Verpachtung einer Apotheke im Ganzen

Eine Betriebsaufspaltung ist nur bei ausdrücklicher Aufgabeerklärung für die Zukunft möglich.

BFH Urteil vom 3.4.2014, X R 16/10

Begründung:

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt die Verpachtung eines Gewerbebetriebs nicht zwangsläufig zu einer Betriebsaufgabe und damit zur Aufdeckung der stillen Reserven. Ein Gewerbetreibender braucht vielmehr die in seinem Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven dann nicht aufzudecken, wenn er zwar selbst seine werbende Tätigkeit einstellt, aber entweder den Betrieb im Ganzen als geschlossenen Organismus oder zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs verpachtet  und der Steuerpflichtige gegenüber den Finanzbehörden nicht (klar und eindeutig) die Aufgabe des Betriebs erklär.

Wird keine Aufgabeerklärung abgegeben, so geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Absicht besteht, den unterbrochenen Betrieb künftig wieder aufzunehmen, sofern die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter dies ermöglichen.

Eine Betriebsverpachtung setzt danach u.a. voraus, dass der Steuerpflichtige dem Pächter einen Betrieb zur Nutzung überlässt, den der Pächter im Wesentlichen fortsetzen kann. Dem Verpächter muss objektiv die Möglichkeit verbleiben, den “vorübergehend” eingestellten Betrieb als solchen wieder aufzunehmen und fortzuführen.

Unstreitig haben sowohl V als auch M ihre Apotheken als solche, d.h. die dem Apothekenbetrieb dienenden Räume einschließlich der Geschäftseinrichtung, verpachtet. Für die Dauer des Pachtverhältnisses überlassen war bei der X-Apotheke ausdrücklich auch die Firma. Damit waren die wesentlichen Betriebsgegenstände, mittels derer die Pächter den Apothekenbetrieb jeweils fortsetzen konnten, auf Zeit überlassen.  Der Hinweis der Klägerin, V habe mit Beginn des Pachtvertrags sowohl die Firma als auch sein “Apothekenrecht” auf den Pächter übertragen, vermag an der Fortführungsmöglichkeit nichts zu ändern

Der Annahme einer Betriebsverpachtung im Ganzen steht nach der neueren Rechtsprechung nicht entgegen, dass die die wesentlichen Betriebsgrundlagen des Unternehmens verkörpernden Immobilien branchenfremd verpachtet werden. Selbst ein Wettbewerbsverbot hindert eine Betriebsverpachtung nicht notwendigerweise.

All diesen Entscheidungen liegt die Erwägung zugrunde, dass der Betriebsverpächter demnach nach Beendigung des Pachtverhältnisses nur die Möglichkeit haben muss, einen ähnlichen Gewerbebetrieb zu eröffnen. Die Gleichartigkeit des neuen Betriebs mit dem ursprünglich verpachteten Betrieb ist nicht erforderlich und kann auch bei einer Apotheke nicht gefordert werden.

Zwar führt nach der Rechtsprechung des BFH die Veräußerung wesentlicher Teile des Betriebsvermögens auch ohne ausdrückliche Erklärung zur Betriebsaufgabe mit der Folge, dass dann nur noch die einzelnen, von diesem Zeitpunkt an dem Privatvermögen zuzurechnenden Gegenstände verpachtet.  Die Veräußerung des Inventars war jedoch kein solcher Fall.

Arztpraxis als notwendiges Betriebsvermögen einer Apotheke

Die Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen verlangt objektiv die Eignung, den Betrieb zu fördern, und subjektiv eine eindeutig erkennbare Widmungsentscheidung.

Das FG hat im Rahmen seiner Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu überprüfen, ob im Streitfall ein bestimmungsgemäßer Funktionszusammenhang zwischen den Arztpraxen und der im Erdgeschoss gelegenen Apotheke des Klägers besteht.

BFH Beschluss vom 05.09.2012 – XB 129/11 BFHNV 2013 S. 37

Begründung:

Das FG habe die These vertreten, der Gesellschaftsanteil werde zwingend und ausnahmslos Teil des notwendigen Betriebsvermögens des Gesellschafters, sobald Privatvermögen, welches zur Erzielung von Überschusseinkünften genutzt werde und im Eigentum einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft stehe, auch nur mittelbar einem der Gesellschafter in seiner steuerlichen gewerblichen Sphäre Nutzen bringen könne.

Eine solche These ist dem finanzgerichtlichen Urteil nicht zu entnehmen. Das FG hat vielmehr unter Zugrundelegung der Grundsätze der ständigen BFH-Rechtsprechung  dargelegt, warum der Miteigentumsanteil des Klägers an den Arztpraxen in dem Gebäudekomplex X aufgrund der Umstände des Einzelfalls dem Betrieb der Apotheke des Klägers diente. Im Rahmen seiner Gesamtwürdigung hat das FG

– die räumliche Nähe der Arztpraxen und der Apotheke im selben Gebäude

– die vor allem auf der Expertise des Klägers beruhende Gesamtplanung des Objektes zur Optimierung der Standortqualität der Apotheke

– das Bemühen und finanzielle Engagement des Klägers in Bezug auf den Einbau eines Personenaufzugs

– die Verpflichtung des Klägers, den früheren Eigentümern des Grundstücks X die Differenz zwischen der ortsüblichen Miete und der tatsächlich für die Räume der Arztpraxen vereinbarten Miete zu erstatten

– der Abschluss von langfristigen Mietverträgen –

– die Erfassung der Mietausgleichszahlungen aus dem Betrieb der Apotheke in A bei den gewerblichen Einkünften des Klägers

berücksichtigt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass im Streitfall ein bestimmungsgemäßer Funktionszusammenhang zwischen den Arztpraxen und der im Erdgeschoss gelegenen Apotheke des Klägers besteht.