Abgeltungssteuern für Zinsen bei Gesellschafterdarlehen

Der Abgeltungssteuersatz gemäß § 32 Abs. 1 EStG u.a. für Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG findet keine Anwendung, wenn die Kapitalerträge von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist

FG Münster 16.07.2014, Urteil 10 K 2637/11 E

Begründung:

Der Beklagte hat die vom Kläger in den Streitjahren aufgrund der erhaltenen Darlehenszinsen erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen zutreffend ohne Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrages dem persönlichen Steuersatz des Klägers unterworfen. Die im Streitfall maßgeblichen Regelungen der § 20 Abs. 9 Satz 1 und 2 EStG und § 32d Abs. 2 Nr. 1 b) EStG begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2009 und 2010 im Hinblick auf die von der G GmbH geleisteten Darlehenszinsen Einkünfte aus Kapitalvermögen in Form von Erträgen aus sonstigen Kapitalforderungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen findet § 20 Abs. 9 Satz 1 und 2 EStG keine Anwendung. § 20 Abs. 9 Satz 1 und 2 EStG sehen vor, dass bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen als Werbungskosten grundsätzlich ein Betrag von 801 EUR bzw. von 1.602 EUR bei zusammen veranlagten Eheleuten abzuziehen ist (Sparer-Pauschbetrag), der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ist ausgeschlossen.

Die Regelung sieht vor, dass der Abgeltungssteuersatz gemäß § 32 Abs. 1 EStG u.a. für Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG keine Anwendung findet, wenn die Kapitalerträge von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Der Kläger war in den Streitjahren Alleingesellschafter der G GmbH.

Gemäß Art. 3 Abs. 1 GG hat der Gesetzgeber bei Belastungs- und Begünstigungstatbeständen wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Bei der Prüfung, ob der Gesetzgeber diesen Anforderungen bei der konkreten Regelung gerecht geworden ist, ist zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes ein weitreichender Entscheidungsspielraum eingeräumt ist. Dieser Spielraum wird begrenzt durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern. Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestandes muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes. Als besondere sachliche Gründe für Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung von Belastungsentscheidungen im Rahmen der Steuergesetzgebung erkennt das Bundesverfassungsgericht neben außerfiskalischen Förderungs- und Lenkungszwecken auch Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse an

§ 32d Abs. 2 Nr. 1 b) EStG führt zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung von Darlehenszinsen, die von einer Kapitalgesellschaft an einen zu mehr als 10 Prozent beteiligten Anteilseigner gezahlt werden, mit Darlehenszinsen, die eine Kapitalgesellschaft einen zu weniger als 10 Prozent beteiligten Anteilseigner oder einen Dritten zahlt. Im letzteren Fall werden die Darlehenszinsen beim Gläubiger mit dem – im Regelfall – günstigeren Abgeltungssteuersatz von 25 % (§ 32d Abs. 1 Satz 1 EStG) und im ersteren Fall mit dem individuellen Steuersatz besteuert. Diese Ungleichbehandlung ist aber nach den vorstehenden Grundsätzen sachlich gerechtfertigt.

Mit dem Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912), durch das mit Wirkung zum 01.01.2009 die Regelungen der Abgeltungsteuer für die Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen eingeführt wurde, bezweckte der Gesetzgeber die Erhöhung der Standortattraktivität und die langfristige Sicherung des deutschen Steuersubstrats (BT-Drucks. 16/4841). Die Einführung der Abgeltungssteuer sollte der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland und der Verringerung des Kapitalabflusses ins Ausland dienen. Außerdem sollten Erhebungsdefizite bei der Besteuerung der Kapitaleinkünfte verringert und eine Steuervereinfachung herbeigeführt werden. Dabei war es Anliegen des Gesetzgebers, dass unternehmerische Entscheidungen zur Finanzierungsstruktur des Unternehmens nicht durch steuerliche Vorschriften verzerrt werden sollten (BT-Drucks. 16/4841).

Durch die Regelungen der Abgeltungsteuer sollten keine Anreize dafür geschaffen werden, unternehmerisches Eigenkapital in die privilegiert besteuerte private Anlageebene zu verlagern und durch Fremdkapital zu ersetzen. Nach Auffassung des Gesetzgebers waren die in § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG vorgesehene Ausnahmen von der Abgeltungssteuer geboten, weil bei den dort erfassten Fallgestaltungen grundsätzlich die Gefahr besteht, dass die Steuerspreizung ausgenutzt wird, ohne dem Sinn und Zweck der Einführung der Abgeltungssteuer zu dienen

 

Anwendbarkeit des Halbabzugsverbots auf Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen und auf Forderungsverzichte bei nicht mehr werthaltigen Gesellschafterdarlehen

Substanzverluste von im Betriebsvermögen gehaltenen Gesellschafterdarlehen aufgrund von Wertminderungen, wie sie durch Teilwertabschreibungen abgebildet werden, unterliegen –unabhängig von der Frage der Fremdüblichkeit der Darlehensüberlassung und einer etwaigen Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis– mangels wirtschaftlichen Zusammenhangs mit nach § 3 Nr. 40 EStG hälftig steuerbefreiten Beteiligungserträgen nicht dem Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG (gegen BMF-Schreiben vom 8. November 2010, BStBl I 2010, 1292, Nr. 2).

