Nachweis eines niedrigeren gemeinen Grundstückswerts

Für den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Grundstückswerts kommt es auch nach der bis zum Jahr 2006 geltenden Rechtslage nicht auf die Wertverhältnisse zum 1. Januar 1996, sondern zum Bewertungsstichtag an. Dies gilt sowohl für bebaute als auch für unbebaute Grundstücke    .

BFH Urteil vom 5.5.2010, II R 25/09

Begründung:

Das FG hat zu Unrecht angenommen, dem Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des zu bewertenden Grundstücks nach § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG seien nicht die Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer, sondern zum 1. Januar 1996 zugrunde zu legen.

Nach § 138 Abs. 1 Satz 2 BewG werden für die Erbschaftsteuer ab 1. Januar 1996 und für die Grunderwerbsteuer ab 1. Januar 1997 für das in § 138 Abs. 3 BewG bezeichnete Vermögen Grundstückswerte unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt und der Wertverhältnisse zum 1. Januar 1996 festgestellt. Diese Wertverhältnisse gelten nach § 138 Abs. 4 BewG für Feststellungen von Grundbesitzwerten bis zum 31. Dezember 2006. § 138 Abs. 3 BewG regelt die Bewertung für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens und für Betriebsgrundstücke i.S. des § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG.

Für diese wirtschaftlichen Einheiten sind nach § 138 Abs. 3 Satz 1 BewG Grundstückswerte abweichend von § 9 BewG mit einem typisierenden Wert unter Anwendung der §§ 68, 69 und 99 Abs. 2 BewG und der §§ 139 und 145 bis 150 BewG zu ermitteln. Der Wert unbebauter Grundstücke (§ 145 Abs. 1 und 2 BewG) bestimmt sich gemäß § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG nach ihrer Fläche und den um 20 v.H. ermäßigten Bodenrichtwerten (§ 196 des Baugesetzbuches –BauGB–). Die Bodenrichtwerte sind von den Gutachterausschüssen nach dem BauGB auf den 1. Januar 1996 zu ermitteln und den Finanzämtern mitzuteilen (§ 145 Abs. 3 Satz 2 BewG).

Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert des unbebauten Grundstücks niedriger als der nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG ermittelte Wert ist, ist nach § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG der gemeine Wert festzustellen.

 Bei der Ermittlung des gemeinen Werts (§ 9 BewG) kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse und die Wertverhältnisse am Tag der Steuerentstehung als Besteuerungszeitpunkt i.S. des § 138 Abs. 1 Satz 2 BewG an.

 Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG. Diese Vorschrift soll bezogen auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer gewährleisten, dass der Steuerpflichtige,durch die typisierende Bewertung unbebauter Grundstücke mit den um 20 v.H. verminderten Bodenrichtwerten nicht schlechter gestellt wird als wenn die Steuer gemäß der Grundregel des § 12 Abs. 1 ErbStG nach der mit dem gemeinen Wert (§ 9 BewG) zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§§ 9, 11 ErbStG) bewerteten Bereicherung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG) bemessen würde.

 Die in § 138 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 und § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG angeordnete, bis Ende 2006 geltende Festschreibung der Wertverhältnisse auf den 1. Januar 1996 ist danach nur auf die typisierende Grundstücksbewertung, nicht aber auf den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts nach § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG anwendbar. Die Maßgeblichkeit der Wertverhältnisse auf den 1. Januar 1996 für die Ermittlung des gemeinen Werts unbebauter Grundstücke lässt sich nicht mit der Verwaltungsvereinfachung begründen, zu der eine typisierende Bewertung führt; denn beim konkreten Nachweis eines niedrigeren gemeinen Grundstückswerts handelt es sich nicht um eine typisierende Bewertung.

Nachweis eines niedrigeren gemeinen Grundstückswert

Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Grundstückswerts kann nicht dadurch geführt werden, dass der Steuerpflichtige beim FG die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Das FG hat nicht selbst zu ermitteln, welcher Wert dem Grundstück zukommt.

BFH Beschluss vom 25.03.2009 II B 62/08 BFH NV 2009 S. 1091

Begründung:

Gemäß § 146 Abs. 7 BewG ist für bebaute Grundstücke ein niedrigerer Grundstückswert festzustellen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der gemeine Wert des Grundstücks niedriger ist als der nach den Absätzen 2 bis 6 der Vorschrift ermittelte Wert. Der Nachweis kann u.a. durch Vorlage des Gutachtens eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken geführt werden. Ob das Gutachten den erforderlichen Nachweis erbringt, unterliegt der freien Beweiswürdigung des FA und ggf. der Gerichte erbracht, wenn das FA und ggf. das Gericht dem Gutachten ohne Einschalten bzw. Bestellung weiterer Sachverständiger folgen können.

Einem Sachverständigengutachten, das bei Fehlen bewertungsrechtlicher Sonderregelungen den Vorgaben der Wertermittlungsverordnung vom 6. Dezember 1988 (BGBl I 1988, 2209) entspricht und plausibel ist, wird regelmäßig zu folgen sein. Vom Gutachter vorgenommene Wertabschläge müssen ausreichend begründet werden . Der Steuerpflichtige kann den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts demgegenüber nicht dadurch führen, dass er beim FG die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Ein solcher Antrag ist mit der dem Steuerpflichtigen obliegenden Nachweislast nicht vereinbar. Das FG hat den angefochtenen Bescheid nur daraufhin zu überprüfen, ob dem Steuerpflichtigen entgegen der Annahme des FA der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts gelungen ist. Es hat nicht selbst zu ermitteln, welcher Wert dem Grundstück zukommt.