Ein Arbeitsnehmer ist grundsätzlich auch dann auswärts tätig, wenn er außerhalb einer dem Arbeitgeber zuzuordnenden Tätigkeitsstätte (Betriebsstätte) tätig wird, wie dies insbesondere bei Leiharbeitnehmern der Fall ist.
BFH Urteil vom 15.05.2013 – VI R 43/12 BFH/NV 2013, 1773
Begründung:
Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen. Erwerbsaufwendungen sind grundsätzlich auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Allerdings sind die Aufwendungen dafür nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur begrenzt nach Maßgabe der insoweit gewährten Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser die beruflichen Mobilitätskosten nur eingeschränkt berücksichtigenden Regelung ist nach der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats nur der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat. Dies ist im Regelfall der Betrieb, Zweigbetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, denen der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht. Grundfall der regelmäßigen Arbeitsstätte ist die auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte Arbeitsstätte, auf deren immer gleiche Wege sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise einstellen und auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken kann. Dies kann etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften und Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und auch durch entsprechende Wohnsitznahme geschehen. Für diesen Grundfall erweist sich nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip.
Liegt keine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte regelmäßige Arbeitsstätte vor, auf die sich der Arbeitnehmer typischerweise in der aufgezeigten Weise einstellen kann, ist eine Durchbrechung der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Mobilitätskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sachlich nicht gerechtfertigt. Dies ist insbesondere bei Auswärtstätigkeiten der Fall. Denn ist ein Arbeitnehmer auswärts, nämlich außerhalb eines dem Arbeitgeber zuzuordnenden Betriebs, Zweigbetriebs oder einer Betriebsstätte tätig, hat er typischerweise nicht die vorgenannten Möglichkeiten, seine Wegekosten gering zu halten. Das ist etwa bei Leiharbeitnehmern der Fall und auch bei einem Arbeitnehmer, der vorübergehend ausschließlich am Betriebssitz eines Kunden des Arbeitgebers tätig ist. Denn auch hier kann sich, vergleichbar mit anderen Auswärtstätigkeiten, der Arbeitnehmer bei typisierender ex ante Betrachtung auf den Ort, die Dauer und die weitere konkrete Ausgestaltung der dort zu verrichtenden Tätigkeit nicht einstellen; die vertragliche Beziehung zwischen Arbeitgeber und Kunde (Dritter) ist dem Einflussbereich des Arbeitnehmers.
Nach § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 1 und 2 EStG kann ein Arbeitnehmer Mehraufwendungen für seine Verpflegung dann als Werbungskosten abziehen, wenn er vorübergehend von seiner Wohnung und dem Tätigkeitsmittelpunkt entfernt beruflich tätig ist. Dabei entspricht der Begriff des Tätigkeitsmittelpunktes dem der (regelmäßigen) Arbeitsstätte gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt sich der pauschale Abzug auf die ersten drei Monate (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG).
Nach diesen Rechtsgrundsätzen hat das FG im Ergebnis zu Recht die Tätigkeit des Klägers bei der Z AG als Auswärtstätigkeit beurteilt. Wie dargestellt, ist ein Arbeitnehmer grundsätzlich dann nicht an einer regelmäßigen Arbeitsstätte, sondern auswärts tätig, wenn er außerhalb einer dem Arbeitgeber zuzuordnenden Tätigkeitsstätte tätig wird, wie dies insbesondere bei Leiharbeitnehmern, aber auch bei allen anderen Arbeitnehmern der Fall ist, die vorübergehend ausschließlich am Betriebssitz eines Kunden des Arbeitgebers tätig werden.
Der Kläger kam im fraglichen Zeitraum weder an einer regelmäßigen Arbeitsstätte noch an einem Tätigkeitsmittelpunkt im vorgenannten Sinn zum Einsatz. Er ging nämlich seiner beruflichen Tätigkeit nicht in einer betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers, der AG, sondern in einer solchen eines Kunden (Z AG) nach. Im Streitfall war, wie das FG ausführt, die Tätigkeit zudem auftragsgebunden. Spätestens nach Erledigung des Auftrags durch die Z AG sollte die Tätigkeit des Klägers dort enden. Dies war nach weniger als sechs Monaten der Fall. Von einer auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegten Arbeitsstätte kann hier keine Rede sein. Von daher kommt entgegen der Auffassung des FA dem Umstand, dass der Einsatzvertrag an die Tätigkeit des Klägers nur bei der Z AG gekoppelt war und eine Beschäftigung bei mehreren Kunden des Arbeitgebers ausschied, keine Bedeutung zu.