Abgrenzung Lieferung und Restaurationsleistung

Der Verkauf von zubereiteten Pizzateilen an einem Imbissstand im Gastronomiebereich eines Fußballstadions unterliegt als Lieferung dem ermäßigten Steuersatz.

BFH Urteil vom 08.06.2011 – XI R 33/08 BFHNV 2011 S. 1927

Begründung:

Anlässlich einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für das III. Quartal 2002 vertrat der Prüfer die Auffassung, die Umsätze der Klägerin aus dem Verkauf der Pizzateile unterlägen dem Regelsteuersatz, da es sich um einen Verzehr an Ort und Stelle handele. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) schloss sich dieser Meinung an und unterwarf die Umsätze der Klägerin für die Jahre 2002 und 2003 sowie für das I. Quartal 2004 bis einschließlich dem II. Quartal 2005 dem Regelsteuersatz.

Das FG hat zu Unrecht die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG auf die von der Klägerin an ihrem Pizzastand abgegebenen Pizzateile verneint.

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % u.a. für die Lieferungen der in der Anlage des Gesetzes bezeichneten Gegenstände, darunter z.B. Zubereitungen von Fleisch, Fischen usw. (Nr. 28), aus Getreide, Mehl, Stärke oder Milch sowie Backwaren (Nr. 31), Zubereitungen von Gemüse, Früchten usw. (Nr. 32) oder "verschiedene Lebensmittelzubereitungen" (Nr. 33). Die Anlage verweist auf die jeweiligen Kapitel, Positionen und Unterpositionen des Zolltarifs.

Die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle ist nach § 3 Abs. 9 Satz 4 UStG eine sonstige Leistung. Speisen und Getränke werden zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben, wenn sie nach den Umständen der Abgabe dazu bestimmt sind, an einem Ort verzehrt zu werden, der mit dem Abgabeort in einem räumlichen Zusammenhang steht, und besondere Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle bereitgehalten werden (§ 3 Abs. 9 Satz 5 UStG).

Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Abgabe solcher Waren ihr Kochen, Backen, Braten oder Aufwärmen voraussetzt, was eine Dienstleistung darstellt, die im Rahmen der Gesamtbeurteilung des fraglichen Umsatzes zum Zweck seiner Einstufung als Lieferung von Gegenständen oder als Dienstleistung zu berücksichtigen ist.

Da sich jedoch die Zubereitung des warmen Endprodukts im Wesentlichen auf einfache, standardisierte Handlungen beschränkt, die in den meisten Fällen nicht auf Bestellung eines bestimmten Kunden, sondern entsprechend der allgemein vorhersehbaren Nachfrage ständig oder in Abständen vorgenommen werden, stellt diese Zubereitung nicht den überwiegenden Bestandteil des fraglichen Umsatzes dar und kann allein diesem nicht den Charakter einer Dienstleistung verleihen.

Was die charakteristischen Dienstleistungsbestandteile der Restaurationsumsätze angeht, wie sie sich aus der in den Randnrn. 63 bis 65 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergeben, so gibt es im Rahmen der in den Ausgangsverfahren in den Rechtssachen C-497/09 und C-501/09 in Rede stehenden Tätigkeiten keinen Kellnerservice, keine echte Beratung der Kunden und keine Bedienung im eigentlichen Sinne, die insbesondere in der Weiterleitung der Bestellungen an die Küche, in der späteren Präsentation der Speisen und deren Darreichung an den Kunden am Tisch bestünde, auch sind keine geschlossenen, temperierten Räume speziell für den Verzehr der abgegebenen Nahrungsmittel, keine Garderobe und keine Toiletten vorhanden, und es wird ganz überwiegend kein Geschirr, kein Mobiliar und kein Gedeck bereitgestellt.

Die vom vorlegenden Gericht genannten Dienstleistungselemente bestehen nämlich nur in der Bereitstellung behelfsmäßiger Vorrichtungen, d.h. ganz einfacher Verzehrtheken ohne Sitzgelegenheit, um einer beschränkten Zahl von Kunden den Verzehr an Ort und Stelle im Freien zu ermöglichen. Solche behelfsmäßigen Vorrichtungen erfordern nur einen geringfügigen personellen Einsatz. Unter diesen Umständen stellen diese Elemente nur geringfügige Nebenleistungen dar und können am dominierenden Charakter der Hauptleistung, d.h. dem einer Lieferung von Gegenständen, nichts ändern.

Nach diesen Grundsätzen, handelt es sich bei der Zubereitung und dem Verkauf von Pizzateilen um Lieferungen, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Etwas Anderes ergibt sich im Streitfall auch nicht daraus, dass sich in der Nähe des Imbissstandes der Klägerin Stehtische und Bierzeltgarnituren befanden, die von dem Vermieter des Pizzastandes der Klägerin bereitgestellt worden waren.