Übersteigt der Gesamtwert des im Wege der Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 eingebrachten Betriebsvermögens aufgrund eines sog. negativen Geschäftswerts nicht dessen Buchwert, darf die übernehmende Kapitalgesellschaft die Buchwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens auch dann nicht auf höhere Werte aufstocken, wenn deren Teilwerte die jeweiligen Buchwerte überschreiten.
BFH Urteil vom 28.04.2016 – IR 33/14 BFH/NV 2016, 1418 |
Begründung:
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die Vorinstanz hat zu Recht entschieden, dass eine Aufstockung der Wertansätze des eingebrachten Betriebsvermögens in der Einbringungsbilanz der Klägerin aufgrund des negativen Geschäftswerts des eingebrachten Teilbetriebs nicht möglich gewesen ist.
Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft eingebracht, und erhält der Einbringende dafür neue Anteile an der Gesellschaft (Sacheinlage), darf die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert ansetzen. Der Buchwert ist der Wert, mit dem der Einbringende das Betriebsvermögen im Zeitpunkt der Sacheinlage nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung anzusetzen hat (§ 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 1995). Nach § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 dürfen bei dem Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter nicht überschritten werden.
Die vorstehenden Grundsätze sind im Streitfall anzuwenden: Die Beigeladene (Einbringende) hat ihren vormaligen Teilbetrieb Y in die Klägerin (übernehmende Kapitalgesellschaft) eingebracht und hierfür einen neuen Geschäftsanteil an dieser erhalten. Dass der vormalige Teilbetrieb Y die Voraussetzungen eines Teilbetriebs i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 erfüllt hat, hat das FG festgestellt, ohne dass die Beteiligten dies mit zulässigen und begründeten Einwendungen angegriffen haben. Der erkennende Senat ist daher gemäß § 118 Abs. 2 FGO an diese Feststellung gebunden.
Sonach stand der Klägerin das der übernehmenden Kapitalgesellschaft durch § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 eingeräumte Wahlrecht zu, das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Einbringungsbilanz zum 1. Oktober 2000 mit dem Buchwert oder einem höheren Wert anzusetzen, wobei gemäß § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter nicht überschritten werden durften.
Bei isolierter Betrachtung des Wortlauts des § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 haben die Wertansätze in der Einbringungsbilanz der Klägerin die dort geregelte Höchstgrenze nicht überschritten. Denn nach den Feststellungen der Vorinstanz, die auf der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten beruhen, lagen die Wertansätze der einzelnen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens in der Einbringungsbilanz nicht über deren jeweiligen Teilwerten. Streitig ist indes zwischen den Beteiligten, welche Bedeutung in Zusammenhang mit der Höchstgrenze des § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 dem Umstand beizumessen ist, dass der eingebrachte Teilbetrieb nach den –ebenfalls auf der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten beruhenden– vorinstanzlichen Feststellungen im Streitfall aufgrund schlechter Ertragsaussichten mit einem sog. negativen Geschäftswert belastet war, der Gesamtwert des Teilbetriebs als wirtschaftlicher Einheit mithin geringer gewesen ist als die Summe der Teilwerte seiner einzelnen Wirtschaftsgüter.
Die Klägerin misst einem negativen Geschäftswert des Gesamt-(Teil)Betriebs im Zusammenhang mit dem Wahlrecht nach § 20 Abs. 2 UmwStG 1995 keine Bedeutung bei und berechnet den höchst zulässigen Wertansatz ausnahmslos anhand der in § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 benannten Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter.
FA und FG verweisen demgegenüber auf das u.a. beim entgeltlichen Erwerb von Betrieben (oder Teilbetrieben) zu beachtende Anschaffungskostenprinzip, nach welchem Anschaffungsvorgänge ergebnisneutral zu erfassen und einem negativen Geschäftswert des Erwerbsgegenstands bilanziell dadurch Rechnung zu tragen ist, dass die Teilwertansätze des aktiven Betriebsvermögens. Diese Grundsätze seien auf die Bewertung des eingebrachten Betriebsvermögens nach § 20 Abs. 2 UmwStG 1995 zu übertragen.
Der letztgenannten Auffassung ist zu folgen. Die Wertaufstockungen im Rahmen des § 20 Abs. 2 UmwStG 1995 dürfen nicht zu einem den Teilwert des eingebrachten Betriebsvermögens als Sachgesamtheit (unter Berücksichtigung des negativen Geschäftswerts) übersteigenden Wertansatz. Denn bei der Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs sind umwandlungssteuerrechtlich nicht nur die Werte der aktivierten Einzelwirtschaftsgüter, sondern ist auch der Gesamtwert der eingebrachten Sachgesamtheit von Bedeutung.
Auszugehen ist hierbei davon, dass § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 UmwStG 1995 das Privileg des Bewertungswahlrechts nicht für die Einbringung beliebiger Ansammlungen betrieblich genutzter Wirtschaftsgüter, sondern nur für die Einbringung von Betrieben oder Teilbetrieben, d.h. von selbständig lebensfähigen Sachgesamtheiten einschließlich der die Einzelwirtschaftsgüter verbindenden Organisation, gewährt. Derartige Sachgesamtheiten zeichnen sich indes regelmäßig dadurch aus, dass ihr Gesamtwert nicht mit der Summe der Einzelwerte (Teilwerte) der zugehörigen Wirtschaftsgüter identisch ist.
Zu berücksichtigen ist ferner, dass nach ständiger Rechtsprechung die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils gegen Erhalt neuer Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft ein tauschähnlicher Vorgang und somit eine Veräußerung einerseits und eine Anschaffung andererseits ist. Tatbestandlich handelt es sich um eine Betriebsveräußerung i.S. des § 16 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes.
