Gewinnerzielungsabsicht bei einem Hotel mit langer Verlustphase

Bei langen Verlustphasen eines Betriebes kann das Beibehalten des verlustbringenden Unternehmenskozeptes als durch persönliche Motive und Neigungen veranlasst unterstellt werden und zu einer fehlenden Gewinnerzielungsabsicht (Liebhaberei) führen.

BFH Urteil vom 20.9.2012, IV R 43/10

Begründung:

Ein Gewerbebetrieb, für den ein Gewerbeertrag nach §§ 7 ff. GewStG zu ermitteln ist, setzt eine Betätigung voraus, die mit der Absicht unternommen wird, Gewinn zu erzielen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Die Frage, ob ein gewerbliches Unternehmen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG und ein stehender Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG vorliegt, ist insoweit nach übereinstimmenden Grundsätzen zu entscheiden, auch wenn die Begriffe des gewerblichen Unternehmens in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG und des Gewerbebetriebs in § 2 Abs. 1 GewStG in zeitlicher Hinsicht Unterschiede aufweisen (Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.III.3.b aa (2) der Gründe).

Gewinnerzielungsabsicht ist das Bestreben, das Betriebsvermögen zu mehren und auf Dauer einen Totalgewinn zu erzielen (grundlegend Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.3.c der Gründe). Angestrebt werden muss ein positives Ergebnis zwischen Betriebsgründung und Betriebsbeendigung, und zwar auf Grund einer Betätigung, die, über eine größere Zahl von Jahren gesehen, auf die Erzielung positiver Ergebnisse hin angelegt ist (u.a. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.3.c aa der Gründe).

Als innere Tatsache lässt sich die Gewinnerzielungsabsicht nur anhand äußerer Umstände feststellen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.3.c der Gründe). In objektiver Hinsicht ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf Dauer geeignet ist, einen Gewinn zu erwirtschaften. Dass der Steuerpflichtige auch subjektiv die Erzielung eines Totalgewinns nicht beabsichtigte, kann aus einer objektiv negativen Gewinnprognose nicht ohne weiteres gefolgert werden. Ein solcher –widerlegbarer– Schluss ist nur dann gerechtfertigt, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen (BFH-Urteil vom 19. März 2009 IV R 40/06, BFH/NV 2009, 1115, unter II.1.a der Gründe). Bei anderen Tätigkeiten müssen zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden.

Übt der Steuerpflichtige eine Tätigkeit aus, die nicht typischerweise in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln ist, können im Falle einer längeren Verlustperiode die Reaktionen des Steuerpflichtigen auf die Verluste die Bedeutung wichtiger äußerer Beweisanzeichen erlangen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 2. Juni 1999 X R 149/95, BFH/NV 2000, 23, unter II.1. der Gründe). So spricht vor allem das fehlende Bemühen, die Verlustursachen zu ermitteln und ihnen mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen, für sich genommen schon dafür, dass langjährige Verluste aus im persönlichen Bereich liegenden Neigungen und Motiven hingenommen werden (BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 1115, unter II.2.b der Gründe, m.w.N.). An die Feststellung persönlicher Gründe und Motive, die den Steuerpflichtigen trotz der Verluste zur Weiterführung seines Unternehmens bewogen haben könnten, sind in einem solchen Fall keine hohen Anforderungen zu stellen.

 

 

 

Leistungsort für Anzahlungen bei grundstücksbezogenen Vermittlungsleistungen

Vereinbart der Unternehmer die Vermittlung einer sonstigen Leistung im Zusammenhang mit einer Vielzahl im In- und Ausland belegener Grundstücke und erhält er hierfür eine Anzahlung, richtet sich der Leistungsort auch dann nach § 3a Abs. 1 UStG, wenn im Zeitpunkt der Vereinnahmung nicht feststeht, ob sich die Vermittlungsleistung auf ein im Ausland belegenes Grundstück bezieht.
Ergibt sich, dass die vermittelte Leistung eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem im Ausland belegenen Grundstück betrifft, ist die Bemessungsgrundlage entsprechend § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu berichtigen.
BFH Urteil vom 8.9.2011, V R 42/10

Begründung:

Entgegen der Auffassung des FG handelt es sich allerdings bei den zwischen der Klägerin und den Kunden vereinbarten Leistungen, die die Klägerin in "Hotelschecks" und der "Goldcard" verbrieft hat, um Vermittlungsleistungen.

Eine Vermittlungsleistung liegt vor, wenn eine Mittelsperson, die nicht den Platz einer der Parteien des zu vermittelnden Vertrages einnimmt und deren Tätigkeit sich von den vertraglichen Leistungen, die von den Parteien dieses Vertrages erbracht werden, unterscheidet, das Erforderliche tut, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen. Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Unerheblich für die Beurteilung als Vermittlungstätigkeit ist, dass der Kunde des Vermittlers, wenn er sich für einen der nachgewiesenen Vertragspartner entscheidet, den Vertragsabschluss selbst bewirken muss.

Nach dem Inhalt der zwischen der Klägerin und den Erwerbern von "Hotelscheck" oder "Goldcard" getroffenen Vereinbarungen hat die Klägerin diesen Kunden in ihren Katalogen Hotels nachgewiesen, denen gegenüber die Erwerber berechtigt waren, Verträge über drei Übernachtungen zu den im Voraus von der Klägerin mit den Hotels ausgehandelten Konditionen abzuschließen. Zu Unrecht stützt das FG seine Auffassung, es liege keine Vermittlungsleistung vor, maßgeblich darauf, dass ein Erwerber des "Hotelschecks" oder der "Goldcard" sich selbst um die Verfügbarkeit des betreffenden Hotels zur gewählten Zeit kümmern und den Beherbergungsvertrag mit diesem abschließen musste. Das FG stellt insoweit zu Unrecht darauf ab, der wesentliche Teil der Tätigkeit der Klägerin sei mit dem Nachweis der Vertragshotels abgeschlossen, während sie sich am Vertragsschluss selbst nur noch dadurch beteilige, dass sie im eigenen Interesse den "Hotelscheck" weiterleite. Denn spezifisch und wesentlich für eine Vermittlungsleistung ist es, die am Abschluss des Vertrages interessierten Personen zusammenzuführen, wobei die Vermittlungstätigkeit in einer Nachweis-, einer Kontaktaufnahme- oder in einer Verhandlungstätigkeit bestehen kann. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang weiter der vom FG betonte Umstand, dass die Klägerin bei online-Buchungen den Kunden nach Nr. 8 der AGB eine zusätzliche Bearbeitungsgebühr berechnet hat.

Das mit den Erwerbern der "Hotelschecks" bzw. der "Goldcard" vereinbarte und von diesen bereits bei deren Erwerb bezahlte Entgelt unterlag als Anzahlung im Streitjahr im Inland der Umsatzsteuer.

Steht im Zeitpunkt der Anzahlung zwar die Art der Leistung fest –hier die Vermittlung einer Beherbergungsleistung in einem Hotel–, aber nicht, ob die vermittelte Leistung in einem Hotel im Inland oder in einem anderen Land erbracht wird, unterliegen die Vermittlungsleistungen nach § 3a Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 UStG an dem Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt, der Umsatzsteuer.

Sonstige Leistungen werden gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt – im Streitfall im Inland. Abweichend davon wird nach § 3a Abs. 2 UStG eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück sind nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a UStG sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 UStG bezeichneten Art anzusehen. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG betrifft u.a. die Vermietung von Grundstücken sowie die Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten. Nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG wird eine Vermittlungsleistung an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.

Vermittlungsleistungen i.S. des Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG werden an dem Ort ausgeführt, an dem die zugrunde liegenden Umsätze ausgeführt werden (vgl. EuGH-Urteil vom 27. Mai 2004 C-68/03, Lipjes, Slg. 2004, I-5879, BFH/NV Beilage 2004, 364). Bezieht sich, wie im vorliegenden Fall, die vermittelte Leistung (Beherbergung in einem Hotel) auf Grundstücke, wird auch die Vermittlungsleistung an dem Belegenheitsort des Grundstückes ausgeführt. Das gilt auch für Anzahlungen, wenn im Zeitpunkt der Zahlung bereits feststeht, an welchem Ort der vermittelte Umsatz erbracht wird.

Steht dagegen nach dem Inhalt der Vereinbarungen nicht fest, ob der vermittelte Umsatz im Inland oder an einem anderen Ort stattfindet und ist vor Ausführung der Leistung eine Anzahlung zu leisten, unterliegt, weil ein anderer Anknüpfungspunkt fehlt, die Anzahlung am Sitz des Unternehmens –hier im Inland– der Umsatzsteuer. Kommt es schließlich zum Abschluss eines Beherbergungsvertrages mit einem Hotel, das sich auf einem nicht im Inland belegenen Grundstück befindet, und liegt danach eine im Inland nicht steuerbare Vermittlungsleistung vor, ist die Bemessungsgrundlage in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen

Bereitstellungsentgelte als pauschalierte Entschädigung nicht umsatzsteuerbar

So genannte Bereitstellungsentgelte, die ein Speditionsunternehmen erhält, wenn eine Zwangsräumung kurzfristig von dem Gerichtsvollzieher abgesagt wird, stellen eine pauschalierte Entschädigung dar und unterliegen mangels eines Leistungsaustauschs nicht der Umsatzsteuer.

BFH Urteil vom 30.6.2010, XI R 22/08

Begründung:

Zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen, wobei die gezahlten Beträge die tatsächliche Gegenleistung für eine bestimmbare Leistung darstellen, die im Rahmen eines zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnisses, in dem gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, erbracht wurde. Dabei bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet.

Echte Entschädigungs- oder Schadensersatzleistungen sind demgegenüber kein Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlungsempfänger erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für den Schaden und seine Folgen einzustehen hat.

Entsprechend diesen Grundsätzen hat der EuGH in seinem Urteil Societé thermale d’Eugénie-les-Bains (Slg. 2007, I-6415, BFH/NV Beilage 2007, 424) entschieden, dass die von einem Gast an einen Hotelbetreiber als Angeld geleisteten Beträge in Fällen, in denen der Erwerber von der ihm eröffneten Möglichkeit des Rücktritts Gebrauch macht und der Hotelbetreiber diese Beträge einbehält, als pauschalierte Entschädigung zum Ausgleich des infolge des Vertragsrücktritts des Gastes entstandenen Schadens –ohne direkten Bezug zu einer entgeltlichen Dienstleistung– und als solche nicht als mehrwertsteuerpflichtig anzusehen sind.

Da die Zahlung des Angelds zum einen kein Entgelt für eine eigenständige, bestimmbare Leistung darstelle, die der Hotelbetreiber seinem Gast erbracht habe, und die Einbehaltung des Angelds nach einer Stornierung zum anderen den Zweck habe, die Folgen der Nichterfüllung des Vertrags auszugleichen, falle weder die Zahlung noch die Einbehaltung des Angelds unter Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (Rz 35 des Urteils). Das Angeld sei keine Gegenleistung für eine der Mehrwertsteuer unterliegende Reservierungsleistung, die sich bereits direkt aus dem Beherbergungsvertrag ergebe, sondern eine pauschalierte Entschädigungszahlung, bei der es normal sei, dass der Betrag des entstandenen Schadens und das einbehaltene Angeld in den meisten Fällen nicht übereinstimmten (Rz 23 f. und 32 f. des Urteils).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellen die sog. Bereitstellungsentgelte eine pauschalierte Entschädigung und kein Entgelt für eine Dienstleistung dar. Nach der zwischen der Klägerin und den Gerichtsvollziehern getroffenen Vereinbarung erhält sie 30 % der für eine tatsächlich durchgeführte Räumung vereinbarten Pauschale, wenn die Zwangsräumung innerhalb von vier Tagen vor dem Räumungstermin vom zuständigen Gerichtsvollzieher abgesagt wird.

Wird ein Speditionsvertrag vorzeitig gekündigt, so behält der Unternehmer grundsätzlich den Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Er muss sich jedoch gemäß § 649 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ersparte Aufwendungen oder dasjenige, was er durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erzielt oder zu erwerben böswillig unterlässt, anrechnen lassen (vgl. z.B. Beschluss des Landgerichts Frankfurt vom 19. September 2005  2/9 T 614/05, Deutsche Gerichtsvollzieherzeitung 2006, 115). Für den Fall der Kündigung eines Frachtvertrages ist in § 415 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) ausdrücklich geregelt, dass der Frachtführer entweder die vereinbarte Fracht unter Anrechnung bestimmter Beträge oder "ein Drittel der vereinbarten Fracht (Fautfracht)" verlangen kann.

Da ein Gerichtsvollzieher Nichtkaufmann ist, unterliegt der Speditionsvertrag nicht den Vorschriften des HGB, sondern des BGB. Es steht den Vertragspartnern jedoch frei, den Inhalt ihres Rechtsverhältnisses einschließlich der Folgen eines eventuellen Rücktritts oder der etwaigen Nichterfüllung ihrer Verpflichtungen unter Beachtung zwingender Vorschriften und der öffentlichen Ordnung zu bestimmen (EuGH-Urteil Societé thermale d’Eugénie-les-Bains in Slg. 2007, I-6415, BFH/NV Beilage 2007, 424, Rz 28 f.). Dabei muss es ihnen insbesondere gestattet sein, eine Rechtsfolge, die der Gesetzgeber für Kaufleute für den Fall der Kündigung als vorteilhaft angesehen und deshalb wahlweise vorgesehen hat, ausdrücklich zu vereinbaren.

Die vertraglich vereinbarte pauschale Kündigungsentschädigung kann umsatzsteuerrechtlich nicht anders qualifiziert werden als die in § 415 Abs. 2 Nr. 2 HGB ausdrücklich geregelte. Deshalb gilt für beide Fälle, dass es sich jedenfalls nicht um ein Leistungsentgelt handelt und die pauschale Entschädigung daher nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Die Entscheidung, dass die sog. Bereitstellungsentgelte nicht als Leistungsentgelte zu beurteilen sind, steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH in dem oben zitierten Urteil Societé thermale d’Eugénie-les-Bains (Slg. 2007, I-6415, BFH/NV Beilage 2007, 424). Das "Angeld" und die Bereitstellungsentgelte sind vergleichbar, so dass es sich in beiden Fällen um eine pauschalierte Kündigungsentschädigung ohne Entgeltcharakter handelt.