Folgen einer unterbliebenen Anhörung durch das FA bei Abweichungen von der Steuererklärung

Weicht das FA beim Erlass eines Steuerbescheids von der Steuererklärung ab und unterlässt es die nach § 91 AO erforderliche Anhörung, wird dieser Verfahrensfehler gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 3 AO geheilt, wenn es im Steuerbescheid mit hinreichender Deutlichkeit auf die Abweichung hinweist. Enthält der Steuerbescheid einen solchen Hinweis, kann eine Versäumung der Einspruchsfrist nicht gemäß § 126 Abs. 3 AO auf die unterbliebene Anhörung zurückgeführt werden.

Auch wenn ein FA die Vorschrift des § 91 AO generell nicht beachten würde, könnte dies keinen gesteigerten Anspruch auf Individualrechtsschutz über die in den Regelungen der AO und FGO enthaltenen Fehlerfolgen hinaus begründen.

BFH Beschluss vom 30.04.2014 – X B 244/13 (NV) (veröffentlicht am 23.07.2014)

Tatbestand

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) machten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2010 u.a. Zuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke sowie Zuwendungen an politische Parteien geltend. Zuwendungsbestätigungen fügten sie nicht bei. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) berücksichtigte die Zuwendungen im Einkommensteuerbescheid vom 27. Juli 2011 nicht. Die in § 91 der Abgabenordnung (AO) vor Erlass des Bescheids vorgesehene Anhörung unterblieb; allerdings wies das FA zu Beginn der im Steuerbescheid enthaltenen Erläuterungen darauf hin, dass die Zuwendungen wegen des Fehlens der Zuwendungsbestätigungen nicht berücksichtigt worden seien.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Tragend für das FG war dessen rechtliche Würdigung, der Anhörungsmangel sei durch die im Steuerbescheid enthaltenen Erläuterungen geheilt worden; aus diesem Grunde sei auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Einspruchsfrist zu gewähren. Hierzu hat es die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung zu vergleichbaren Fallgestaltungen zitiert .Mit dieser ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung setzt sich die Beschwerdebegründung nicht auseinander.

Eine grundsätzliche Bedeutung der Sache folgt aus diesen Ausführungen nicht.

  • 157 AO trifft Regelungen zu Form und Inhalt von Steuerbescheiden; § 119 Abs. 3 Satz 2 AO lässt es ersichtlich zu, Verwaltungsakte –auch Steuerbescheide– formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen zu erlassen. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung haben die Kläger insoweit weder vor dem Ergehen des Beschlusses, mit dem das FG die Entscheidung des Rechtsstreits der Einzelrichterin übertragen hat, noch danach dargelegt.

Auch wenn es zutreffen sollte, dass das beklagte FA bei Abweichungen zwischen der Steuererklärung und dem Steuerbescheid generell die gebotene Anhörung unterlasse –wofür das von den Klägern vorgelegte Schreiben des Vorstehers des FA sprechen könnte–, würde der Rechtsstreit dadurch nicht grundsätzlich bedeutsam. Die Folgen einer unterlassenen Anhörung sind im steuerlichen Verfahrensrecht eindeutig geregelt. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich insoweit nicht. Dies zeigt auch das angefochtene Urteil der Einzelrichterin, in dem die Folgen der unterbliebenen Anhörung zutreffend aufgezeigt worden sind. Wenn die Kläger meinen, das beklagte FA halte sich generell nicht an Verfahrensvorschriften, steht es ihnen frei, dies bei den Stellen der Fach- oder Dienstaufsicht vorzubringen. Ein Anspruch auf Individualrechtsschutz über die in den Vorschriften der AO und FGO enthaltenen Fehlerfolgen hinaus begründet dies indes nicht.

Schwerwiegende Ermessensfehler des FA haben die Kläger nicht darlegen können. Vielmehr stellt sich das Verhalten des FA –abgesehen von der unterbliebenen Anhörung– in verfahrensrechtlicher Hinsicht als ordnungsmäßig dar.