Grobes Verschulden bei Elster-Erklärung

Der Steuerpflichtige handelt auch dann regelmäßig grob fahrlässig i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, wenn er die dem elektronischen ElsterFormular beigefügten Erläuterungen zur Einkommensteuererklärung unbeachtet lässt. Dies gilt allerdings nur, soweit solche Erläuterungen für einen steuerlichen Laien ausreichend verständlich, klar und eindeutig sind.

BFH Urteil vom 20.3.2013, VI R 9/12

Begründung:

Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen, und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Als grobes Verschulden hat der Steuerpflichtige Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Grobe Fahrlässigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt hat.

Die Würdigung des FG, den Kläger treffe angesichts der unübersichtlichen Ausgestaltung des ElsterFormulars des Veranlagungszeitraums 2008 kein grobes Verschulden daran, dass die Unterhaltsleistungen erst nachträglich bekannt wurden, ist danach revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das FG hat den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit zutreffend ausgelegt und die daraus abzuleitenden Sorgfaltspflichten richtig erkannt. Es hat grobes Verschulden angenommen, wenn der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nur unzureichend nachkommt, indem er etwa eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht beachtet. Zutreffend hat es diese Grundsätze auch auf eine im elektronischen Wege über das ElsterFormular abgegebene Steuererklärung angewandt und deshalb auch zu Recht Besonderheiten der elektronischen Steuererklärung hinsichtlich ihrer Übersichtlichkeit berücksichtigt, wie sie gleichermaßen auch für solche in Papierform gelten.

Das FG hat seine Würdigung, dass den Kläger kein grobes Verschulden im Hinblick auf das nachträgliche Bekanntwerden der Unterhaltsleistungen trifft, darauf gestützt, dass der Hauptvordruck des ElsterFormulars keine Erläuterungen enthält und die Anlage Unterhalt, auf die stattdessen hingewiesen wird, zwar im Hilfstext die Unterhaltsberechtigung zwischen Großeltern, Eltern und Kindern als Beispiel nennt, aber gerade nicht auf die einer Kindesmutter hinweist. Wenn das FG angesichts dessen zu der Würdigung gelangte, dass sich dem Kläger aufgrund der unübersichtlichen Vordruckgestaltung nicht hätte aufdrängen müssen, dass auch Unterhaltsleistungen an seine mit ihm nicht verwandte und nicht verheiratete Lebensgefährtin hätten eingetragen werden müssen, ist dies revisionsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die daran anknüpfende Würdigung, dass dem Kläger deshalb kein grobes Verschulden vorgeworfen werden kann

Das FG hat im Rahmen der ihm obliegenden Gesamtwürdigung auch alle erheblichen Umstände einbezogen. So hat es entgegen der Auffassung des FA insbesondere nicht unberücksichtigt gelassen, dass die Anlage Unterhalt selbst am Ende die Kindesmutter als Unterhaltsberechtigte nennt. Zu Recht hat es in diesem Zusammenhang aber auch berücksichtigt, dass der Erläuterungstext der Anlage gerade zu dieser Unterhaltsberechtigung nichts enthält und es der Kläger deshalb nicht grob fahrlässig unterlassen hat, ohne Anhaltspunkte sich der Anlage selbst zuzuwenden. Insoweit hat das FG schließlich auch zutreffend bedacht, dass am Computerbildschirm ein Überblick über die ausfüllbaren Felder im ElsterFormular deutlich schwieriger zu erlangen ist, als in einer Steuererklärung in Papierform.