Bilanzberichtigung und vGA

Geht das FG davon aus, dass vertragliche Ansprüche nicht entstanden seien und deshalb eine Rückstellung in der Bilanz der Kapitalgesellschaft nicht habe gebildet werden dürfen, so ist die Revision nicht allein aufgrund des Vortrags zuzulassen, die Vorinstanz habe den Vorrang der Gewinnkorrektur mittels einer außerbilanziell anzusetzenden vGA gegenüber den Grundsätzen der Bilanzberichtigung verkannt.

BFH Beschluss vom 12.03.2014 – IB 56/13 BFHNV 2014 S.906 f.

Begründung:

Die Klägerin hat insoweit außer Acht gelassen, dass das Schleswig-Holsteinische FG in seinem Urteil –bezogen auf den von ihm zu entscheidenden Fall– von einer zivilrechtlich entstandenen Verpflichtung aus einem Beratervertrag und, hierauf aufbauend, nur für diesen Sachverhalt von dem Vorrang der Gewinnkorrektur mittels einer verdeckten Gewinnausschüttung gegenüber den Grundsätzen der Bilanzberichtigung ausgegangen ist, während das dem anhängigen Beschwerdeverfahren zugrunde liegende Urteil des Niedersächsischen FG auf der Beurteilung fußt, dass gegenüber der Klägerin keine Honoraransprüche aus der Vereinbarung vom 4. Juni 2001 entstanden sind.

Demgemäß wäre es erforderlich gewesen, dass die Beschwerde im Hinblick auf dieses Vertragsverständnis unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Bundesfinanzhof an die tatsächliche Würdigung des FG (hier: Vertragsauslegung) nach § 118 Abs. 2 FGO grundsätzlich gebunden ist (Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz 24, m.w.N.), zumindest einen der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe für die Zulassung der Revision substantiiert dargelegt hätte.

Voraussetzungen einer Bilanzberichtigung

Eine Bilanz kann nicht nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG geändert (“berichtigt”) werden, wenn sie nach dem Maßstab des Erkenntnisstandes zum Zeitpunkt ihrer Erstellung den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht. Dabei ist, wenn eine bestimmte Bilanzierungsfrage nicht durch die Rechtsprechung abschließend geklärt ist, jede der kaufmännischen Sorgfalt entsprechende Bilanzierung als in diesem Sinne “richtig” anzusehen.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 5.6.2007, I R 47/06

Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes kann ein Unternehmen eine “Bilanzberichtigung” vornehmen, wenn er seine Bilanz beim Finanzamt (FA) eingereicht hat, diese Bilanz aber inhaltlich fehlerhaft ist. Dazu hat der Bundesfinanzhof (BFH) wiederholt entschieden, dass allein die objektive Unrichtigkeit einer Bilanz deren Berichtigung nicht rechtfertigt; eine Bilanzberichtigung setzt vielmehr voraus, dass der Unternehmer bei der Aufstellung der Bilanz den Fehler hätte erkennen können. Daran hat der BFH mit Urteil vom 5. Juni 2007 I R 47/06 festgehalten.

Im konkreten Fall hatte eine Sparkasse in ihrer Bilanz eine Rückstellung für künftige Beihilfeleistungen an ihre pensionierten Mitarbeiter gebildet, die das FA nicht anerkannt hatte. Noch während über diese Frage gestritten wurde, erging ein Urteil des BFH, nach dem sowohl für eine solche Leistungsverpflichtung gegenüber Pensionären als auch für entsprechende künftige Leistungen an aktive Beschäftigte eine Rückstellung zu bilden ist. Daraufhin erweiterte die Sparkasse ihr Begehren dahin, dass sie nicht nur die zunächst gebildete, sondern darüber hinaus eine weitere Rückstellung für künftige Beihilfezahlungen an aktive Mitarbeiter berücksichtigt wissen wollte.

Dem ist der BFH nicht gefolgt: Die ursprünglich in die Bilanz eingestellte Rückstellung sei zwar zu Recht gebildet worden und mindere deshalb den steuerlichen Gewinn; der gewinnmindernde Ansatz eines zusätzlichen Rückstellungsbetrags sei aber ausgeschlossen. Im Zeitpunkt der Aufstellung jener Bilanz sei nämlich die Zulässigkeit der Rückstellungsbildung weder eindeutig vom Gesetz vorgegeben noch durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt gewesen, und die Finanzverwaltung habe seinerzeit entsprechende Rückstellungen nicht anerkannt. Angesichts dessen könne die Bilanz der Sparkasse in diesem Punkt nicht berichtigt werden, weshalb die nachträgliche Berücksichtigung einer zusätzlichen Rückstellung nicht möglich sei.