Diese Grundsätze gelten entsprechend im Falle des Verzichts auf ein nicht mehr werthaltiges Gesellschafterdarlehen.

BFH Urteil vom 18.4.2012, X R 7/10

Begründung:

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sind Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens grundsätzlich mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Bei Begründung der Forderung durch Vertrag entsprechen die Anschaffungskosten dem Nennwert. Ist der Teilwert aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger, so kann dieser angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn gemäß § 5 Abs. 1 EStG ermitteln, ergibt sich aufgrund des Grundsatzes der Maßgeblichkeit und des handelsrechtlichen strengen Niederstwertprinzips für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens (§ 253 Abs. 3 HGB) bei gesunkenem Teilwert steuerrechtlich eine Pflicht zur Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH kann in Fällen der Betriebsaufspaltung der Teilwert einer Forderung des Besitzunternehmens gegen die Betriebsgesellschaft –dem Grunde nach– jedoch nur nach denselben Kriterien abgeschrieben werden, die für die Teilwertabschreibung der Beteiligung am Betriebsunternehmen durch das Besitzunternehmen bestehen. Es ist eine Gesamtbetrachtung der Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsunternehmen notwendig; sind die Ertragsaussichten dauerhaft so gering, dass der gedachte Erwerber des Besitzunternehmens für die Anteile am Betriebsunternehmen einen Preis zahlen würde, der unter dem Buchwert der Beteiligung am Betriebsunternehmen liegt, ist eine Teilwertabschreibung der Darlehensforderung gerechtfertigt.

Ein unrichtiger Bilanzansatz ist grundsätzlich im Fehlerjahr oder –soweit dies wegen Bestandskraft, Festsetzungsverjährung oder mangels Korrekturvorschriften nicht möglich ist– nach dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs in der ersten, verfahrensrechtlich noch "offenen" Schlussbilanz richtigzustellen, und zwar grundsätzlich erfolgswirksam.

 

Abzinsung von Gesellschafterdarlehen

Abzinsung von Gesellschafterdarlehen und Schätzung der Restlaufzeit des Darlehens.

BFH Beschluss vom 5.1.2011, I B 118/10

Begründung:

Durch die Rechtsprechung ist entschieden, dass auch unverzinsliche Gesellschafterdarlehen nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) abzuzinsen sind. Es ist ferner geklärt, dass Darlehen, die auf unbestimmte Zeit gewährt werden und daher nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden können (§ 488 Abs. 3 Satz 2 BGB) dann nicht als Darlehen mit einer Laufzeit von weniger als 12 Monaten angesehen werden können, wenn sich nach den Umständen des Falles bei wirtschaftlicher Betrachtung trotz der formalen Kündigungsmöglichkeit nach den Erkenntnissen zum Bilanzstichtag voraussichtlich eine längere Laufzeit ergibt.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat keinen weiteren Klärungsbedarf aufgezeigt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass auch Gesellschafterdarlehen, die erst wenige Monate vor dem Bilanzstichtag gegeben wurden und die mit einer Frist von drei Monaten kündbar sind, abzuzinsen sind, wenn zum Bilanzstichtag aufgrund der tatsächlichen Umstände der Schluss gerechtfertigt ist, die Darlehen würden nicht gekündigt werden. Es ist auch nicht zweifelhaft, dass die mutmaßliche restliche Laufzeit von Verbindlichkeiten, deren Fälligkeit nicht vom Leben einer oder mehrerer bestimmter Personen abhängt, zu schätzen ist und dass dabei auf die Erkenntnisse zum Bilanzstichtag und nicht auf die tatsächliche spätere Rückführung der Darlehen abzustellen ist. Dabei ist der im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26. Mai 2005 (BStBl I 2005, 699, Tz. 7) geäußerten Auffassung zu folgen, nach der die Restlaufzeit einer unverzinslichen Verbindlichkeit dann analog § 13 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) geschätzt werden kann, wenn für eine objektive Schätzung der Restlaufzeit keine Anhaltspunkte vorliegen. Nach § 13 Abs. 2 BewG sind Nutzungen und Leistungen von unbestimmter Dauer, die nicht vom Leben bestimmter Personen abhängen, mit dem 9,3-fachen des Jahreswerts zu bewerten. Das Gesetz gibt damit einen Maßstab vor, auf den, sofern die tatsächlichen Umstände nicht auf eine geringere Laufzeit hinweisen, eine Schätzung gestützt werden kann. Es ist ferner nicht klärungsbedürftig, dass eine Verbindlichkeit auch dann gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG 2002 abzuzinsen ist, wenn die Verbindlichkeit handelsrechtlich als Verbindlichkeit mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr auszuweisen wäre (§ 268 Abs. 5 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs); denn für die Steuerbilanz sind die Regelungen des Einkommensteuergesetzes vorrangig.