An dem Charakter des Veräußerungs- bzw. Anschaffungsvorgangs ändern die Sonderregelungen der §§ 20 ff. UmwStG 1995 nichts. Dieser Charakter wird vielmehr –jedenfalls für Sacheinlagen zum Teil- oder zum Zwischenwert– durch die Bestimmung des § 20 Abs. 4 UmwStG 1995 bestätigt, demzufolge der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, für den Einbringenden als Veräußerungspreis (und als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile) gilt, während für die Kapitalgesellschaft dieser Wert die rechtliche Bedeutung von Anschaffungskosten der einzelnen Wirtschaftsgüter hat.
Dem grundsätzlichen Anschaffungscharakter der Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 steht nicht die von der Klägerin angeführte Bestimmung des § 22 Abs. 3 UmwStG 1995 entgegen, wonach die eingebrachten Wirtschaftsgüter als im Zeitpunkt der Einbringung von der Kapitalgesellschaft als angeschafft gelten, wenn die Einbringung des Betriebsvermögens im Wege der Einzelrechtsnachfolge erfolgt (Halbsatz 1), während bei Einbringung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes § 22 Abs. 2 UmwStG 1995 (welcher seinerseits auf § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 verweist und diesen modifiziert) entsprechend gilt (Halbsatz 2). Die Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen bei einer Einbringung zum Teilwert die übernehmende Gesellschaft nach Maßgabe von § 12 Abs. 3 UmwStG 1995 in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers eintritt (z.B. hinsichtlich der AfA) und in welchen Fällen dies nicht der Fall ist und stattdessen die allgemeinen Anschaffungsregeln gelten. Daraus kann aber nicht darauf geschlossen werden, dass nur diejenigen Einbringungsfälle Anschaffungscharakter haben, in denen die Einbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge erfolgt –was bei der hier vorliegenden Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 der Fall wäre– und außerdem das eingebrachte Betriebsvermögen zum Teilwert angesetzt wird. Ein tausch- bzw. anschaffungsähnlicher Vorgang ist vielmehr auch bei Einbringungen zu einem Zwischenwert.
Der Senat hat aus dem Veräußerungs- bzw. Anschaffungscharakter der Einbringung geschlossen, dass bei Buchwertaufstockungen auf Zwischenwerte die in den einzelnen Wirtschaftsgütern jeweils ruhenden stillen Reserven nicht beliebig aufgestockt werden können, sondern dass die aufzudeckenden stillen Reserven grundsätzlich gleichmäßig auf alle Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebsvermögens zu verteilen sind. Es liegt in der Konsequenz dieses auf das eingebrachte Betriebsvermögen als Gesamtheit abstellenden Verständnisses, auch bei der Bemessung der Höchstgrenze des Zwischenwertansatzes nach § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 die eingebrachte Sachgesamtheit im Auge zu behalten und einen vorhandenen negativen Geschäftswert zu berücksichtigen.
Der von der Klägerin für zulässig gehaltene Wertansatz oberhalb des Teilwerts des eingebrachten Betriebsvermögens als Sachgesamtheit wird im Übrigen dem Zweck der Einbringungsregeln nicht gerecht. Mit der Gewährung des Bewertungswahlrechts nach § 20 Abs. 2 UmwStG 1995 sollen Umstrukturierungsvorgänge durch Überführung von Unternehmen oder Unternehmensteilen in eine aufnehmende Kapitalgesellschaft in der Weise begünstigt werden, dass eine nach den allgemeinen Regeln des Ertragsteuerrechts zwingende Aufdeckung stiller Reserven des übertragenen Vermögens bei den einbringenden Personen vorerst unterbleiben kann. Ein Wertansatz, bei dem die Summe der Werte der einzelnen Wirtschaftsgüter den Teilwert des eingebrachten Betriebs oder Teilbetriebs als Sachgesamtheit übersteigt, würde indessen (über die Bindung nach § 20 Abs. 4 UmwStG 1995) beim Einbringenden zu einer Überbewertung (mit der Folge eines überhöhten Gewinnansatzes) und bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft zu einem überhöhten Abschreibungsvolumen führen. Solche Ergebnisse zu ermöglichen, wird durch die §§ 20 ff. UmwStG 1995 nicht
Nach den auf der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten beruhenden Feststellungen des FG lag infolge des negativen Geschäftswerts des Teilbetriebs Y dessen Teilwert als Sachgesamtheit nicht höher als die Summe der Buchwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter. Das FG hat sich zu Recht an das Ergebnis der tatsächlichen Verständigung gebunden gesehen. Es hat ausführlich begründet, aus welchen Gründen das Ergebnis der tatsächlichen Verständigung naheliegend, jedenfalls aber nicht offensichtlich unzutreffend und daher verbindlich ist. Die Beteiligten haben dagegen keine Einwendungen erhoben; auch für den Senat sind keine Anhaltspunkte für das Fehlen der Bindungswirkung der tatsächlichen
Demnach durfte die Klägerin diese Buchwerte in der Einbringungsbilanz nicht auf höhere Werte aufstocken. Das FA hat der Besteuerung der Klägerin für die Streitjahre deshalb zu Recht nicht die höheren AfA-Sätze zugrunde gelegt. Weil für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich, muss der Senat nicht darüber befinden, ob ein negativer Geschäftswert des eingebrachten Betriebs oder Teilbetriebs ggf. dazu führen kann, dass die Buchwerte des eingebrachten Aktivvermögens abzustocken sind (so Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O., § 20 UmwStG Rz 318).