Zwischenschaltung einer nicht funktionslosen GmbH grundsätzlich nicht missbräuchlich für den gewerblichen Grundstückshandel

IIm Hinblick auf einen gewerblichen Grundstückshandel ist die Zwischenschaltung einer GmbH grundsätzlich nicht missbräuchlich, wenn die GmbH nicht funktionslos ist, d.h. wenn sie eine wesentliche –wertschöpfende– eigene Tätigkeit (z.B. Bebauung des erworbenen Grundstücks) ausübt .

BFH Urteil vom 17.3.2010, IV R 25/08

Begründung:

Nach § 15 Abs. 2 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige und nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung das negative Erfordernis aufgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit nicht um private Vermögensverwaltung handeln darf.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt. Die typischen gewerblichen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Veräußerung von Grundstücken unterscheiden sich von der privaten Vermögensverwaltung durch die beim Erwerb oder zum Zeitpunkt der Bebauung bestehende Veräußerungsabsicht.

Die vom BFH für die Beurteilung der Gewerblichkeit von Grundstücksverkäufen aufgestellte Drei-Objekt-Grenze ist ein gewichtiges Indiz für oder gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht. Sie besagt, dass kein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, sofern weniger als vier Objekte veräußert werden. Werden innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs, in der Regel fünf Jahre  zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf mindestens vier Objekte veräußert, kann von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden. Dies gilt auch bei der Bebauung von Grundstücken.

Hierauf kommt es aber dann nicht an, wenn sich bereits aus anderen –ganz besonderen– Umständen zweifelsfrei eine von Anfang an bestehende oder aber fehlende Veräußerungsabsicht ergibt. So kann beispielsweise auf eine gewerbliche Betätigung geschlossen werden, wenn das im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung (ggf. auch durch Schenkung) erworbene Grundstück schon vor seiner Bebauung verkauft worden ist oder wenn ein solches Grundstück von vornherein auf Rechnung oder nach Wünschen des Erwerbers bebaut wird. In derartigen Gestaltungen kann die Wertung gerechtfertigt sein, dass es sich unabhängig von der Anzahl der Verkäufe um eine gewerbliche Tätigkeit handelt.

Demnach kommt es nicht darauf an, ob die Veräußerung des Miteigentums an die GmbH ausnahmsweise als Veräußerung von 45 Wohnungen anzusehen wäre. Denn selbst bei Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze steht aufgrund der Feststellungen des FG fest, dass die Klägerin den Grundbesitz nicht in unbedingter Veräußerungsabsicht erworben hat, sondern ihn vermieten wollte. Deswegen kommt es auch nicht darauf an, die entgeltliche Übertragung eines Objekts auf eine vom Steuerpflichtigen beherrschte GmbH vor Fertigstellung des Objekts ein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer unbedingten Veräußerungsabsicht sein kann.

 

 

 

 

Rechtsmissbräuchliche Gestaltungen ist für die Besteuerung unbeachtlich

Zur Anwendbarkeit von § 42 AO 1977 im Umsatzsteuerrecht .

Schaltet ein Kreditinstitut bei der Erstellung eines Betriebsgebäudes eine Personengesellschaft vor, die das Gebäude errichtet und anschließend unter Verzicht auf die Steuerfreiheit an das Kreditinstitut vermietet, kann darin ein Rechtsmissbrauch vorliegen, der bei der Personengesellschaft zur Versagung des Vorsteuerabzugs aus den Herstellungskosten des Gebäudes führt .

Die Gestaltung kann aber auch durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe gerechtfertigt sein. Ertragsteuerliche Gründe gehören nicht dazu.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 9.11.2006, V R 43/04

Rechtsmissbräuchliche Gestaltungen sind nach § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) für die Besteuerung unbeachtlich. Diese nationale deutsche Regelung ist auch im harmonisierten Umsatzsteuerrecht weiterhin anwendbar.

Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 9. November 2006 V R 43/04 entschied, entspricht die deutsche Regelung den Grundsätzen der EuGH-Rechtsprechung, nach denen bei der Auslegung des Umsatzsteuerrechts eine “rechtsmissbräuchliche Praxis” zu beurteilen ist.

Im Streitfall hatte eine Tochterpersonengesellschaft einer Bank ein mehrgeschossiges Bürogebäude errichtet und anschließend für 10 Jahre steuerpflichtig an die Bank vermietet. Das Bauvorhaben war von der Bank geplant worden und speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten. Die Mittel für den Bau hatte die Tochtergesellschaft von der Bank und einer anderen Tochtergesellschaft zunächst im Wege von Gesellschafterdarlehen und später durch Übertragung aus deren Rücklagen nach § 6b des Einkommensteuergesetzes erhalten. Hätte die Bank das Gebäude selbst errichtet, wäre ein Abzug der im Zusammenhang mit dem Bau in Rechnung gestellten Umsatzsteuer als Vorsteuer nicht möglich gewesen.
Denn da Kreditinstitute regelmäßig nur steuerfreie Umsätze ausführen, steht ihnen kein Vorsteuerabzug zu. Diese Einschränkung gilt für eine Tochtergesellschaft der Bank grundsätzlich nicht, die Vermietungsumsätze unter Verzicht auf die Steuerbefreiung ausführt.

Das Finanzamt versagte aber gleichwohl den von der Tochtergesellschaft geltend gemachten Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Gebäudes wegen rechtsmissbräuchlicher Gestaltung i.S. von § 42 AO 1977.

Der BFH bestätigte diese Auffassung. Die Vorschaltung einer Personengesellschaft allein zur Erlangung des Vorsteuerabzugs aus dem von ihr zu verwirklichenden Bauvorhaben sei als rechtsmissbräuchlich anzusehen, weil wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe für die Gestaltung – insbesondere für die anschließende steuerpflichtige Vermietung des Gebäudes an die Bank – im Streitfall nicht ersichtlich seien. Ertragsteuerliche Gründe könnten nicht als beachtliche wirtschaftliche Gründe im Sinne des § 42 AO 1977 zur Rechtfertigung einer umsatzsteuerlich unangemessenen Gestaltung angeführt werden. Dies stehe auch im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH.