Zustimmung des FA zur Wahl eines abweichenden Wirtschaftsjahrs für den Gewerbebetrieb eines Land- und Forstwirts

Kann ein Land- und Forstwirt erst nach Beginn des Wirtschaftsjahrs für seinen Betrieb erkennen, dass sich aus diesem Betrieb ein Gewerbebetrieb herausgelöst hat, reicht es für die Ausübung des Wahlrechts zur Bestimmung eines dem land- und forstwirtschaftlichen Wirtschaftsjahr entsprechenden Wirtschaftsjahrs für den Gewerbebetrieb aus, wenn er dem FA einen einheitlichen Jahresabschluss für den Gesamtbetrieb verbunden mit einer sachlich nachvollziehbaren Aufteilung des Gewinns auf den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und den Gewerbebetrieb vorlegt.

Das FA erklärt konkludent seine Zustimmung zur Wahl eines abweichenden Wirtschaftsjahrs für den Gewerbebetrieb eines Land- und Forstwirts, wenn es im Einkommensteuerbescheid der Steuererklärung folgt, der eine solche Gewinnermittlung für das abweichende Wirtschaftsjahr zugrunde liegt. Die Zustimmung kann nach § 130 Abs. 2 AO zurückgenommen werden, wenn sich nachträglich ihre Rechtswidrigkeit herausstellt.

BFH Urteil vom 7.11.2013, IV R 13/10

Begründung:

Nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG ist Wirtschaftsjahr bei Gewerbetreibenden, deren Firma nicht im Handelsregister eingetragen ist, das Kalenderjahr. Sind sie jedoch gleichzeitig buchführende Land- und Forstwirte, so können sie mit Zustimmung des FA den für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb maßgebenden Zeitraum als Wirtschaftsjahr für den Gewerbebetrieb bestimmen, wenn sie für den Gewerbebetrieb Bücher führen und für diesen Zeitraum regelmäßig Abschlüsse machen.

Der Kläger erfüllte in den Streitjahren die Voraussetzungen für die Ausübung dieses Wahlrechts. Buchführender Land- und Forstwirt i.S. des § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG sind nach der Legaldefinition in § 8c Abs. 3 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) solche Land- und Forstwirte, die aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung oder ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen. Das Aufstellen einmaliger Abschlüsse, wie etwa einer Eröffnungs- oder Schlussbilanz, ist ebenso wenig ausreichend wie die Durchführung vorbereitender Jahresabschlussarbeiten. Das Wahlrecht steht danach solchen Steuerpflichtigen nicht zu, die den land- und forstwirtschaftlichen Gewinn durch Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG oder nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG ermitteln; Entsprechendes gilt für Landwirte, die den Gewinn unter Nichtbeachtung der Gewinnermittlungsvorschriften durch Vollschätzung ermitteln.

Unterhält der Land- und Forstwirt neben dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auch einen Gewerbebetrieb, ist dem Wortlaut des § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG zufolge Voraussetzung für die Wahl eines mit dem land- und forstwirtschaftlichen Wirtschaftsjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahrs für den Gewerbebetrieb, dass auch für den Gewerbebetrieb Bücher geführt und für den betreffenden Zeitraum regelmäßig Abschlüsse gemacht werden. Kein Wahlrecht zur Bestimmung eines abweichenden Wirtschaftsjahrs für den Gewerbebetrieb besteht also dann, wenn dessen Gewinn durch Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG oder unter Verstoß gegen die Gewinnermittlungsvorschriften durch Schätzung ermittelt wird.

Das Gesetz geht in § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG von der Vorstellung aus, dass der Steuerpflichtige sich der Existenz zweier Betriebe bewusst ist, denn nur in diesem Fall kann der Steuerpflichtige darüber entscheiden, auf welche Weise und für welchen Zeitraum er den Gewinn für den Gewerbebetrieb ermitteln will. Keine Regelung enthält das Gesetz für den Fall, dass dem Steuerpflichtigen die Existenz eines zweiten Betriebs nicht bekannt ist. Unter dieser Voraussetzung kann der Steuerpflichtige naturgemäß nur eine einheitliche Entscheidung über Art und Zeitraum seiner Gewinnermittlung treffen.

