Eigenkapitalersetzende Gesellschafterbürgschaft

Ob eine GmbH in eine Krise geraten ist, hat das FG aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls als Tatfrage zu entscheiden; dies gilt etwa für die Frage, ob eine Bürgschaft in einer Situation gewährt wurde, in der bei objektiver Betrachtung ex ante ein ordentlicher Kaufmann angesichts der Risikobehaftung der Rückzahlung der gesicherten Bankdarlehen durch die GmbH dieser Eigenkapital zugeführt hätte.

BFH Urteil vom 20.08.2013 – IX R 1/13 BFHNV 2014 S. 310

Begründung:

Nach § 17 Abs. 1 und 4 EStG i.d.F. des Streitjahres gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der –regelmäßig bei Abschluss der Liquidation entstehende– Gewinn aus der Auflösung von Kapitalgesellschaften, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft qualifiziert beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hielt. Entsprechendes gilt für aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft entstehende Verluste.

Auflösungsverlust i.S. von § 17 Abs. 1, 2, 4 EStG ist der Betrag, um den die im Zusammenhang mit der Auflösung der Gesellschaft vom Steuerpflichtigen (persönlich) getragenen Kosten (Auflösungskosten entsprechend § 17 Abs. 2 EStG) und seine Anschaffungskosten den gemeinen Wert des zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft übersteigen.

Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben. Dazu gehören nach § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB auch nachträgliche Anschaffungskosten. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung zählen neben (verdeckten) Einlagen auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungs- oder Auflösungskosten sind.

Als in den Verlust einzubeziehende nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung kommen –bezogen auf den Streitfall– Leistungen des GmbH-Gesellschafters aus einer für Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung in Betracht, wenn die Übernahme der Bürgschaft durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und die Rückgriffsforderung gegen die Gesellschaft wertlos ist. 

Die Anschaffungskosten erhöhen sich um den Nennwert der wertlos gewordenen Rückgriffsforderung, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme bereits in der Krise war. Maßgebend dafür ist, ob ein Gesellschafter der Gesellschaft in einem Zeitpunkt, in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten, stattdessen ein Darlehen gewährt oder eine dem Darlehen wirtschaftlich entsprechende andere Rechtshandlung –insbesondere eine Bürgschaft– ausführt .

Das FG hat in möglicher, nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffener und damit den Senat bindender Weise (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, dass die Bürgschaft in einer Situation gewährt wurde, in der bei objektiver Betrachtung ex ante ein ordentlicher Kaufmann angesichts der Risikobehaftung der Rückzahlung der gesicherten Bankdarlehen durch die GmbH dieser Eigenkapital zugeführt hätte. Die die Krise verursachende Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft zeigt sich im Streitfall schon darin, dass sich die GmbH mit den vorhandenen gesellschaftseigenen Sicherungsmitteln den für die von ihr beabsichtigte Bauträgertätigkeit erforderlichen Kredit nicht aus eigener Kraft verschaffen konnte.