 

 

 

Abzinsung von Gesellschafterdarlehen und Rückstellungen

Unverzinsliche Gesellschafterdarlehen sind nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG  abzuzinsen, wenn sie zwar keine feste Laufzeit haben, die Darlehensnehmerin aber am Bilanzstichtag mit einer Fortdauer der Kapitalüberlassung für mindestens weitere zwölf Monate rechnen kann.

Die bloße Zweckbindung eines Darlehens begründet keine "Verzinslichkeit" i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG.

Eine Verbindlichkeitsrückstellung ist nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG  abzuzinsen, wenn sie aus der Sicht des Bilanzstichtags voraussichtlich mindestens zwölf Monate Bestand haben wird. Welche Risiken sich nach den Verhältnissen des Bilanzstichtags zeitlich über mindestens zwölf Monate erstrecken, ist im gerichtlichen Verfahren in erster Linie vom FG zu beurteilen, das insoweit ggf. eine Schätzung vornehmen muss.

BFH Urteil vom 27. Januar 2010 I R 35/09

 

Gesellschafter Darlehen als Veräußerungsverlust bei Zahlungsunfähig

Gewährt ein Gesellschafter einer GmbH in der Krise ein eigenkapitalersetzendes Darlehen, so ist diese bei der Verrechnung der nachträglichen Anschaffungskosten mit dem Nennwert anzusetzen.

Die Rechtsprechung zur Höhe nachträglicher Anschaffungskosten bei Zahlungsunfähigkeit eines Gesellschafters der eine eigenkapitalersetzende Bürgschaftsverpflichtung eingegangen, ist auf ein finanziertes Gesellschafterdarlehen nicht übertragbar .

(Finanzgericht Hamburg Urteil vom 03.08.2001, 11447/00, rechtskräftig).

Das Finanzgericht führt in seiner Urteilsbegründung aus, dass die Bewertung der nachträglichen Finanzierungsmaßnahmen auf den Zeitpunkt zu erfolgen hat, in dem der Gesellschafter aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ein Darlehen in der Krise gewährt. In diesem Fall ist der Nennwert des Darlehens maßgebend (BFH vom 10.11.1998 VIII R 6,/96 BFHE 187, Seite 480). Von diesem Sachverhalt ist auch das Finanzamt ausgegangen, hat aber das BFH-Urteil vom 08.04.1998 VIII R 21!94 Bundessteuerblatt 111998 Seite 660 angeführt.

Nach dieser Entscheidung kann ein wesentlich beteiligter Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft die drohende Inanspruchnahme aus einer zugunsten der Gesellschaft eingegangenen Bürgschaft bei der Ermittlung des Auflösungsverlustes nur dann geltend machen, wenn die Erfüllung der Bürgschaftsverpflichtung auch wahrscheinlich ist.

Nach Auffassung des Gerichtes gilt diese Vorschrift hier nicht. Die Gewinne aus einer Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung ist nämlich der § 17 Abs. 2 bei Stichtagsbewertung vorzunehmen. Bei einer Auflösung einer Kapitalgesellschaft ist der gemeine Wert des dem Gesellschafter verbleibenden Vermögens und der Veräußerungskosten, den Anschaffungskosten der Beteiligung gegenüberzustellen.

Das Gericht führt weiter aus, dass das Finanzamt übersieht das der Gesellschafter bereits der GmbH Darlehen gegeben hat, die er nur refinanziert hat. Die Parallelen sind tatsächlich geflossen. Wie der Gesellschafter seine privaten Schulden später begleicht, ob er vermögend oder zahlungsunfähig ist, kann hier keine Rolle spielen. Entscheidend für den Streitfall ist, dass es sich bei den Krediten die der Gläubiger dem Gesellschafter zur Verfügung gestellt hat nicht etwa um Leistungen an die Gesellschaft durch dritte handelt, da diese nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten führen.