So liegen die Dinge auch, wenn der Steuerpflichtige von einem einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ausgeht, ohne erkennen zu können, dass nach objektiven Kriterien ein Teil der aus seiner Sicht einheitlichen betrieblichen Tätigkeit ein Gewerbebetrieb ist. Die für diesen Fall bestehende Gesetzeslücke ist nach Auffassung des erkennenden Senats dahingehend zu füllen, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Wahlrechts dann erfüllt sind, wenn für den aus Sicht des Steuerpflichtigen bestehenden einheitlichen Betrieb insgesamt Bücher geführt und regelmäßig Abschlüsse aufgestellt werden. Damit ist sichergestellt, dass sämtliche Geschäftsvorfälle ordnungsgemäß buchmäßig erfasst sind und dass das Betriebsvermögen zum Ende des Wirtschaftsjahrs aufgrund einer umfassenden Inventur ermittelt worden ist. Die auf den herausgelösten Gewerbebetrieb entfallenden Teile der Buchführung und Inventur können teils unmittelbar, teils im Wege der Schätzung bestimmt werden. Dass die Aufteilung feststehender Gesamtbeträge teilweise im Wege der Schätzung erfolgt, steht der Ausübung des Wahlrechts nicht entgegen. Derartige Schätzungen werden sich auch bei einer von Beginn eines Gewinnermittlungszeitraums an bestehenden getrennten Buchführung nicht vermeiden lassen, weil landwirtschaftlicher Betrieb und gewerblicher Tierhaltungsbetrieb in vielfältiger Weise eng miteinander verflochten sind und Betriebsausgaben häufig zusammengefasst für beide Betriebe anfallen (z.B. Löhne, Ausgaben für Maschinen, Mieten und Pachten).

 

Zurechnung des Gewinns bei Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer Mitunternehmerschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr

Bei Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr ist der Gewinn in dem Kalenderjahr des Ausscheidens bezogen; § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG ist auf den ausscheidenden Mitunternehmer nicht anwendbar.

BFH Urteil vom 18.8.2010, X R 8/07

Erläuterungen:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 18. August 2010 X R 8/07 entschieden, dass bei Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr der Gewinn in dem Kalenderjahr des Ausscheidens bezogen ist; § 4a Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei auf den ausscheidenden Mitunternehmer nicht anwendbar.

Der Kläger war Gesellschafter einer OHG, deren Wirtschaftsjahr vom 1. März bis 28. Februar des Folgejahres lief. Mit Vertrag vom 15. Dezember 2003 brachte der Kläger seine Beteiligung an der OHG mit Wirkung vom 2. Dezember 2003 in eine Stiftung ein und schied als Gesellschafter bei der OHG aus. Den bis zum 2. Dezember 2003 erzielten Gewinnanteil erfasste das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2003.

Der BFH hob die stattgebende Entscheidung des Finanzgerichts auf und wies die Klage ab. Zwar gelte gemäß § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG bei Gewerbetreibenden der Gewinn des Wirtschaftsjahres als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr ende. § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG treffe aber keine Zuweisungsentscheidung für Gewinne von Mitunternehmern, die während des abweichenden Wirtschaftsjahres aus der Mitunternehmerschaft ausschieden. Deren Gewinne seien daher im Jahr des Ausscheidens zu erfassen. Der "Gewinnermittlungszeitraum" für den einzelnen Mitunternehmer werde durch den "Einkunftserzielungszeitraum" bestimmt, der durch die Dauer der Beteiligung begrenzt sei und der für den im Lauf des Wirtschaftsjahres ausscheidenden Mitunternehmer mit dessen Ausscheiden ende. Diese Auffassung entspreche auch der Rechtsprechung des IV. Senats.