Au-Pair-Aufenthalte im Ausland als Ausbildung

Sprachaufenthalte im Ausland im Rahmen eines Au-Pair- Aufenthaltes könnten nur dann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn sie entweder mit anerkannten Formen der Berufsausbildung (z.B. dem Besuch eines Colleges oder einer Universität) verbunden seien oder von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht von im Regelfall mindestens zehn Wochenstunden begleitet würden

BFH Urteil vom 15.3.2012, III R 59/08

Begründung:

Für ein volljähriges Kind besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes in der im Streitzeitraum geltenden Fassung (EStG) Anspruch auf Kindergeld, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Die Ausbildungsmaßnahme braucht Zeit und Arbeitskraft des Kindes nicht überwiegend in Anspruch zu nehmen.

Eine Berufsausbildung kann auch im Ausland absolviert werden. Sofern ein Kind dort z.B. eine Universität oder Fachschule besucht oder ein Praktikum zur Erlangung beruflicher Qualifikationen ableistet, kann es auch dann berücksichtigt werden, wenn zugleich ein Au-pair-Verhältnis besteht. Ein Au-pair-Verhältnis dient regelmäßig nicht der Ausbildung; es schließt die Berücksichtigung eines Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wegen einer anderweitigen Ausbildung jedoch ebenso wenig aus wie ein neben der Ausbildung bestehendes Wehrdienstverhältnis.

Nicht jeder Auslandsaufenthalt, der zu einer Verbesserung der Kenntnisse in der jeweiligen Landessprache führt, erfüllt das Tatbestandsmerkmal der Ausbildung für einen Beruf. Zwecks Abgrenzung von längeren Urlauben und sonstigen Auslandsaufenthalten, etwa zur Persönlichkeitsbildung –z.B. zur Verbesserung der Selbstständigkeit oder um andere Länder und Kulturen kennenzulernen–, werden Sprachaufenthalte im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses nach ständiger Rechtsprechung daher nur dann als Berufsausbildung angesehen, wenn sie von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden, der nach seinem Umfang den Schluss auf eine hinreichend gründliche (Sprach-)Ausbildung rechtfertigt und grundsätzlich mindestens zehn Wochenstunden umfassen muss. Dabei ist grundsätzlich eine Durchschnittsbetrachtung für die Dauer des gesamten Aufenthaltes anzustellen, so dass bei insgesamt hinreichend umfangreichem Unterricht die Berücksichtigung in einem Ferienmonat nicht unterbrochen wird. Bei weniger als durchschnittlich zehn Wochenstunden können ausnahmsweise einzelne Monate gleichwohl als Berufsausbildung zu werten sein, wenn sie –z.B. infolge von Blockunterricht oder Lehrgängen– durch intensiven, die Grenze von zehn Wochenstunden deutlich überschreitenden Unterricht geprägt werden.

Sprachaufenthalte im Ausland können darüber hinaus unter besonderen Umständen des Einzelfalls als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Fremdsprachenunterricht zwar weniger als zehn Wochenstunden umfasst, aber einen über die übliche Vor- und Nachbereitung hinausgehenden erheblichen zusätzlichen Zeitaufwand des Kindes erfordert. Dies kann z.B. darauf beruhen, dass Einzelunterricht oder fachlich orientierter Sprachunterricht.

 

Berufsausbildung bei Au-Pair-Aufenthalt im Ausland

Sprachaufenthalte im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses sind grundsätzlich nur dann als Berufsausbildung anzusehen, wenn sie von einem durchschnittlich mindestens zehn Wochenstunden umfassenden theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden (Bestätigung der Rechtsprechung). Bei weniger als durchschnittlich zehn Wochenstunden können ausnahmsweise einzelne Monate als Berufsausbildung zu werten sein, wenn sie durch intensiven, die Grenze von zehn Wochenstunden deutlich überschreitenden Unterricht geprägt werden (z.B. Blockunterricht oder Lehrgänge).

Darüber hinaus können Auslandsaufenthalte im Einzelfall als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Fremdsprachenunterricht zwar weniger als zehn Wochenstunden umfasst, aber einen über die übliche Vorbereitung und Nachbereitung hinausgehenden zusätzlichen Zeitaufwand erfordert (z.B. fachlich orientierter Sprachunterricht, Vorträge des Kindes in der Fremdsprache).

Auslandsaufenthalte, die von einer Ausbildungsordnung oder Prüfungsordnung zwingend vorausgesetzt werden oder der Vorbereitung auf einen für die Zulassung zum Studium oder zu einer anderen Ausbildung erforderlichen Fremdsprachentest dienen (z.B. TOEFL oder IELTS), können unabhängig vom Umfang des Fremdsprachenunterrichts als Berufsausbildung zu qualifizieren sein.

BFH Urteil vom 15.3.2012, III R 58/08

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15. März 2012 III R 58/08 seine Rechtsprechung bestätigt, dass Sprachaufenthalte im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses im Ausland grundsätzlich nur dann als Berufsausbildung anzusehen sind, wenn sie von einem durchschnittlich mindestens zehn Wochenstunden umfassenden theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden.

Für volljährige Kinder wird Kindergeld u.a. dann gezahlt, wenn sie für einen Beruf ausgebildet werden. Eine Berufsausbildung dient dem Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Sie braucht weder in einer Ausbildungs- oder Studienordnung geregelt noch zur Erreichung eines bestimmten Berufsziels unerlässlich zu sein. Der Sprachunterricht von Au-pairs wird aber vom BFH für erforderlich gehalten, weil auch Auslandsaufenthalte, die nicht Ausbildungszwecken dienen, regelmäßig zu einer Verbesserung der Kenntnisse in der jeweiligen Landessprache führen.

Die Tochter des Klägers hielt sich nach dem Abitur von August 2006 bis Juni 2007 als Au-pair in England auf. Die Klage auf Kindergeld hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg, denn der BFH ging in Übereinstimmung mit dem Finanzgericht davon aus, dass die Tochter weniger als zehn Unterrichtsstunden wöchentlich erhalten hatte, weil der Zeitaufwand für Hausarbeiten nicht einbezogen werden durfte und der Kläger keine näheren Angaben zu einer behaupteten sprachlichen Unterweisung durch die Gastmutter gemacht hatte.

Auslandsaufenthalte können allerdings unabhängig vom Umfang des Fremdsprachenunterrichts als Berufsausbildung zu qualifizieren sein, wenn sie von einer Ausbildungs- oder Prüfungsordnung zwingend vorausgesetzt werden oder der Vorbereitung auf einen für die Zulassung zum Studium oder zu einer anderen Ausbildung erforderlichen Fremdsprachentest dienen (z.B. TOEFL oder IELTS). Die Tochter des Klägers hatte aber lediglich eine Sprachprüfung abgelegt, die für die Integration von Einwanderern konzipiert wurde und für die Zulassung zu einem Ausbildungsgang oder Beruf nicht unmittelbar nützlich war.