Zeitpunkt der gewerblichen Betätigung des Organträgers

Der Organträger einer ertragsteuerlichen Organschaft muss nicht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft gewerblich tätig sein.

Eine Personengesellschaft, die Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung und ansonsten nur vermögensverwaltend tätig ist, kann Organträgerin sein.

Die Bestimmung des § 34 Abs. 10b Satz 2 KStG 2002 i.d.F. des UntSt/RKVereinfG ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen die rückwirkende steuerliche Anerkennung von (Alt-)Gewinnabführungsverträgen, die keinen den Anforderungen des § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG 2002 in der bis dahin geltenden Fassung entsprechenden Verweis auf § 302 AktG (Verlustübernahme) enthalten hatten. Sie ist anwendbar, wenn der Gewinnabführungsvertrag unvollständig auf § 302 AktG verwiesen, einen unzureichenden eigenständigen Text oder überhaupt keine Regelung zur Verlustübernahme enthalten hatte.

BFH Urteil vom 24.7.2013, I R 40/12

Begründung:

Eine Personengesellschaft als Organträger muss nicht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft gewerblich tätig sein.

Der Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG 2002 gibt für eine solche zeitliche Anforderung nichts her. Dort heißt es nur, die als Organträger fungierende Personengesellschaft müsse eine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 (Satz 1) Nr. 1 EStG 2002 ausüben, nicht aber enthält die Vorschrift bestimmte zeitliche Vorgaben. Hätte der Gesetzgeber bestimmen wollen, dass die gewerbliche Betätigung bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft ausgeübt werden müsse, wäre zu erwarten, dass er dies ausdrücklich festgelegt hätte.

So heißt es in Bezug auf die weitere Organschaftsvoraussetzung der finanziellen Eingliederung in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG 2002 ausdrücklich, der Organträger müsse an der Organgesellschaft "vom Beginn ihres Wirtschaftsjahrs an ununterbrochen" mit der Mehrheit der Stimmrechte beteiligt sein. Dass in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG 2002 eine vergleichbare zeitliche Anforderung fehlt, spricht im Umkehrschluss dafür, dass eine solche an dieser Stelle auch nicht beabsichtigt war.

Entgegen der Sichtweise des FG lässt sich das zeitliche Erfordernis auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift herleiten. Mit Einführung des Erfordernisses einer "originär" gewerblichen Tätigkeit der als Organträger fungierenden Personengesellschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 wollte der Gesetzgeber die gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG 2002 lediglich gewerblich geprägten Personengesellschaften als Organträger ausschließen; damit sollte die Streichung der Mehrmütterorganschaft (Wegfall des vorherigen § 14 Abs. 2 KStG 2002) flankiert werden, indem Gestaltungen verhindert würden, durch die über eine andere nicht gewerblich tätige Personengesellschaft das steuerliche Ergebnis einer Mehrmütterorganschaft erreicht werden könnte.

Die Vorschrift dient mithin nicht speziell dem vom FG hervorgehobenen Zweck, zu verhindern, dass der abzuführende Gewinn der Organgesellschaft nicht auf der Ebene des Organträgers in nicht gewerbliche Einkünfte umqualifiziert wird und damit nicht (mehr) gewerbesteuerpflichtig ist. Hierfür hätte es einer Sonderregelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 2002 nicht bedurft; denn schon aus der Eingangspassage des § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 ergibt sich, dass derjenige, an den der Gewinn abzuführen ist, stets ein "gewerbliches Unternehmen" sein muss. Um diesem Zweck gerecht werden zu können, reicht es indes, dass der Organträger im Zeitpunkt der Gewinnabführung gewerblich tätig ist. Und die Gewinnabführung, welche sich auf den handelsrechtlichen Jahresgewinn der Organgesellschaft bezieht, findet sowohl zivilrechtlich als auch aus steuerlicher Sicht erst zum Ende des jeweiligen Geschäftsjahrs der Organgesellschaft statt. Deshalb droht bei einer unterjährigen Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit des Organträgers nicht die von der Vorinstanz angenommene Gefahr einer Umqualifizierung des abzuführenden Gewinns der Organgesellschaft in nicht der Gewerbesteuer unterliegende Einkünfte.