Entschädigungen als Ersatz für entgangene Gehalts- und Rentenansprüche bei geleisteten Schadensersatzzahlungen aus Amtshaftung

Eine Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG liegt auch dann vor, wenn eine Schadensersatzleistung aus Amtshaftung als Surrogat für die durch eine rechtswidrige Abberufung als Bankvorstand entstandenen Verdienst- und Betriebsrentenausfälle geleistet wird.

BFH Urteil vom 12.07.2016 – IX R 33/15 BFHNV 2017 S. 84

Begründung:

Das FG hat zu Recht die von der Z für entgangene Gehalts- und Rentenansprüche geleisteten Schadensersatzzahlungen als Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG angesehen (dazu unter 1.). Die Zinszahlung in Höhe von… EUR wurde vom FG zutreffend den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zugeordnet (dazu unter 2.). Die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember… in Höhe von 0 EUR ist ebenfalls zutreffend (dazu unter 3.).

Nach § 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch Entschädigungen, die –wie im Streitfall– “als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen” gewährt worden sind.

Zahlungen, die nicht an die Stelle weggefallener Einnahmen treten, sondern bürgerlich-rechtlich Erfüllungsleistungen eines Schuldverhältnisses sind, gehören nicht zu den Entschädigungen. Um eine Entschädigung handelt es sich nur dann, wenn die bisherige Grundlage für den Erfüllungsanspruch weggefallen ist und der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruht (BFH-Urteile vom 21. September 1993 IX R 32/90, BFH/NV 1994, 308; vom 9. Juli 2002 IX R 29/98, BFH/NV 2003, 21). Es reicht daher nicht aus, wenn die bisherige vertragliche Basis bestehen geblieben ist und sich nur Zahlungsmodalitäten geändert haben (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 11. Januar 2005 IX R 67/02, BFH/NV 2005, 1044; vom 16. September 2015 III R 22/14, BFH/NV 2016, 26, Rz 18) oder die Vertragsparteien den Vertrag zwar einvernehmlich beenden, aber sich noch zu Zahlungen verpflichten, die bürgerlich-rechtlich Erfüllungsleistungen aus dem beendeten Rechtsverhältnis darstellen. Erforderlich ist vielmehr, dass der Steuerpflichtige durch den Wegfall von Einnahmen einen Schaden erleidet, der durch die Zahlung unmittelbar ausgeglichen werden soll (z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 2003, 21; in BFH/NV 2005, 1044, betreffend Entschädigung des Vermieters für die vorzeitige Aufhebung eines Mietvertrags; vom 29. Februar 2012 IX R 28/11, BFHE 237, 56, BStBl II 2012, 569, Rz 11; in BFH/NV 2016, 26).

Das FG hat danach zu Recht entschieden, dass der auf der neuen Rechtsgrundlage des gerichtlichen Vergleichs vom… (vgl. § 278 Abs. 6, § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung) vereinnahmte Betrag von… EUR als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden ist. Denn nach dem Inhalt dieses gerichtlichen Vergleichs setzt er sich aus “entgangenen Gehaltsansprüchen” sowie “entgangenen Rentenansprüchen” zusammen. Infolge der auf dem rechtswidrigen Abberufungsverlangen beruhenden vorzeitigen Beendigung des Dienstvertrages im… und unterbundenen Weiterbeschäftigung als… entfielen künftige Einnahmen des Klägers aus den Gehältern und der betrieblichen Altersversorgung, und die Zahlung der Z diente unmittelbar dem Ausgleich dieses Schadens.

Diese Zuwendungen werden durch § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugewiesen, zu denen die weggefallenen Einnahmen (Gehalt; betriebliche Rente, dazu BFH-Beschluss vom 4. Juli 2005 VI B 72/04, BFH/NV 2005, 1998) im Falle ihrer Erzielung gehört hätten. Dies gilt auch, wenn der Ersatz für die entgehenden Einnahmen von einem Dritten gezahlt wird (BFH-Urteile vom 21. Januar 2004 XI R 40/02, BFHE 205, 129, BStBl II 2004, 716; vom 8. November 2007 IV R 30/06, BFH/NV 2008, 546). Daher ist es unerheblich, dass die Zuwendung nicht von dem ehemaligen Arbeitgeber, sondern von der Z geleistet wurde.

