Keine Haftung wegen Firmenfortführung bei Übernahme einer Etablissementbezeichnung

Wesentliche Voraussetzung für eine Nachfolgehaftung gemäß § 25 HGB ist –neben der Geschäftsfortführung– die Fortführung der bisherigen Firma.

Entscheidendes Merkmal einer Firma ist, dass dieser Name geeignet ist, den Geschäftsinhaber im Rechtsverkehr zu individualisieren.

Eine Geschäfts- oder Etablissementbezeichnung, die das Geschäftslokal oder den Betrieb allgemein, nicht aber den Geschäftsinhaber kennzeichnet, ist keine Firma, es sei denn, dass sie im maßgeblichen Rechtsverkehr, in Verträgen, auf Geschäftsbriefen u.ä. “firmenmäßig” verwendet wird.

BFH  Urteil vom 20.5.2014, VII R 46/13

Begründung:

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme nach § 191 AO i.V.m. § 25 Abs. 1 HGB im Streitfall nicht vorliegen.

Gemäß § 25 Abs. 1 HGB haftet derjenige, der ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt, für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers.

Wesentliche Voraussetzung für diese Nachfolgehaftung ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut, neben der Geschäftsfortführung, die Fortführung des Handelsgeschäfts unter der “bisherigen Firma” (§ 25 Abs. 1 HGB) bzw. die “Fortführung der Firma” (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 1 HGB). Gemäß § 17 Abs. 1 HGB ist die Firma eines Kaufmanns der Name, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt. Entscheidendes Merkmal einer Firma ist, dass dieser Name geeignet ist, den Geschäftsinhaber  im Rechtsverkehr zu individualisieren. Eine Geschäfts- oder Etablissementbezeichnung, die lediglich das Geschäftslokal oder den Betrieb allgemein, nicht aber den Geschäftsinhaber kennzeichnet, ist keine Firma.

Gegenüber Behörden, Lieferanten, der Verpächterin etc. trat die ursprüngliche Geschäftsinhaberin, Frau A, unter ihrem Namen auf. Entsprechendes gilt für die Klägerin, die mit der Firma, mit der sie ins Handelsregister eingetragen war, tatsächlich auch im Rechtsverkehr auftrat. Soweit einzelne Rechnungen an das Restaurant adressiert waren, handelt es sich ersichtlich um Ungenauigkeiten der Rechnungssteller.

Anders als die Revision meint, ist nicht davon auszugehen, dass im Streitfall der Gaststättenname “(Ausländisches Restaurant) XYZ” aus Gästesicht die Firma der jeweiligen Inhaberin war. Bei Gaststätten sind Etablissementbezeichnungen weit verbreitet, die oft über lange Zeit unabhängig von der Person des Inhabers oder Pächters verwendet werden. Da Speisen und Getränke regelmäßig als Vorleistung gereicht und in Gaststätten meist auch sog. “Bargeschäfte des täglichen Lebens” abgeschlossen werden, sind für Restaurantbesucher die Fähigkeiten des Kochs von größerer Bedeutung als die im Rechtsverkehr verwendete Firma des Inhabers. Deshalb sehen sie oft über das Fehlen von Angaben zur Firma hinweg. Im konkreten Fall handelte es sich bei “XYZ” um den Namen einer bekannten historischen Person, so dass es für Restaurantgäste fernlag anzunehmen, der Inhaber der Gaststätte trage diesen Namen. Auch wenn gemäß § 18 HGB n.F. sog. “Phantasiefirmen” zulässig sind, wurde der Restaurantname jedoch im Streitfall nicht als Firma geführt. Entscheidend ist, dass sowohl die frühere Inhaberin des Restaurants als auch die Klägerin die Bezeichnung “(ausländisches Restaurant) (X) YZ” im rechtsgeschäftlichen Verkehr, in Geschäftsbriefen oder Verträgen und bei Unterschriften nicht als ihren Namen, d.h. nicht “firmenmäßig” verwendet haben.

Angaben in der Werbung können im Einzelfall zwar Indizien sowohl bei der Frage nach der Geschäftsübernahme als auch der Firmenfortführung sein. Da Werbeschriften, Anzeigen oder Schilder in der Außenwerbung nicht im Rechtsverkehr verwendet werden und insbesondere keine Geschäftsbriefe sind, führt jedoch allein der werbende Hinweis auf das “Restaurant (X) YZ” sowie der fehlende Hinweis auf den jeweiligen Inhaber nicht dazu, dass aus der Etablissementbezeichnung eine Firma wurde.

Die übrigen vom FA angeführten Umstände –gleichbleibende Geschäftsadresse und Telefonnummer, unverändertes Personal und Betriebskonzept etc.– sind Ausdruck der im Streitfall unstreitig gegebenen Fortführung eines vollkaufmännischen Gewerbebetriebs, nicht aber der für den Tatbestand des § 25 Abs. 1 HGB gleichfalls erforderlichen Firmenfortführung.