (Streitjahre 2001 bis 2003) ist.

Indes stellt sich die Situation beim selbständigen Unternehmer, der ein betriebliches Fahrzeug für seine wöchentlichen Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung nutzt, im Ergebnis anders dar. Denn in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG gibt es keine Ausnahme von der Hinzurechnung des Zuschlags für die eine begünstigte Familienheimfahrt pro Woche. Somit muss der Unternehmer stets die positive Differenz zur Entfernungspauschale, die sich bei Überschreiten der o.g. Grenzwerte der Bruttolistenpreise ergibt, seinem Gewinn hinzurechnen.

Die ungleiche Erfassung eines geldwerten Nutzungsvorteils bei Familienheimfahrten verstößt jedoch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn die Unterscheidung ist sachlich gerechtfertigt.