Unterbliebene Berücksichtigung eines Übergangsverlusts nach Wechsel der Gewinnermittlungsart

Die Nichtberücksichtigung eines im Veranlagungsverfahren nicht erklärten Übergangsverlusts stellt keine „offenbare” Unrichtigkeit i.S. von § 129 S. 1 AO dar, wenn dieser auch aus den der Steuererklärung beigefügten Unterlagen oder Bilanzen nicht erkennbar war, sondern erst durch weitere Aufklärungsmaßnahmen hätte ermittelt werden müssen.

Ist nach den tatrichterlichen Feststellungen bereits die „Offenbarkeit” der geltend gemachten Unrichtigkeit zu verneinen, muss sich das FG nicht zusätzlich zur Frage der „Ähnlichkeit” des Fehlers äußern.

BFH Beschluss vom 26.10.2015 – X B 43/15 BFH/NV 2016, 201

Sachverhalt:

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erzielte als Trockenbauer und Eisenflechter Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Den Gewinn seines Einzelunternehmens ermittelte er bis einschließlich 2009 durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG). Ab dem Jahr 2010 (Streitjahr) ging er zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) über.

Ein im Zuge des Wechsels der Gewinnermittlungsart entstandener Übergangsgewinn oder -verlust war weder in den Steuererklärungen ausgewiesen noch gingen entsprechende Angaben aus den beigefügten Unterlagen oder Bilanzen hervor.

Begründung:

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

Nach § 129 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit (innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist) berichtigen. Die Vorinstanz hat das Vorliegen einer ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit (ein Schreib- oder Rechenfehler kam nicht in Betracht) aufgrund der von ihr getroffenen Sachverhaltsfeststellungen mit der Begründung verneint, dass der vom Kläger beanspruchte Übergangsverlust nicht „offenbar” im Sinne des Gesetzes war, weil er vom Sachbearbeiter des FA nicht ohne eigene weitere Ermittlungen hätte erkannt werden können (FG-Urteil, Seite 4, 2. Absatz). Zur Frage, ob die Nichtberücksichtigung des Übergangsverlustes im Streitfall einen einem Schreib- oder Rechenfehler „ähnlichen”, da rein „mechanischen” Fehler darstellte oder ob diese auf einem die Anwendung des § 129 Satz 1 AO ausschließenden Rechtsirrtum beruhte, hat sich das FG in der Folge nicht mehr geäußert. Dies musste es auch nicht tun.