Nach diesen Maßstäben hat das FG die Schadensersatzzahlung der Z zutreffend als steuerbare Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG behandelt und zu Recht –wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist– der ermäßigten Besteuerung nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG unterworfen.

Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit betragen… EUR (=… EUR./. 920 EUR (Arbeitnehmer-Pauschbetrag gemäß § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG) +… EUR./…. EUR (Versorgungsfreibetrag gemäß § 19 Abs. 2 EStG)./…. EUR (Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gemäß § 19 Abs. 2 EStG)./. 102 EUR (Werbungskosten-Pauschbetrag gemäß § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG)).

Anders als das FG und der Kläger meinen, entspricht die Wertung dieser Zuwendungen als Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG auch den im Urteil des Senats vom 10. Juli 2008 IX R 84/07 (BFH/NV 2009, 130) dargestellten Rechtsgrundsätzen.

In jener Entscheidung wird danach unterschieden, ob eine Entschädigung für die Beendigung eines laufenden Vertrages mit der Konsequenz eines –dann zu entschädigenden– Verdienstausfalles oder aber im Einzelfall deshalb geleistet wurde, weil wegen Nichtabschlusses eines neuen Vertrages keine neue Verdienstmöglichkeit eröffnet wurde; lediglich in der einen Ausnahmefall darstellenden letztgenannten Alternative ist § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht anwendbar. Jenes Verfahren bezog sich auf die Vereinbarung einer Entschädigung während eines laufenden befristeten Dienstverhältnisses, die dafür geleistet wurde, dass das Dienstverhältnis vertragsgemäß auslief und nicht verlängert wurde. Der dem Streitfall zugrunde liegende Sachverhalt ist jedoch –entgegen der Auffassung des FG– mit jenem nicht vergleichbar. Denn hier werden mit der Leistung der Z konkret die Verdienst- und betrieblichen Rentenausfälle des Klägers für den Zeitraum nach fristloser Kündigung und der unterbundenen Weiterbeschäftigung als… ersetzt. Ausweislich des gerichtlichen Vergleichs vom… wurde der Betrag von… EUR für entgangene Gehaltsansprüche sowie entgangene Rentenansprüche geleistet. Diesem Vergleich lag die Klageschrift vom… zugrunde. Nach dieser sollte der Kläger als… übernommen werden. Eine Übernahme sei nur auf Grund des rechtswidrigen Abberufungsverlangens der Z unterblieben. Dem Kläger sei die Übernahme als… mündlich zugesagt worden; der rechtsverbindliche Bestellungsakt sei nur noch eine “Formsache” gewesen. Im Übrigen sei der Kläger nach der unterbliebenen Übernahme in… nur aufgrund des Abberufungsverlangens gehindert gewesen, bei einer anderen… eine vergleichbare Position zu erlangen. Hieraus seien ihm monatsweise aufgelistete “Verdienstausfallschäden” für den Zeitraum von… bis… entstanden und ab… eine monatliche “Rente” aus einer zusätzlichen betrieblichen Altersversorgung entgangen. Somit stellt der im Streitfall gegenständliche Betrag bestimmungsgemäß den Ersatz für den Verdienst- und betrieblichen Rentenausfall des Klägers dar. Die Ersatzzahlung ist auch nach den dargelegten Grundsätzen jenes Senatsurteils (in BFH/NV 2009, 130, Rz 16) als Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG anzusehen. Anders als das FG meint, besteht daher keine Divergenz zu der Rechtsprechung des XI. Senats des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 10. September 2003 XI R 9/02, BFHE 204, 65, BStBl II 2004, 349; vom 6. Juli 2005 XI R 46/04, BFHE 210, 498, BStBl II 2006, 55; vom 6. September 2006 XI R 38/04, BFH/NV 2007, 408).

Die im Streitjahr… hinsichtlich der entgangenen Gehalts- und Rentenansprüche vereinnahmten Zinszahlungen in Höhe von… EUR wurden zutreffend als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfasst (BFH-Urteile vom 25. Oktober 1994 VIII R 79/91, BFHE 175, 439, BStBl II 1995, 121; vom 12. November 2013 VIII R 36/10, BFHE 243, 506, BStBl II 2014, 168, Rz 34).

Schließlich hat das FG den auf den 31. Dezember… verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zu Recht in Höhe von 0 EUR festgestellt, da der zum 31. Dezember… verbliebene Verlustvortrag in Höhe von… EUR im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr… vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen worden ist.