Berichtigung nach § 129 AO

Es ist aus der Sicht eines objektiven Dritten zu prüfen, ob die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass dem Sachbearbeiter ein nicht mechanischer Fehler unterlaufen ist.

Diese Möglichkeit besteht nicht, wenn positiv feststeht, dass dem Sachbearbeiter ein nicht mechanischer Fehler unterlaufen ist.

BFH Beschluss vom 18.06.2014 – XB 222/13 BFH NV 2014 S. 1877

Beispiel:

Hinsichtlich der Frage, ob ein Fehler aus Sicht eines objektiven Dritten ein mechanisches Versehen ist oder ein Denk- oder Überlegungsfehler sein kann, gibt die Beschwerdebegründung die Rechtsprechung des BFH nicht zutreffend wieder. Die Rechtssätze, von denen das FG in diesem Punkte ausgegangen ist, entsprechen dieser vielmehr.

In den beiden seitens der Beschwerdebegründung zitierten Entscheidungen hat der BFH sinngemäß ausgeführt, ein Bescheid könne wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 AO korrigiert werden, wenn der Fehler auf einem mechanischen Fehler beruhe und die ernsthafte Möglichkeit eines Tatsachen- oder Rechtsirrtums, eines sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehlers oder unvollständiger Sachverhaltsaufklärung in Bezug auf den Fehler ausgeschlossen werden könne. Ob dies der Fall ist –ob nämlich ein derartiger Denkfehler auszuschließen ist und ein mechanisches Versehen vorliegt und überdies die Unrichtigkeit “offenbar” ist–, ist aus der Sicht eines objektiven Dritten zu beurteilen

Die Beschwerdebegründung geht offenbar davon aus, dass bei der Prüfung der Art des Fehlers gedanklich ein objektiver Dritter an die Stelle des Bearbeiters zu setzen ist und unbeachtlich ist, welcher Fehler dem Bearbeiter im konkreten Fall tatsächlich unterlaufen ist. Das trifft nicht zu. Entscheidend für die Anwendung des § 129 AO ist der Ausschluss der ernsthaften Möglichkeit, dass der Fehler auf einem nicht mechanischen Fehler beruht. Erst diese Frage ist aus der Sicht des objektiven Dritten zu prüfen. Soweit der BFH die Sicht des objektiven Dritten zum Maßstab macht, bedeutet das somit nicht, dass der objektive Dritte den Sachverhalt anstelle des Bearbeiters zu prüfen hätte, sondern dass der objektive Dritte den auf den Sachverhalt bezogenen Bearbeitungsvorgang, wie der Bearbeiter ihn im konkreten Fall durchgeführt hat, zu prüfen hat. Anders lässt sich die Ursache eines konkreten Fehlers auch nicht prüfen, denn es ist der Bearbeiter, dem der Fehler unterlaufen ist, und nicht ein fiktiver Dritter.

Daraus folgt: Ist aus der Sicht des objektiven Dritten in tatsächlicher Hinsicht (positiv) festzustellen und damit nachgewiesen, dass dem Bearbeiter ein nicht mechanischer Fehler unterlaufen ist, so bewendet es dabei. Das gilt unabhängig davon, wie absonderlich dieser Fehler bei Rekonstruktion des Bearbeitungsvorgangs erscheinen mag. Die ernsthafte Möglichkeit eines Tatsachen- oder Rechtsirrtums, eines sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehlers oder unvollständiger Sachverhaltsaufklärung besteht nicht und kann –erst recht– nicht ausgeschlossen werden, wenn umgekehrt positiv feststeht, dass ein derartiger, die Anwendung von § 129 AO ausschließender nicht mechanischer Fehler tatsächlich vorliegt.